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WM-Spiel gegen Deutschland
Japans neues Selbstbewusstsein

In der Partie zwischen Deutschland und Japan bei der Fußball-WM der Männer in Katar ist Japan Außenseiter. Im Land ist man das Tiefstapeln gewohnt. Aber ausgerechnet in der Todesgruppe, der zudem Costa Rica und Spanien angehören, stellt Japan Ansprüche aufs Weiterkommen.

Von Felix Lill | 22.11.2022
    Ein junger Fan feuert die japanische FußballNationalmannschaft an.
    Ein junger Fan feuert die japanische FußballNationalmannschaft an. (IMAGO / Uwe Kraft / IMAGO / UWE KRAFT)
    "Eins zu Null für Japan. Tut mir Leid. Wahrscheinlich macht Junya Ito das Tor. Neuer wird überrascht sein": So lautet der Tipp von Hideyuki Uejima für die WM-Begegnung zwischen Deutschland und Japan. Uejima arbeitet im Tourismusbüro der zentraljapanischen Stadt Nara, die mehr für ihre Parks voller freilaufender Hirsche bekannt ist als für Sport. Aber dieser Tage sind selbsterklärte Fußballexperten überall im Land zu finden.
    Mit der Menschenrechtslage in Katar setzt man sich in Japan wenig auseinander – schon ein Jahr nach den kontroversen Olympischen Spielen von Tokio hat Sport in Japan wieder die Rolle des bloßen Entertainments eingenommen.
    Hideyuki Uejima ist Fußballfan, wird das Spiel gegen Deutschland, das in Japan um zehn Uhr abends beginnt, mit Freunden ansehen. Guter Dinge ist er er für das ganze Turnier: "Japan hatte bisher meistens einen einzigen oder wenige Stars. In den Nullerjahren war das Hidetoshi Nakata, zehn Jahre später Keisuke Honda, und so weiter. Diesmal ist jeder auf einem sehr guten Niveau."

    Optimistische Prognosen überall

    Derart nach außen getragenes Selbstbewusstsein ist nicht gerade typisch in Japan. Bescheidenheit gehört hier zum guten Ton, so auch im Fußball. Bisher. Diesmal aber hört man optimistische Prognosen überall im Land.
    Und das ist kein Zufall: Tatsächlich dürfte Japan über den stärksten Kader seiner Geschichte verfügen. Nicht nur einige wenige, sondern diverse Spieler sind heute bei erfolgreichen europäischen Klubs Leistungsträger: Allein in der Bundesliga sind das unter anderem die Mittelfeldspieler Ritsu Doan vom SC Freiburg, Daichi Kamada von Eintracht Frankfurt und Wataru Endo vom VfB Stuttgart. Hinzu kommen Takumi Minamino vom AS Monaco aus der französischen Liga, Takefusa Kubo von Real Sociedad in Spanien und Takehiro Tomiyasu vom englischen Spitzenreiter FC Arsenal London. Die Liste ließe sich fortführen.
    "Deshalb haben wir das Ziel, unter die letzten Acht zu kommen. Einfach wird das natürlich nicht", erklärte vor kurzem der japanische Nationaltrainer Hajime Moriyasu auf einer Pressekonferenz. Es wäre das beste Abschneiden der japanischen WM-Geschichte. Gerade in der nominell schwierigen Gruppe mit Deutschland, Spanien und Costa Rica klingt das ambitioniert.

    Stärkere Physis, starkes Kollektiv

    Aber auch Moriyasu weiß, dass japanische Spieler mittlerweile nicht mehr nur durch solide Technik und Fleiß auffallen, sondern auch durch eine körperliche Härte, die früheren Jahrgängen oft fehlte. Hinzu kommt das gemeinsame Pressen, Umschalten und Verteidigen, das auf einem starken Kollektiv gründet.
    Und das Konzept des Kollektivs fasst der Nationaltrainer noch etwas weiter: "Wir brauchen unbedingt die Unterstützung der Fans und des ganzen Landes. Ich bitte Sie, uns mit aller Kraft anzufeuern, mit uns zu kämpfen. Vielen Dank."