Forum neuer Musik 2025: Konzert Asasello Quartett
Entrückt?

Wovon erzählen osteuropäische Biografien in der Musik? Auf welche Weise spiegeln sich gesellschaftliche oder excistenzielle Gegebenheiten in entsprechenden Werken? Und ist Komponieren womöglich doch eine Reflektion des Humanen – eingedenk des Umstands, dass Menschheit und Menschlichkeit nicht miteinander identisch sind?

Am Mikrofon: Hanno Ehrler |
    Die Mitglieder des Quartetts stehen in einem Raum ohne ihre Instrumente und schauen ernst in die Kamera.
    Das Asasello Quartett. (Wolfgang Bur)
    Viera Janárčekovás Streichquartett Nr. 8 entstand 2015. Im Jahr zuvor hatte Russland, quasi als Vorbeben des gegenwärtigen Krieges, die Krim besetzt. Die Komposition steht offenbar nicht in unmittelbarem Bezug zum politischen Geschehen.
    Wenn Janárčeková sich äußert, dann zum Musikalischen. Sie interessiert sich für das Innere des Klangs und hat sich mit den Obertönen und ihren Beziehungen untereinander beschäftigt. Ihr tschechoslowakisches Heimatland hatte sie Anfang der 1970er Jahre aus politischen Gründen verlassen.

    Musik, Heimat, Humanität

    Ganz anders Jamilia Jazylbekova, die sich in ihrem neuen Stück explizit mit dem Tod beschäftigt. Das ist zwar ein grundlegendes Thema, derzeit jedoch täglich medial erfahrene Realität. Komponieren versteht die in Kasachstan geborene Urheberin als Möglichkeit, Gegenentwürfe zu imaginieren und erklingen zu lassen – und als Mensch einen Sinn zu finden.
    Dies könnte auch ein Kommentar zur Musik von Dimitri Schostakowitsch sein, in dessen Lebenswelt Druck, Gefahr und zeitweise Todesangst alltäglich waren. Im 13. Streichquartett aber, das 1970 entstand, konnte sich der Komponist durchaus freier entfalten.

    Schostakwitschs unabgegoltene Botschaft

    Dem Stück wurde seinerzeit Mangel an Ausdruck und Kargheit des Klanglichen vorgeworfen. Doch gerade diese Eigenschaften scheinen es zu sein, mit denen Schostakowitsch die Unerbittlichkeit und die Endgültigkeit des Todes in Klang zu fassen suchte. Trauer über den Verlust des Humanen kann man wohl kaum eindrücklicher ausdrücken.
    Das europäisch besetzte Asasello Quartett, gegründet vor 25 Jahren in Basel, versteht dieses vor über 50 Jahren entstandene Opus als von aktueller Brisanz
    Aufnahmen vom 27.09.2025 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal
    Viera Janárčeková(1941–2023)
    Streichquartett Nr. 8 

    Dmitri Schostakowitsch (1906–1975)
    Allegretto. Fragment zu Streichquartett Nr. 13

    Jamilia Jazylbekova (*1970)
    Augenblicke, länger als ein Leben UA      
    Kompositionsauftrag des Deutschlandfunks

    Dmitri Schostakowitsch
    Streichquartett Nr. 13 b-Moll op.138

    Asasello Quartett:
    Rostislav Kozhevnikov, Violine
    Hannah Weirich, Violine
    Justyna Sliwa, Viola
    Teemu Myöhänen, Violoncello