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Geldanlage und Altersvorsorge
Finanzberaterinnen nehmen Frauen in den Blick

Geldanlage und Altersvorsorge waren traditionell "Männerthemen". Dabei sind Frauen durch ein durchschnittlich geringeres Einkommen besonders von Altersarmut betroffen. Inzwischen gibt es viele Initiativen, die Frauen das Thema Finanzen näherbringen möchten.

Von Brigitte Scholtes | 25.01.2020
Eine Frau sitzt vor einem aufgeklappten Notebook am Tisch und hält Papiere in der Hand
Viele Initiativen haben ihre Finanzberatung auf Frauen ausgelegt (imago images / Westend61)
Ein sonniger Morgen in Frankfurts südlichem Stadtteil Sachsenhausen. Isolde Mischke-Flach begrüßt eine Kundin zur Finanzberatung.
"Dann legen wir zwei los. Sie sagen mir einfach erst einmal genau, was Ihnen heute wichtig ist."
"Wir müssen unbedingt klären, was ich mit meiner Rentenversicherung mache und was mit meiner Selbständigkeit ist. Also, ich brauche irgendeine Form von Altersvorsorge."
"Okay, das heißt, Sie waren bisher angestellt?"
"Ja."
"Haben Sie zufällig das schon ausgefüllt?"
"Ihre Unterlagen? Die sind alle hier."
Finanzberaterin Mischke-Flach sieht sich kurz die Unterlagen der Enddreißigerin an, die sich vor kurzem selbständig gemacht hat und die sich endlich, wie sie selbstkritisch einräumt, um ihre finanzielle Situation kümmern will.
"Ich bin jetzt schon 37 und schiebe dieses Thema seit zehn Jahren vor mir her, weil es immer berufliche Veränderungen gab, immer Positionswechsel, man wusste, man fängt dann wieder ein Projekt an oder nimmt dann die Position an. Und ich habe mich nie so richtig drum gekümmert, und jetzt muss ich mich drum kümmern, weil ich gehe auf die 40 zu."
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"Einfach mal beginnen mit der Altersvorsorge"
Immer mehr Frauen interessieren sich für Finanzen und ihr Auskommen im Alter. Bei herkömmlichen Finanzberatern fühlen sie sich nicht immer gut aufgehoben, erklärt Annika Peters von der FrauenFinanzBeratung.
Finanzberater sind häufig Männer
So wie ihr geht es vielen Frauen. Sich mit Gelddingen zu beschäftigen, das wollten viele nicht angehen, erzählt Isolde Mischke-Flach. Sie hat zusammen mit einer Kollegin vor vielen Jahren die D&M Frankfurter Finanzexpertinnen gegründet, die sich auf die Finanzberatung von Frauen konzentriert. Mit diesem Geschäftsmodell kommt Sie gut an bei Ihren Kundinnen. Denn ein Grund für die Zögerlichkeit vieler Frauen: Finanzberater sind häufig Männer.
"Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass sie sagen, ich möchte lieber von einer Frau beraten werden. Sie fühlen sich von Männern hier oft vielleicht nicht verstanden, oder sie haben Angst, dass sie Fragen stellen, die vielleicht dumm klingen, obwohl sie nicht dumm sind. Aber sie haben oft nicht so das gute Gefühl, zu einem Mann zu gehen. Und insofern fühlen sie sich hier ein bisschen wohler. Ich glaube, wir haben natürlich logischerweise die gleichen Erwerbsbiografien wie diese Frauen auch, wir können uns sicherlich in viele Sachen besser hineinversetzen. Und es geht bei uns nicht immer nur um die Geldanlage, es geht auch viel um Gesundheit, und das möchten Sie einem Mann ganz oft auch gar nicht erzählen."
Auch manche Banken haben das verstanden. So haben etwa einige Mitarbeiterinnen der Direktbank comdirect das Informationsportal "Finanzheldinnen" gegründet. Dort werden mögliche interessierte Anlegerinnen in Blogs oder Podcasts über Finanzprodukte informiert. Viele Frauen reagierten auf eine andere Art der Ansprache, sagt die Sprecherin der Direktbank, Annette Siragusano, die zu den Gründerinnen der Plattform gehört.
