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Glühlampen-Aus vor zehn Jahren
Umstrittene Erleuchtung

Die Aufregung war groß, als die EU vor zehn Jahren das Aus für die Glühbirne verkündete. Energiesparlampen sollten die Stromfresser ersetzen, und die Deutschen hamsterten, was es nur ging. Heutzutage haben LEDs den Markt erobert – und fast alle sind zufrieden.

Von Melanie Longerich | 31.08.2019
In einer offenen Hand leuchtet eine Glühbirne.
Glühlampen wandeln nur fünf Prozent der aufgenommenen Energie in Licht um, der Rest verpufft als Wärme (Unsplash | Rohan Makhecha)
"Am besten gehen wir mal direkt ins Obergeschoss, weil wir da auch die Abteilung ganz umgestaltet haben und da auch die neuen Lichtquellen schon eingebracht haben."
Leichtfüßig nimmt Marcus Dekiert die Stufen des Treppenhauses. Der Direktor des Kölner Wallraff-Richartz-Museum leitet seit sieben Jahren die klassische Gemäldesammlung, die zu den größten Deutschlands zählt.
"Es fängt mit Mittelalter im ersten Obergeschoss an, im zweiten Obergeschoss ist dann das Barock, also Rembrandt und Rubens-Zeit, und dann gibt es ganz oben dann die Abteilung 19. Jahrhundert, wo es dann von der Romantik bis Kaspar David Friedrich bis Gauguin geht."
Kurator: Hervorragende Ergebnisse mit LED-Licht in Ausstellungen
Barock. Da will Marcus Dekiert hin. Denn da besteht das Lichtkonzept seit kurzem aus LED, der "light emitting diode". Die Lichtdiode. Sie ist äußerst langlebig und verbraucht kaum Strom. Seit vier Jahren stellt das Haus auf diese Technik um – und die Stromkosten, erzählt er, hätten sich jetzt schon halbiert – die Wartungskosten auch. Dekiert war schon in der Münchner Pinakothek mit der Umstellung beschäftigt. Für die erste Ausstellung unter LED-Licht holte Dekiert sich 2015 Tipps im Rijksmuseum in Amsterdam.
"Als Ausstellungsmacher ist mir letztlich die Technologie ziemlich gleichgültig, ich brauche das Ergebnis. Und ich habe die Erfahrung gemacht, erst in München, dann aber auch hier und mit vielen, vielen Kollegen mittlerweile auch deutschlandweit, wo die LED-Technik in allen neueren Museen umgesetzt wurde, dass man da zu hervorragenden Ergebnissen kommt."
Eine Weltkugel aus LED-Lichtern leuchtet in Berlin vor dem Brandenburger Tor.
Eine Weltkugel aus LED-Lichtern in Berlin anlässlich der "Earth Hour" (picture aliiance/ dpa / Paul Zinken)
Vor zehn Jahren war das anders. Als am 1. September 2009 die Europäische Union das Ende der Glühlampe einläutete, waren Museumsdirektoren entsetzt. Dekierts Vorgänger forderte sogar, die Glühlampe in die Liste des Weltkulturerbes aufnehmen zu lassen. Das funzelige Licht der Energiesparlampen – ein Affront für Museen. Die Lichtdiode steckte noch in ihren Kinderschuhen – und war dazu viel zu teuer. Also wurde gehortet. Vor allem die Solux, eine Halogenlampe, die besonders gut Tageslicht abbilden kann.
"Wir haben natürlich so ein allgemeines Raumlicht, das ist runtergedimmt. Und dann gibt es natürlich auch für jedes Bild einen einzelnen Strahler."
Den Besucher umfängt ein Dunkelblau. Einzelne Spots an der Decke erwecken die dunkel pigmentierten Bilder niederländischer Altmeister zum Leben.
"Das Licht soll natürlich jetzt dazu beitragen, dass man was von dem sieht, was sich auch der Maler dabei gedacht hat. Jedes Detail ist in dieser sehr feinen und handwerklich perfekten Malerei sehr wichtig. Und muss auch etwas in der Harmonie dieser Farbwerte haben. Und das schaffen wir, glaube ich, bei diesen Bildern hier sehr gut."
Zur Klarstellung: Verboten hat die EU die Glühlampen nicht. Die EU-Verordnung Nr. 244/2009 mit dem Titel: "Anforderung an die umweltgerechte Gestaltung von Haushaltslampen mit ungebündeltem Licht" formulierte vielmehr Kriterien für die Energieeffizienz, die de facto dann das Aus für die Glühlampe bedeute.
