Forum neuer Musik 2025: Konzert Ensemble Reflexion K
Mobile Elements

Partner in Ost- und Nordosteuropa verlangen besondere Aufmerksamkeit. Mit ihrer Erfahrung von Fremdherrschaft, Krieg und Diktatur sowie der Kraft, sich daraus selbst zu befreien, gelten Polen, Finnland und die baltischen Staaten als heutige Avantgarde des Westens. Ihre Stimmen, auch im Bereich neuer Musik, gilt es genauer zu hören.

Am Mikrofon: Egbert Hiller |
Ensemblemusiker stehen mit ihren Instrumenten im Kirchenraum verteilt.
Das Ensemble Reflexion K in der Kirche St. Nicolai in Eckernförde. (Ensemble Reflexion K)
Maxim Kolomiiets, Jahrgang 1981, stammt aus der Ukraine. Sein Stück „Footprints on the sun“ begreift er als utopische Grenzüberschreitung. Die 1973 in Polen geborene Joanna Wozny favorisiert in ihrer Musik das vermeintlich Schwache, kaum Vernehmbare. Und die Schwedin Lisa Streich, 1985 geboren, fragt in ihrem Duostück „Asche“, in was sich Verbranntes womöglich weiter entwickelt.

Nord-ost-europäische Vielgestalt

Aus Estland ist Tatjana Kozlova-Johannes dabei, Finnland ist mit Asta Hyvärinen vertreten, und für das Gastgeberland stehen Gerald Eckert sowie der in Berlin ansässige Exilrusse Sergej Newski.
Namen und Werke des diesjährigen Forums-Konzerts mit dem Ensemble Reflexion K stehen für zehn Ausgaben eines Spezialfestivals namens „Provinzlärm“ in Schleswig-Holstein. Angesiedelt im Ostseebad Eckernförde porträtiert es im Biennale-Rhythmus zeitgenössisches Komponieren aus einem Ostseeanrainerland.

Vom „Provinzlärm“ zur „Avantgarde des Westens“

Künstlerisch erfasst ist damit eine Region, die durch den russischen Angriffskrieg gegen Kyjiv seit dreieinhalb Jahren unter Druck ist. An vielen Ufern der Ostsee sind alte Traumata wiedererwacht und insbesondere die einstigen Opfer des Hitler-Stalin-Pakts – Polen, Finnland und die baltischen Staaten – warnen davor, die Gefahr weiterer Aggressionen zu unterschätzen.
Ein Orchester steht auf der bläulich illuminierten Bühne des Kammermusiksaales im Deutschlandfunk Köln mit Publikum.
Das Ensemble Reflexion K beim Forum 2025 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal. (Deutschlandradio / T. Kujawinski )
Das Überleben von Krieg und Diktatur, die Rückkehr zur Demokratie und nicht zuletzt ihr kulturell Eigenes haben diese Staaten souverän, widerstandsfähig und unverzichtbar gemacht. Der junge US-amerikanische Historiker Oliver Moody nennt sie deshalb die heutige Avantgarde des Westens.

Mit neuer Musik die Stimme erheben

Indem das Ensemble Reflexion K junge Komponierende aus dem Ostseeraum präsentiert, rührt es zugleich an politische Historie. Im Ergebnis verschiedener Kriege war die Souveränität vieler ost-europäischer Staaten über Jahrhunderte fragil und unstet gewesen. Umso wichtiger ist es für diese heute ihre Stimmen zu erheben und zu behaupten – auch den zeitgenössischen Künsten fällt diese Aufgabe zu. 
Aufnahmen vom 27.09.2025 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal
Asta Hyvärinen (*1963)
Avant voyage

Maxim Kolomiiets (*1981)
Footprints on the sun

Sergej Newski (*1972)
Blindenalphabet

Joanna Wozny (*1973)
mobile elements 2

Tatjana Kozlova-Johannes (*1977)
Doors 2

Lisa Streich (*1985)
Asche  

Gerald Eckert (*1960)
Schwarzrand · Gefälle UA
Kompositionsauftrag des Deutschlandfunks

Ensemble Reflexion K
Beatrix Wagner, Flöten
Joachim Striepens, Klarinette
Matthias Jann, Posaune
Holger Roese, Schlagzeug
André Wittmann, Schlagzeug
Neža Torkar, Akkordeon
Martin von der Heydt, Klavier
Delia Ramos Rodríguez, Violine
Cristiane Veltman, Viola
Uschik Choi, Violoncello
Gerald Eckert, Violoncello
Constantin Herzog, Kontrabass
Leitung: Gerald Eckert