"Wie sind Texte aufbereitet? Wie lang sind Inhalte? Welche Bildwelten finden da statt? Also, der Zugang ist ein anderer, und wir merken eben, dass diese Plattform, sich auszutauschen, dass das etwas ist, was für Frauen ganz wichtig ist, nämlich mal zusagen, hey, wie machst du das? Und dass auch der Rahmen in einer Gruppe, wo nur Frauen sind, ein anderer ist, weil man keine Angst hat blöde Fragen zu stellen."
Dass viele Frauen einem männlichen Finanzberater nicht so recht trauen, das habe oft auch mit ihrer Unsicherheit in Geldfragen zu tun, meint Alexandra Niessen-Ruenzi. Die Ökonomin beschäftigt sich an der Universität Mannheim mit Geschlechterforschung und hat 2018 in einer Umfrage unter 1600 Männern und Frauen nachgefragt, wie wichtig das Thema Geldanlage für sie sei:
"Frauen haben einfach gesagt, ich weiß, das Thema ist wichtig, aber ich bin wahnsinnig unsicher. Ich weiß gar nicht, wo ich überhaupt anfangen soll, mich damit zu befassen. Und man muss dann leider auch sagen, das haben wir auch in dieser Umfrage erhoben, zeigt sich auch in vielen anderen Studien, dass diese Unsicherheit auch begründet ist, weil Frauen weniger Finanzmarktkenntnisse haben als Männer. Da gibt es standardisierte Testverfahren, und man findet eigentlich immer auch in anderen Ländern, dass Frauen weniger wissen als Männer. Die Unsicherheit ist also begründet."
Kunde ist nicht gleich Kundin
Auch Anne Connelly hat sich vorgenommen, Frauen Sicherheit zu geben. Die frühere Investmentfondsmanagerin hat deshalb ein Finanzforum für Frauen im Internet gegründet, "hermoney" heißt es und will Finanzwissen vor allem für Frauen vermitteln. Denn bisher machten viele Frauen in einer Bank, wenn sie von einem Mann beraten werden, schlechte Erfahrungen:
"Das ist so ein bisschen, wie wenn Sie in den Autohandel gehen und versuchen ein Auto zu kaufen, und Sie gehen als Paar dahin. Da wird auch immer erst der Mann noch angeguckt. Nur: ein gut geschulter Verkäufer weiß, dass er das nicht machen soll, weil die Konsumentscheidung eigentlich die Frau trifft im Hintergrund, und sie dem Mann nur offensichtlich die Entscheidung im Vordergrund überlässt. Also, das ist leider oft noch der Fall bei irgendwelchen rückwärtsgewandten Beratern, die da Frauen nicht auf Augenhöhe betrachten, weil sie denken, der Mann, der trifft die finanziellen Entscheidungen und hat mehr Geld."
Und nicht nur das: einige Berater nutzten das auch aus, sagt Genderforscherin Niessen-Ruenzi:
"Da gibt es Studien, die zeigen, dass männliche Kunden von Finanzberatern häufiger kontaktiert werden. Kommt ein Ehepaar, wird häufiger mit dem Mann gesprochen, und an die Frau wird sich nicht gerichtet. Und die Gesprächsdauer ist eben auch länger, wenn es sich um einen männlichen Kunden handelt. Und da gibt es jetzt eben eine neuere Studie, die zusätzlich noch zeigt, dass dasselbe Produkt an weibliche Kunden zu einem höheren Preis abgegeben wird oder eben seltener mit Preisnachlässen abgegeben wird als das bei einem männlichen Kunden der Fall ist."
