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Fußball-Bundesliga
Sportwetten-Anbieter geraten unter Druck

Knapp 10 Mrd. Euro Umsatz macht die Sportwetten-Branche hierzulande. Vor allem in der Bundesliga wird für Wetten geworben, fast jeder Club lässt sich von einem Anbieter sponsern. Wegen Geldwäsche-Verdacht und hoher Suchtgefahr gibt es aber Gegenwind. In Bremen mussten alle Wettbüros geschlossen werden.

Von Thorsten Poppe | 06.08.2022
Ein Fußballspiel der 2. Bundesliga im Mai 2018. Im Hintergrund ist ein Werbebanner mit der Aufschrift Sportwetten zu lesen.
Sportwetten-Anbieter sind lukrative Werbepartner für die Bundesliga. (imago/Norbert Schmidt)
Die Gnadenfrist ist abgelaufen. Alle 32 Sportwettbüros in Bremen sind von den Behörden bis auf weiteres geschlossen worden. Denn die Betreiber haben nicht nachgewiesen, woher das Geld für die Gründung der Wettbüros stammt,  erklärt die Sprecherin des Innensenators, Rose Gerdts-Schiffler:
„Wir wollen nicht nur, dass die Veranstalter nachweisen, dass sie das Geld für ihre Geschäfte aus legalen Mitteln nehmen, sondern wir wollen wissen, was die Betreiber denn eigentlich gemacht haben, um ihr Gründungskapital zusammenzukriegen.“
Der Deutsche Sportwettenverband als Zusammenschluss führender Sportwetten-Anbieter weist dieses Vorgehen als politisch motivierte Aktion zurück. Die Veranstalter wie Tipico, Xtip oder Tipwin hätten die Erlaubnis, bundesweit Sportwetten anzubieten. Sie hätten auch nachgewiesen, dass ihre Betriebsmittel eine rechtmäßige Herkunft hätten.

Franchise-Modell anfällig für Geldwäsche

Dem Bremer Innensenat geht es aber nicht um die Veranstalter an sich, sondern um die sogenannten Franchise-Nehmer, die die Wettbüros vor Ort betreiben. Damit die ihre Büros mit dem Namen der großen Wettanbieter ausstatten dürfen, müssen sie sich in das Franchise einkaufen. Dafür werden Kosten in Höhe von mehr als 100.000 Euro fällig - ein Modell, das anfällig ist für Geldwäsche. Das sei der Grund, warum das Land Bremen lückenlos nachgewiesen haben möchte, woher dieses Startkapital der Franchise-Nehmer komme, erklärt Rose Gerdts-Schiffler:
„Wir haben das Gutachten des Bundesfinanzministeriums. Eine sehr umfangreiche Risikoanalyse in Zusammenarbeit mit ganz vielen Behörden und Sicherheitsbehörden, unter anderem dem BKA. Und das besagt eindeutig, dass es Branchen gibt, die besonders anfällig sind für Geldwäsche. Also für schmutziges Geld aus Drogenhandel und aus Menschenhandel. Und das ist die Sportwetten-Welt.“

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Wett-Branche als Großsponsor der Bundesliga

Das Vorgehen der Bremer Behörden bringt eine Branche in Bredouille, die im Sport und vor allem in der Fußball-Bundesliga als Großsponsor agiert. Denn von 18 Bundesligisten besitzen 16 private-Wettanbieter als Sponsoren. Dazu wirbt Lotto als staatlicher Anbieter beim SC Freiburg und dem FC Augsburg. Auch DFB und DFL lassen sich von privaten Wettanbietern sponsern.
Wegen der hohen Suchtgefahr bei Sportwetten hatte schon Ende vergangenen Jahres das Land Bremen einen Vorstoß gewagt, und ein generelles Verbot von Glücksspielwerbung gefordert. Denn die sei gerade im Umfeld des Sports mittlerweile allgegenwärtig. Deshalb haben Fans zum Start der Bundesliga-Saison ein Bündnis gegründet. Es kämpft für eine Regulierung der Sportwetten-Werbung, berichtet Kristina Schröder von der Fanorganisation „Unsere Kurve“:
„Nur als Beispiel: Jetzt beim DFB Pokal die Bandenwerbung in drei Minuten 30 Sekunden ein Wettanbieter. Das ist dann halt schon sehr prominent mitten am Tag, die ganze Zeit. Und da muss man dann halt einfach, wenn man sieht, wie groß das Suchtpotenzial ist, eben eingreifen. Und es betrifft ja eben gerade junge Leute, die ins Stadion gehen, die zum Fußball gehen, die sich mit Freunden treffen, die dann davon getriggert werden.“
Wie groß das Geschäft für die Sportwetten-Anbieter hierzulande ist, zeigt der Umsatz der Branche: Der lag letztes Jahr bei fast 10 Mrd. Euro. So hoch wie nie zuvor. Dieser finanzielle Erfolg ist auf den Verlust bei den Spielern zurückzuführen. Von mindestens 250.000 Glücksspielsüchtigen gehen Experten hierzulande aus.
Der DFB betont auf Deutschlandfunk-Anfrage, dass nach erteilter Erlaubnis rechtmäßig in Deutschland tätige Veranstalter von Online-Sportwetten ihre Produkte auch bewerben dürften. Insbesondere die Trikot- und Bandenwerbung seien ausdrücklich zugelassen.
„Die regulierte Marktöffnung und eine Kanalisierung des Sportwettenangebots weg von illegalen hin zu legalen Angeboten hat der DFB immer unterstützt. Aus den genannten Gründen ist eine angemessene Bewerbung erlaubter Glücksspielangebote unkritisch, solange sie ihrer Art und ihrem Umfang nach den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags nicht zuwiderläuft.“

Andere Länder mit strengeren Regeln

In anderen Ländern wie England und Spanien gelten aber strengere Regeln als hierzulande für Sportwetten-Anbieter, zum Beispiel ein Verbot von Werbung auf den Trikots oder im TV während der Prime Time. Auch in Belgien wird aktuell eine Einschränkung ähnlich wie bei der Tabakwerbung diskutiert.
Das will das Bündnis gegen Sportwetten-Werbung auch hierzulande erreichen, macht Kristina Schröder deutlich:
„Das heißt, uns geht es eben darum, über den Fußball hinaus auch in Richtung Gesetzgeber zu wirken oder eben da auch hinzugehen, dass eben nicht nur die Vereine und Verbände zum Beispiel in Form von Selbstverpflichtungen oder ähnliches sagen, wir verzichten oder wir reduzieren die Verbindung mit Sportwetten Anbietern. Sondern es geht auch darum, eben einen rechtlichen Rahmen zu schaffen. Wie zum Beispiel bei der Tabakwerbung.“
Für die Bundesliga und die Clubs sind die Sportwettanbieter lukrative Werbepartner. Doch mit dem Vorgehen des Landes Bremen und der Gründung des Bündnisses gegen Sportwetten-Werbung könnte nicht nur die Sportwetten-Branche, sondern auch der Profi-Fußball unter Druck geraten.