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Gabriels Iran-Reise
Schwieriges Pflaster für deutsche Unternehmen

Bei seiner Reise in den Iran will Bundeswirtschaftsminister Gabriel zwar strittige Themen ansprechen, wie die iranische Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Doch es dürfte auch um die deutsch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen gehen. Die laufen nämlich ein Jahr nach dem Ende der Sanktionen noch immer nicht auf Hochtouren.

Von Theo Geers | 30.09.2016
    Der SPD-Chef Sigmar Gabriel bei einer Pressekonferenz am 18.9.2016.
    Gabriel reist mit einer Wirtschaftsdelegation in den Iran. (AFP / Odd Andersen)
    "Hochrangige Politikerreisen sind immer Türöffner", weiß Volker Treier, der Außenhandelschef des DIHK. Über 100 Firmenvertreter werden Sigmar Gabriel nach Teheran begleiten. Im Januar hat die EU die wegen des Atomprogramms verhängten Sanktionen gegen den Iran aufgehoben. Im Mai wollte Gabriel schon den Türöffner spielen, eine Krankheit machte einen Strich durch Rechnung. Deshalb mussten Großkonzerne wie Airbus, Linde oder SAP, aber auch kleinere Unternehmen wie H&R, das chemisch-pharmazeutische Spezialprodukte auf Rohölbasis herstellt, oder der auf Kunsttransporte spezialisierte Logistiker Hasenkamp bis zum Herbst warten, um ein Stück vom Auftragskuchen abzubekommen.
    Iran ist als Markt für deutsche Unternehmen äußerst attraktiv
    Es lockt ein Markt mit 80 Millionen Verbrauchern, die über zehn Jahre vom Weltmarkt abgeschnitten waren, so Volker Treier: "Da kommt mit dem Iran jetzt ein Land, das prinzipiell der Produktpalette deutscher Unternehmen zupasskommt - mit einem hohen Modernisierungsbedarf in der Industrie. Und natürlich mit dem Rohstoffreichtum bei Erdgas und Erdöl. Kurzum: Das Interesse ist im Moment enorm."
    2015 exportierten deutsche Firmen nur noch für 2,1 Milliarden Euro überwiegend Nahrungsmittel oder solche Maschinen in den Iran, die von den Sanktionen ausgenommen waren. Nun soll an alte Zeiten wieder angeknüpft werden. Eine Steigerung der Exporte auf gut fünf Milliarden Euro im Jahr binnen kurzer Zeit scheint möglich, auch, wenn sich westliche Länder wie Deutschland durch die wegen des Atomprogramms verhängten Sanktionen auch selbst aus dem Iranischen Markt herausgeschossen haben.
    Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen sind nicht aufgehoben
    Ein zweites Problem: Die Sanktionen wegen des Atomprogramms sind aufgehoben, die wegen der Verletzung von Menschenrechten aber nicht. Vor allem nicht in den USA:
    "Damit stehen deutsche und europäische Großbanken vor Frage: Welcher Markt ist mir wichtiger? Und wenn sie auch auf dem US- Markt tätig sind, können sie derzeit kein Irangeschäft finanzieren."
    Und so hängen die schönen neuen Exportaufträge in den Iran oft noch in der Luft. Bleiben die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen, die Gabriel ansprechen wird. Dem steht die politische Absicht gegenüber, durch die Aufhebung der Sanktionen dem Iran zu signalisieren, dass es sich lohnt, dem Bau von Atombomben abzuschwören. Dafür aber müssen die gemäßigten Kräfte in Teheran gestützt werden – und die brauchen dringend wirtschaftliche Erfolge, um politisch zu überleben.