Frauen haben höheren Finanzbedarf durch geringeres Einkommen
Solche Kenntnisse zu vermitteln, das hat sich auch Claudia Müller vorgenommen. Dazu hat die junge Frau das "Female Finance Forum" gegründet, nachdem sie sich jahrelang bei der Deutschen Bundesbank mit nachhaltigen Geldanlagen beschäftigt hatte. Denn sich um ihre finanzielle Situation zu kümmern, das sei für Frauen, auch wenn sie vielleicht unsicher seien, fast noch wichtiger als für Männer, gerade wenn es um Altersvorsorge geht:
"Männer sagen bei demselben Wissensstand eher, naja, ist nicht top, aber läuft schon. Und deswegen handeln Frauen nicht oder weniger. Und das ist für Frauen eben ungleich prekärer, weil unsere Rentenerwartungen und unser Einkommen aufgrund von niedrigerem Durchschnittseinkommen, viel häufiger Arbeiten in Teilzeit, häufiger in befristeten Verträgen oder Minijobs, noch dazu oder bei gleichzeitig höherer Lebenserwartung, das führt dazu, dass unsere Rente einfach viel niedriger ist, eigentlich unser Finanzbedarf also deutlich höher als der von Männern. Tatsächlich sind wir aber weniger aktiv."
Zwei Miniatur-Figuren, eine männlich, eine weiblich, stehen auf einer schiefen Ebene einer Wasserwaage. Die männliche Figur steht etwas weiter unten.
Wird die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern wirklich kleiner?
Die Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland werden einer Studie zufolge kleiner. Yvonne Lott von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung widerspricht im Dlf.
So verdienen Frauen etwa 21 Prozent weniger als Männer, hat das Statistische Bundesamt zuletzt für 2018 festgestellt. Danach arbeiten Frauen oft in Branchen und Berufen in denen schlechter bezahlt wird, sie erreichen seltener Führungspositionen, vor allem aber arbeitet eben fast jede zweite Frau in Teilzeit, während das bei den Männern noch nicht einmal jeder zehnte tut. Und das führt dann auch zu Einbußen bei der Altersversorgung. So zitiert der Finanzblog "Miss Moneypenny" Hochrechnungen, nach denen bei bis zu 75 Prozent der heute 35- bis 50-jährigen Frauen die gesetzliche Rente unter dem jetzigen Hartz-IV-Niveau liegen werde - auch deshalb, weil Frauen älter werden als Männer. Die Lebenserwartung für 2009 geborene Mädchen liegt bei 90,7, die der Jungen hingegen bei 86,4 Jahren. Frühzeitig fürs Alter vorzusorgen täte also not. Doch das merken viele zu spät, so wie diese beiden Frauen um die sechzig:
"Es wird mich böse erwischen im Rentenalter. Ich habe mich nicht auf meinen Mann verlassen, ich war ja nicht verheiratet. Aber das schlägt jetzt eben auch zurück, dadurch, dass ich eben dann zu Hause war mit den Kindern und praktisch diese Zeit nicht ausgeglichen worden ist und ich jetzt alleine für meine Rente aufkommen muss und mir diese Zeit natürlich dann fehlt und auch die Zeit, in der ich nur Teilzeit gearbeitet habe. Die Rente, die gesetzliche, wird auf keinen Fall reichen. Also, ich kann ein bisschen zubuttern, aber ich werde wahrscheinlich Flaschenpfand sammeln."
Altersvorfreude durch Altersvorsorge
Schon heute ist einer OECD-Studie zufolge in Deutschland die Rente der über 65-Jährigen Frauen im Schnitt um 46 Prozent niedriger als bei Männern. Zum Vergleich: im OECD-Schnitt liegt sie nur um ein Viertel darunter. Frauen wie Claudia Müller wollen dazu beitragen, dass das anders wird. In ihren Vorträgen und Workshops bemüht sich die Finanzfachfrau um einen neuen Zugang zu dem Thema:
" ‚Altersvorsorge‘ ist ein furchtbarer Begriff, aber wenn man das "Altersvorfreude" zum Beispiel tituliert, und dann sagt, ok, was möchte ich dann gerne: Ich würde gerne mir ab 60 eine Vier-Tage-Woche leisten können, ohne meinen Lebensstandard senken zu müssen. Oder ich würde gerne meinen Kindern die Ausbildung finanzieren können. Und wenn ich mir Schritte überlege, wie ich dahin komme, dann wird es konkret. Dann kann ich darauf hinarbeiten."