Am 1. September 2009 verschwanden erst die größten Stromfresser mit mehr als 75 Watt aus den Regalen, dann die mit mehr als 60 Watt und solche mit mehr als 40 Watt, seit 2012 gibt es auch die 10-Watt-Glühbirnen nicht mehr und seit vergangenem Jahr geht es der Halogenlampe an den Kragen.
Es funzelte in deutschen Wohnzimmern
130 Jahre lang hatte die Glühlampe, 1879 von Thomas Edison erfunden, gemütliches Licht ins Heim gebracht. Nun wurde es ungemütlich. Zwar wurden Energiesparlampen mit dem Prädikat "warmweiß" verkauft, doch an das Licht der Glühlampe kamen sie nicht ran. Besonders die Deutschen waren entsetzt. Sie schimpften auf die Brüsseler Regulierungswut und hatten Angst vor dem Nervengift Quecksilber, dass der vermeintliche Öko-Ersatz enthielt – aber auch die Entsorgung zum Problem machte: Denn statt zum Mülleimer zu laufen, mussten die Verbraucher zum Recyclinghof. Also hamsterten die Deutschen in Bau- und Supermärkten. Auch in München, wie damals der Deutschlandfunk im August 2009 berichtete:
Verkäufer: "Die Leute kommen und bestellen zum Teil über zweihundert Glühbirnen. Es ist total irre im Moment."
Kundin: "Wir haben welche gekauft, ich glaub die hunderter, weil die neuen Lampen find ich nicht so toll, weil die so ein grelles Licht machen."
Kunde: "Die sind gar nicht so richtig ausgegoren. Ob das überhaupt so funktioniert, wie es funktionieren soll. Und hinterher mit der Entsorgung, ich weiß ja nicht."
Energiesparbirne
Das blasse Licht der Energiesparbirnen und die schwierige Entsorgung machten Verbrauchern zu schaffen (Stock.XCHNG / Nick Leong)
Glühlampen wandeln nur fünf Prozent der aufgenommenen Energie in Licht um, der Rest verpufft als Wärme. Zum Vergleich: Eine Energiesparlampe braucht 60 Prozent, die LED heute sogar 90 Prozent weniger Strom. Die EU-Kommission sah hier also großes Einsparpotential, die für 2020 gesetzten Klimaziele machten Druck. Christoph Mordziol vom Umweltbundesamt beriet damals die Bundesregierung in diesem Prozess.
"Der wesentliche Punkt war zu erreichen, dass der Stromverbrauch verringert wird, also auch bei der Beleuchtung. Die zwar sicherlich insgesamt nicht den größten Posten ausmacht. Und wie man so sagt: Kleinvieh macht auch Mist!"
Ökodesign-Richtlinie - Grundlage des Glühlampen-Verbots
Alles hatte vier Jahre vorher mit der sogenannten Ökodesign-Richtlinie begonnen, die zur Grundlage des Glühlampen-Verbots wurde. 2005 hatte - damals noch - die Europäische Gemeinschaft diese neuen Umwelt-Mindeststandards bei Elektro- und Elektronikgeräten verabschiedet. Das Ziel: Auch bei Geräten, die nur verhältnismäßig wenig Strom verbrauchen, aber millionenfach verkauft werden, zusätzlich Strom zu sparen, um in der Summe den Verbrauch deutlich zu reduzieren.
"Wir wussten ja auch vor zehn Jahren schon, dass wir ein Problem haben und man kann mit sehr einfachen Mitteln kosteneffizient Energie sparen – und damit CO2 einsparen, und deswegen fand ich es wichtig, dass wir diese Möglichkeiten europaweit nutzten."
Eine zerbrochene 40-Watt-Glühbirne leuchtet am 23.08.2012 in Schwerin noch einmal kurz auf, bevor der Glühfaden verbrennt (gestellte Aufnahme). Vom 1. September an dürfen die stromfressenden Glühbirnen nicht mehr in den Handel kommen. 
Ende der Glühbirne ab 1. September (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
Der Umweltpolitiker Peter Liese, CDU, hat als Europaabgeordneter an der Gesetzgebung mitgearbeitet. Das Ziel: Fast 40 Terawattstunden Strom einzusparen. Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch Rumäniens.
Doch dass es überhaupt zu dem Glühlampen-Aus kam, dafür soll sich Sigmar Gabriel stark gemacht haben. Denn als die Ökodesignrichtlinie 2005 in Kraft trat, standen Glühlampen noch gar nicht im Fokus. Das passierte erst 2007.
