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Glücksspiel, Touristenflaute und traumhaft leere Strände

Während sich im griechischen Südzypern die Touristenmassen drängen, bleiben die Hotels im türkischen Norden Zyperns meist leer. Dorthin finden nur sehr Entschlossene: Die Region wird wegen eines Embargos nicht direkt angeflogen.

Von Susanne Güsten | 19.03.2010
    Die Wellen spülen über den Sand des kilometerlangen Golden Sands Beach, einem von mehreren Bilderbuchstränden an den Küsten Nordzyperns. In der Ferne werfen ein paar Angler ihre Haken aus, außer ihnen sind nur zwei Spaziergänger unterwegs – ein britisches Ehepaar mittleren Alters: Mike und Jeanette. Sie sind im Urlaub hier und ganz begeistert:

    "Wunderschön! Ein traumhafter goldener Strand, mehrere Kilometer lang, wirklich wunderschön. Und nur fünf Leute auf dem ganzen Strand - acht, wenn man uns mitzählt."

    So menschenleer sind die Strände Nordzyperns, dass seltene Schildkrötenarten dort noch weitgehend ungestört ihre Eier in den Sand eingraben können. Während die griechische Republik im Süden der Insel jährlich zwei- bis zweieinhalb Millionen Touristen empfängt, kommen in den türkischen Norden der Insel wegen des internationalen Flugembargos nicht einmal hunderttausend Europäer im Jahr.

    Im Jachthafen von Kyrenia, dem wichtigsten Tourismuszentrum des Nordens, schaukeln kaum zwei Dutzend Bootsmasten vor der malerischen Kulisse der byzantinischen Hafenfestung. Die meisten gehören zu Ausflugsbooten, die Tagestouren für Urlauber anbieten, für umgerechnet 12 bis 14 Euro pro Kopf. Die Nachfrage hält sich in Grenzen, sagt Kapitän Kantan Cakar:

    "Hier im Hafen gibt es bisher 17 Ausflugsboote, aber es sieht so aus, als ob in diesem Jahr noch welche dazukämen, sodass es an die 20 werden. Das wird den Wettbewerb sehr verschärfen ..."

    Die Ferienanlage Riviera liegt westlich von Kyrenia und ist eine von mehreren kleinen Hotelanlagen an der zyprischen Nordküste. Hotelbesitzer Osman Nuray führt stolz durch die üppigen Gärten des Familienbetriebes, der außer dem Swimmingpool auch einen flachen Privatstrand und eine Schwimmplattform im Meer zu bieten hat.

    "Da, unsere Sonnenschirme: Das ist nicht wie in den großen Hotels anderswo, dass die Schirme im Abstand von einem halben Meter gedrängt stehen. Wir haben hier immer mindestens fünf bis sechs Meter Abstand zwischen den Liegegruppen."

    Ein Vorteil, der aus der Not geboren ist:

    "Wir haben 52 Zimmer, wenn sie alle belegt wären, ergäbe das 104 Gäste. Aber wir sind nie voll. Wir haben meistens 30 oder 40 Gäste, in der Hochsaison manchmal bis zu 70 oder 80."

    Und das liege nicht an den Ferienanlagen, sondern an der politischen Situation von Nordzypern, erklärt Osmans Vater Altay:
    "Wegen des Embargos gegen unser Land dürfen wir keine Direktflüge haben. Jedes Flugzeug, das hier landet, muss zuvor in der Türkei zwischenlanden, oder man muss dort umsteigen. Die Touristen, die es hierher schaffen, die sind sehr zufrieden hier. Aber wenn ich sie nach ihrer Abreise zuhause anrufe, um zu hören, ob sie gut angekommen sind, dann höre ich immer wieder Klagen wie: Ich saß elf Stunden lang auf dem Flughafen von Istanbul fest. Und dann höre ich nie wieder von ihnen, die kommen nicht noch einmal."

    Weil Sonne, Strand und Berge nicht genügen, um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen, lockt Nordzypern auch mit anderen Mitteln. Rund 25 Kasinos gibt es in Türkisch-Zypern, das ist ein Kasino auf zehntausend Einwohner. Auch da ist der Wettbewerb hart, sagt Lokman Aytekin, der als Pit Boss im eleganten Salamis-Bay-Kasino die Croupiers an den Roulette- und Blackjack-Tischen überwacht:

    "Wir versuchen, Gäste aus dem Ausland anzuziehen, indem wir ihnen je nach Spieldauer die Unkosten bezahlen. Wenn ein Gast täglich mehr als vier Stunden im Kasino spielt, dann bezahlen wir ihm Hotel und Flug."

    Für das Kasino lohnt sich das offenbar immer noch, und für Nordzypern auch. Wenn es auch keine Massen sind, die zum Glücksspiel hierher kommen, dann ist es doch immerhin eine zusätzliche Besuchergruppe, sagt Pit Boss Aytekin:

    "Am häufigsten kommen natürlich Israelis, aber auch Italiener und Araber. Die Mittelmeeranrainer, die lieben das Glücksspiel. Aus Syrien kommen einige Reiche, und sehr viele kommen auch aus Irak. Da mag zwar Krieg sein, aber da scheint unglaublich viel Geld im Umlauf zu sein."


    Der Zypernkonflikt auf Website des Auswärtigen Amtes