Es gibt inzwischen viele Initiativen, Finanzblogs wie Fortunalista oder Femance oder eben Miss Moneypenny, die alle ein ähnliches Ziel verfolgen: Frauen das Thema Geld nahezubringen. Und das tun sie nicht nur aus altruistischen Gründen, das ist auch ein gutes Geschäftsmodell.
Ums Geld aber sollten sich schon Berufseinsteigerinnen kümmern, da nämlich sei es zunächst wichtig, Existenzrisiken abzusichern, sagt Finanzberaterin Isolde Mischke-Flach, die mit ihren Kundinnen in der Beratung zunächst grundsätzliche Fragen klärt.
"Was hat sie denn an Versorgung? Dann gucken wir, was will sie an Versorgung oder an Geldanlage? Und dann gehen wir ganz vorsichtig erst mal vor. Es gibt da staatlich geförderte Sachen, es gibt nicht staatlich geförderte Sachen, da werden die Vor- und Nachteile genau aufgezeigt, und dann muss sich die Kundin letztlich entscheiden, was sie davon haben möchte."
Die eigentliche Geldanlage ist auch abhängig vom jeweiligen Alter. So teilt das Finanzforum "hermoney" das Frauenleben in fünf Phasen ein: von den "Wilden Zwanzigern" bis hin zu den Frauen, die 60 Jahre und älter sind. Frauen liebten Listen, meint hermoney-Gründerin Anne Connelly augenzwinkernd, deshalb sei eine solche Hilfestellung auch beim Thema Geld nützlich.
"Weil auch oft gern mal der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird und man sich auch über die falschen Dinge Gedanken macht. Ich brauche nicht drüber nachzudenken, einen Sparplan zu machen im Monat für ein Produkt, wenn ich noch nicht mal einen Notgroschen habe für eine Waschmaschine, die kaputtgeht oder wenn ich noch nicht mal eine Patientenverfügung oder solche Sachen habe. Oder eine Berufsunfähigkeit, was ja eigentlich das Elementarste ist, dass ich meine eigene Arbeitskraft, mit der ich immer wieder in der Lage bin auch selbstständig Geld zu verdienen, nicht abgesichert habe."
Zu Beginn des Berufslebens sind viele Frauen noch guten Mutes, so wie diese beiden jungen Frauen um die dreißig.
"Ich habe die Metallrente gemacht bei uns in der Firma. Ich habe noch eine Privatrente bei einer Versicherung gemacht. Bei uns in der Partnerschaft kümmern sich beide gleichermaßen um ihr Geld, wie jeder sein Geld anlegt. Wir reden darüber, allerdings entscheidet natürlich jeder selbst dann darüber und verfügt auch über sein eigenes Geld."
Familiengründung birgt höheres finanzielles Risiko für Frauen
Doch die Gründung einer Familie hat auf die Entwicklung von Einkommen und Vermögen einen wesentlichen Einfluss, sagt Ökonomin Niessen-Ruenzi:
"Die angelsächsische Literatur hat diesen interessanten Terminus der "Motherhood Penalty" dafür ins Feld geführt, also die Strafe der Mutterschaft. Und wenn man sich die Statistiken anschaut, dann ist das wirklich dramatisch. Also wenn eine Frau ein Kind bekommt, dann erleidet sie zunächst unmittelbare Einkommenseinbußen. Das ist auch nicht weiter erstaunlich. Was aber wirklich den fundamentalen Unterschied macht, ist die Langzeitentwicklung des Gehalts der Frauen. Das erholt sich nie mehr, es geht nie mehr zurück auf das Niveau derer, die keine Kinder haben oder auf das Niveau von Vätern, bei denen man das nicht so stark beobachtet."
Frauen wollten dann finanziell oft noch weiter zurückstecken, hat Finanzberaterin Mischke-Flach bei ihren Kundinnen beobachtet:
"Das halte ich für sehr fatal. Also das sollte man nicht machen. Ich hatte letztens auch so eine Beratung und habe dann vorgeschlagen, sie sollte doch mal mit ihrem Partner darüber reden, dass er vielleicht auch einen Teil seiner Altersvorsorge nach unten schraubt, denn schließlich sind beide an dem Kind beteiligt. Und da war das Erwachen sehr groß."