Da hatte die Bundesregierung die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Sigmar Gabriel, zu diesem Zeitpunkt für die SPD Umweltminister – habe sich mit dem Verbot profilieren wollen, heißt es. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese:
"Na, was heißt profilieren. Er hat sich dafür eingesetzt. Sigmar Gabriel war Umweltminister und dafür zuständig und Angela Merkel Kanzlerin und somit für alles zuständig. Und die Entscheidung fiel tatsächlich bei den Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfel unter Leitung von Angela Merkel."
Kritik an EU-Verordnung kam spät
Der Europäische Rat drückte aufs Tempo und bat die EU-Kommission, schnell Vorschläge unter anderem für strengere Energieeffizienzvorgaben bei Glühlampen vorzulegen. Auch das EU-Parlament war dafür. Doch kurz bevor die EU-Kommission Mitte März 2009 die Verordnung dann verabschieden wollte, stellten sich deutsche Abgeordnete von Union und FDP quer. Wortführer war damals Herbert Reul von der CDU. Der heutige Innenminister von Nordrhein-Westfalen leitete vor zehn Jahren den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie im Europaparlament. Warum aber kam seine Kritik kurz vor knapp. Hatte er die Entwicklungen verschlafen?
"Nee, verschlafen vielleicht nicht. Aber es ist was dran, es kam spät. Es war schon weit vorangetrieben. Aber das ist dann eben diese Brüsseler Politik, die dann in den - wir haben immer gesagt: ‚Hinterzimmern‘, also in den Fachkreisen - das alles vorbereitet und vorgeplant hat, aber ein Parlamentarier kann erst dann einsteigen, wenn er es auf dem Tisch hat."
Reul und andere Abgeordnete wehrten sich vor allem gegen das sogenannte Komitologieverfahren. Vereinfacht bedeutet dies, dass Kommission und Rat, ohne Rückkopplung mit dem Parlament, über grundsätzliche Bestimmungen entscheiden und die Ausführung dann Fachausschüssen und beratenden nationalen Fachexperten übertragen können. Peter Liese hält dagegen:
"Es war zu keinem Zeitpunkt geheim, jeder der es wissen wollte, konnte auch wissen, dass die EU an diesen Maßnahmen arbeitet und dass das auch ganz transparent und entsprechend der Regeln abgelaufen ist."
Der Streit in den Reihen der Union war heftig. Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold erinnert sich:
"Die haben sich die Augen ausgekratzt, absolut abgründig."
Umweltpolitiker Peter Liese formuliert es sachlich: "Ich habe mich damals rückgekoppelt, als der Gegenwind kam, steht die Kanzlerin zu ihrem Wort? Und die Rückmeldung war ganz klar, das tut sie. Und da kann man sich in der CDU nicht einsam fühlen, wenn man die Kanzlerin auf seiner Seite hat."
Herbert Reul (CDU): "Der große Profiteur hieß Osram"
Herbert Reul weicht aus: "Der große Streit war eigentlich zwischen Grünen, Linken und uns. Und es gab bei uns ein paar Vereinzelte, die auf der Seite der anderen mitgekämpft haben, das ist wahr. Aber es gab keine Mehrheitschance im Parlament. Der große Profiteur hieß Firma Osram damals. Die hatten damit einen neuen Markt, wo sie mit neuen Produkten wieder bei Null anfangen konnten, es war genial."
Der Vorwurf, die Industrie hätte sich bereichern wollen mit dem Verbot, war damals oft zu hören. Gerade weil ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt auch noch die Preise für Energiesparlampen stiegen. Jürgen Waldorf, Lichtexperte beim Elektroverband ZVEI, weist diese Kritik zurück:
"Wo eine Produktion nicht mehr möglich ist, müssen Sie Werke schließen, das heißt, Sie müssen auch an anderer Stelle oder vielleicht auch im gleichen Werk umorganisieren, die Mitarbeiter mitnehmen, schulen, also das war schon ein großer Kraftakt für die Hersteller."
"Ich habe nicht bestritten, dass die Glühbirne verschwenderisch ist. Ich bin nur dagegen, dass die Politik vorschreibt, was wir zu tun haben, im Sinne von: Glühbirne raus. Für mich war das die Spitze des Eisberges – und es hat sicherlich dazu beigetragen, dass die europäische Politik bei den Menschen außerordentlich beliebt war." meint Herbert Reul ironisch. Er ist überzeugt: Mit dem Glühlampen-Verbot hat die EU-Skepsis überhaupt erst begonnen. Neben der Profitgier der Hersteller war das das Hauptargument der Kritiker.
Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold regt sich heute noch auf, wenn er an Herbert Reuls Argumente denkt:
"Der dachte, man kriegt mehr Stimmen im Europaparlament, wenn man solche Kampagnen fährt. Und ich glaube, es ist genau umgekehrt. Wenn man solche Kampagnen fährt, wählen die Leute irgendwann nicht mehr die pro-europäischen Parteien. Also das ärgert mich wirklich."
Kam die Verordnung für das Glühlampen-Aus also zu früh? Hätte man den ganzen Streit vermeiden können, wenn die Lichtindustrie wirklich soweit gewesen wäre, angemessenen Ersatz zur Glühbirne zu liefern?
Peter Liese, CDU, meint heute: Ja. Schließlich gebe es viele Bereiche, in denen Ökodesign durchaus helfe, Strom zu sparen:
"Dass man erst einmal den Menschen dran gewöhnt, hier gibt es eine neue Technik, die wird implementiert, und wir sparen dadurch sehr viel Geld und Energie. Und dann die Glühbirne, in einem zweiten oder dritten Schritt zu beschließen. Das wäre angemessen gewesen, aber das ist gemessen an dem großen Erfolg, den wir insgesamt haben, eine Fußnote mittlerweile."
Auch der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold ist vom Erfolg der Verordnung überzeugt - hält aber nach wie vor auch den Zeitpunkt für richtig:
"Nur durch die klaren europäischen Vorgaben kam es zu dieser Innovation. Und ohne das damalige Verbot hätten wir heute nicht die LED-Lampen und heute alle zufrieden."
Verbraucher kaufen re-importierte Glühlampen
Totgesagte leben länger. Zum Beispiel im Kölner Stadtteil Deutz, im Beleuchtungsfachgeschäft Bodewig:
"Ich lass mir von der EU nicht vorschreiben, wie ich mein Heim zu gestalten habe, denn ich bin der Meinung, die Glühlampe hat zwar Wärmeentwicklung, aber für die Seele gibt sie auch eine Wärme ab. Und die brauche ich persönlich. In meiner Wohnung ist keine einzige Energiesparlampe."
Ein Schild weist in einem Baumarkt in Stuttgart auf den Abverkauf von 100-Watt-Glühbirnen zum Sonderpreis hin.
Ein Schild weist in einem Baumarkt in Stuttgart auf den Abverkauf von 100-Watt-Glühbirnen zum Sonderpreis hin (AP)
Und in Pia Bodewigs Geschäft liegt die neueste Lampentechnik auch nur in einem unscheinbaren Regal hinter der Ladentür. Die 58-Jährige führt das Geschäft in dritter Generation. Das große Regal hinter der Verkaufstheke gehört den Glühlampen.
"25 Watt, 40 Watt, 60 Watt, 75 Watt, 100 Watt, in großer Fassung, in klar und in mattiert."
Eigentlich alles verboten. Und doch auch wieder nicht. Die Verordnung gestattet nämlich Händlern wie den Bodewigs, dass sie Lagerbestände abverkaufen dürfen.
Kundin: "Ich hätte gerne eine Birne. Ich habe die mal mitgebracht. Das hat ein Geräusch gemacht, als die kaputt ging!"
Bodewig: "War das ein Kurzschluss?"
Kundin: "Nein, nur die Birne war kaputt. Da hätte ich gerne zwei."
Bodewig: "Die normalen Glühlampen mit 100 Watt. Das gute Licht."
Rein logisch betrachtet, müssten die Restbestände doch längst aufgebraucht sein:
"Also, wir haben uns hier im Laden natürlich auch eingedeckt, bekamen auch noch geliefert, war irgendwo auch immer ein Re-import. Aber das war mir dann egal, wo die her kamen, Hauptsache, wir bekamen die Glühlampen."
Obwohl verboten, kommen heute noch Unmengen an Glühlampen in die EU, zu bestellen im Internet. Produziert werden sie in der Ukraine, in Belarus und China. Die deutsche Umwelthilfe kritisiert das scharf. Philipp Sommer:
"Die Behörden kontrollieren es nicht, und am Ende ist es ja auch gar nicht so einfach, weil dem Unternehmen nachzuweisen, dass es jetzt keine Lagerbestände mehr sind, von außen eben, ist relativ schwierig. Und das bedeutet eben dann auch, dass dieses Gesetz dann auch ein massives Schlupfloch hatte."