Dieses finanzielle Zurückstecken wegen der Familie erkläre zum großen Teil auch die aktuell klaffende Rentenlücke. Nach dem jüngsten Rentenbericht der Bundesregierung erhalten Frauen im Schnitt eine gesetzliche Rente von netto etwa 700 Euro monatlich, Männer hingegen knapp 1200 Euro. Es ist also dringend geboten, sich vorausschauend um sein Geld zu kümmern.
Die Hand einer älteren Frau schiebt ein paar Münzen auf einer Tischplatte herum
Frauen erhalten deutlich weniger Rente
Frauen in Deutschland verdienen in ihrem Arbeitsleben meistens weniger als Männer. Dasselbe gilt dann auch im Alter, also bei der Rente – im Schnitt erhalten Frauen rund 26 Prozent oder 140 Euro pro Monat weniger.
Viele aber wähnen sich in Sicherheit, weil sie ja verheiratet sind. Das aber sei trügerisch, warnt die Finanzberaterin.
"Wir stellen im Moment tatsächlich manchmal auch wieder so einen kleinen Rückschritt fest, dass sich die Frauen wieder mehr auf das Thema verlassen, ich bin ja verheiratet, mein Mann wird das schon irgendwie richten. Das ist natürlich wirklich eine Katastrophe. Also mit beiden zusammen reicht die Altersversorgung dann vielleicht irgendwie aus, aber wenn man sich doch noch trennt, dann reicht sie eigentlich für beide nicht mehr aus, weil die Frau kriegt dann ja von dem Mann noch etwas ab, gerade von den gesetzlichen Leistungen. Und dann sind viele Frauen oder auch die Männer erstaunt, wie schlecht sie plötzlich dastehen mit ihrer Altersversorgung. Das sollte so nicht sein. Jeder sollte wirklich versuchen seine eigene Versorgung aufzubauen."
Denn unromantisch-nüchtern betrachtet ist das Trennungsrisiko hoch: Ein Drittel aller Ehen wird geschieden. Der Versorgungsausgleich, nach dem derjenige, der mehr Rentenansprüche erworben hat, einen Teil seiner Ansprüche an den Ehegatten abgeben muss, reicht dann häufig nicht aus, zumal 2008 das Scheidungsrecht geändert wurde, erklärt Anne Connelly von "hermoney":
"Die Frauen werden eigentlich dann wieder aufgefordert sich so aufzustellen wie vor der Ehe. Und das ist natürlich, wenn ich jahrelang nicht gearbeitet habe oder nur sehr wenig gearbeitet habe, dann sehr schwierig möglich, diesen Urzustand wiederherzustellen. Und sie bekommen keinen langfristigen nachehelichen Unterhalt mehr."
Traditionelle Rollenbilder prägen den Umgang mit Finanzen früh
Schwer tun sich die Frauen auch deshalb, weil sie selbst als Jugendliche in der Familie nicht mit finanziellen Themen in Berührung gekommen sind. Denn die würden in der Familie oft nicht besprochen, jedenfalls weniger mit den Mädchen. Das habe erst vor zwei Jahren eine Umfrage unter Studierenden gezeigt, sagt Ökonomin Niessen-Ruenzi:
"Da haben die weiblichen Befragten wesentlich häufiger verneint, dass jemals mit ihnen über Finanzmarktthemen gesprochen wurde zu Hause am Frühstückstisch sozusagen. Und es ist auch so, laut unserer Umfrage zumindest, dass bei 67 Prozent der Befragten der Vater für die Finanzplanung zuständig war, also auch so eine Art Rollen-Modelleffekt, der wahrscheinlich früh schon Unterschiede prägt in der Wahrnehmung, wer für die Geldanlage zuständig ist, dass das eben nach Geschlechtern getrennt ist."
Mädchen bekämen auch im Schnitt weniger Taschengeld als Jungs, zeigten weitere Studien, sagt die Ökonomin. Solche Themen müssten in der Öffentlichkeit breiter diskutiert werden. Das werde dann hoffentlich zu einem gesellschaftlichen Umdenken führen.
"Das sind einfach Muster, die sich tradieren. Und wenn die nicht beschrieben und öffentlich diskutiert werden, dann bleibt es wahrscheinlich einfach länger so. Aber ich glaube, dass die Debatte, die jetzt gerade eben ja auch stattfindet in der Öffentlichkeit, dass die sehr viel helfen kann, dieses Bewusstsein zu schaffen und auch dazu führen wird, dass viele vielleicht bewusster in ihren Familien darauf achten, dass da keine Unterschiede gemacht werden und dass auch Mädchen früher mit dem Thema in Berührung kommen."
Geld legt man an, um für größere Investitionen zu sparen - meist aber zur Altersvorsorge. Und mit mehr Wissen könnten Frauen sich dann auch in der Geldanlage mehr trauen. Denn sie sind zwar grundsätzlich risikoscheuer, aber auch das hänge eben häufig mit ihrer Unsicherheit zusammen, hat Finanzexpertin Claudia Müller beobachtet:
"Der Mann sagt dann so: Ja, ich habe noch nicht ganz verstanden wie das funktioniert mit den Aktien, aber ich mache einfach mal. Und dann verliert er vielleicht am Anfang ein bisschen Geld, aber er gewinnt ganz viel Erfahrung. Und die Frau sagt, ich habe noch nicht ganz verstanden wie das funktioniert mit den Aktien, deswegen mache ich lieber gar nichts. Und bei Geldanlage muss man sagen, manchmal ist 80 Prozent richtig besser als 100 Prozent gar nicht gemacht."
Besser kleine Beträge sparen als nichts
Und, so mahnen die Expertinnen, es sei auch besser, beständig etwas zur Seite zu legen, und sei es nur einen kleinen Betrag. Alexandra Niessen-Ruenzi.
"Es ist immer besser, wenigstens 5 Prozent, 10 Prozent meines Nettoeinkommens zu sparen als gar nichts. Es geht einfach darum, für sich selber festzulegen, ich spare einen Teil, und wenn er auch noch so klein ist. Der Zinseszinseffekt ist hier nicht zu unterschätzen. Wenn ich über 30 Jahre auch einen kleinen Betrag anlege, dann habe ich am Schluss eine recht ansehnliche Summe zur Verfügung."
Das ist in den letzten Jahren mit reinen Zinsanlagen zwar schwierig geworden, mit anderen Anlageformen wie etwa Immobilien oder Aktien bzw. Aktienfonds lässt sich aber noch eine ansehnliche Rendite erzielen. Zum Sparen könnte man auch Anreize geben, sagt die Ökonomin. Allerdings wäre hierzu eine Gesetzesänderung nötig, über die schon diskutiert wurde
"Man könnte, das ist ja auch häufiger diskutiert worden, über das Ehegattensplitting nachdenken, ob das ein sinnvolles politisches Instrument noch ist. Es gibt eine Studie einer Kollegin, Nikola Fuchs–Schündeln aus Frankfurt, die sich den Effekt eines solchen Ehegattensplittings, also einer asymmetrischen Besteuerung innerhalb von Verheirateten in verschiedenen Ländern anschaut, und eben ganz klar nachweisen kann: Das hat einen Einfluss auf die Erwerbsquote von Frauen. Und das ist einfach was, was man noch mal debattieren könnte: Ist das noch zeitgemäß, das Ehegattensplitting? Sind das nicht vielleicht Signale, die man nicht mehr an die Frauen aussenden möchte?"
Denn am Thema Geld entscheide sich letztlich die Frage der Gleichberechtigung, sagt Anne Connelly von hermoney:
"Die letzte Bastion des Feminismus ist eigentlich das Thema Geld. Und das sehen wir ja jetzt. Wir kämpfen immer noch an verschiedenen Fronten für Gleichberechtigung, aber jetzt geht es ans Eingemachte. Und Geld ist Macht. Das ist eigentlich jetzt, was wir hier erleben, dass Frauen sich politische Macht holen wie in Finnland, gesellschaftlich-karrieremäßig vorankommen möchten, und die auch über das Geld bestimmen möchten. Und da gibt es eine Bewegung, und ich glaube auch, dieser Zug ist nicht mehr aufzuhalten."