EU-Politiker: LED stehe in Sachen warmes Licht kaum nach
Der grüne Europapolitiker Sven Giegold: "Ich finde jede Umgehung von einem Gesetz natürlich grundsätzlich schlecht, aber ich glaube, dass dieses Schlupfloch wahrlich nicht das größte Umweltproblem in Europa ist."
Giegold ist überzeugt: Die Glühlampen werden sich von selbst erledigen. Zwar waren die ersten Alternativen mit der Energiesparlampe nicht attraktiv, doch die sind mittlerweile kein Thema mehr. Längst ist der Marktführer die LED – und die stehe in Sachen warmes Licht kaum noch nach. Das sagt auch Jürgen Waldorf vom Elektroverband ZVEI. Trotzdem: Einfach blind ins Lampen-Regal greifen, geht nicht mehr:
"Dann habe ich nicht mehr nur eine Lampe, die ich eins zu eins ersetze, sondern dann gehe ich in den Bereich von Lampen, die sich entsprechend ansteuern lassen. Also, da sind viel mehr Möglichkeiten, aber man muss sich in der Tat auch damit beschäftigen."
Einzig die feste Verbindung zwischen Lampe und Leuchtmittel ist bei der LED noch ein Problem. Denn anders als bei der Glühlampe, die man austauschen konnte, bauen Hersteller heute das Licht fest ein. Geht eine Leuchtdiode kaputt, ist meist die ganze Lampe nicht mehr zu gebrauchen – und wandert in den Müll, was die deutsche Umwelthilfe stark kritisiert. Jürgen Waldorf vom Elektroverband ZVEI verweist auf die Zukunft:
"Es gibt immer mehr Leuchtenhersteller, die bieten dafür Ersatzteile an, die getauscht werden können, und da kann ich dem Verbraucher nur raten: Fragen Sie bei einem Kauf der Leuchte nach, ob es für das gesuchte Modell Ersatzteile gibt und wer gegebenfalls diese Leuchte reparieren kann."
Neue Ökodesignrichtlinie mit Schwachstellen
In den kommenden Wochen will die EU eine neue Ökodesign-Richtlinie vorlegen. Die neue Verordnung soll die bisherigen Maßnahmen bündeln – und auch die Recycling- und Reparierfähigkeit von Produkten aufnehmen. Christoph Mordziol vom Umweltbundesamt kritisiert aber, dass die EU-Kommission – wie auch vor zehn Jahren schon – bei der neuen Verordnung wieder nur die Kenngröße Lumen/Watt als Entscheidungsgrundlage wählt, ob ein Produkt am Markt bestehe oder nicht. Also das Verhältnis von Helligkeit zu Elektroleistung der Lampen. Zwar sei Helligkeit ein wichtiger Punkt, aber eben nicht alles:
"Die LED-Technik hat Vor- und Nachteile. An manchen Stellen ist sie sehr gut, ja, das Beste, was es gibt. Aber bei anderen Anwendungen, also hohe Temperaturen im Backofen oder der Industrie, chemisch-aggressive Atmosphäre, Ammoniak im Schweinestall, Säuren, Laugen in der Industrie und dergleichen mehr, da ist es halt sehr kritisch für die LED."
Da müsse man berücksichtigen, dass die zum Teil überhaupt nicht den Nutzen bringen könne – und andere Maßstäbe ansetzen. Maßstäbe, die in der neuen Ökodesignrichtlinie der EU aber kaum berücksichtigt seien:
"Das Ziel der neuen Verordnung ist wieder, Stromverbrauch zu verringern. Und das soll vor allem dadurch erreicht werden, dass der Markt durch eine Lampe getränkt wird, die in sehr vielen Bereichen das Rückgrat der allgemeinen Beleuchtung darstellt."
So soll die Lichtdiode ab 2023 gängige Leuchtstoffröhren ersetzen, die heute nicht nur im Foyer des Wallraff-Richartz-Museum brennen, sondern auch in Schweineställen, Schwimmbädern oder Fertigungshallen:
"Da sinkt die Effizienz der LED beziehungsweise die Lebensdauer teilweise dramatisch und die Betreiber stehen dann etwas nackt da, weil sie nicht unbedingt Ersatz haben."
Sparsamere Geräte, doch stärkerer Gebrauch
Alles in allem: Hat das Aus der Glühbirne etwas gebracht? Ja, natürlich, sagt Christoph Mordziol vom Umweltbundesamt. Die EU-Kommission geht davon aus, dass schon heute in Haushalten europaweit zwei Prozent mehr Strom eingespart werden als ursprünglich bis 2020 geplant, nämlich 22 Prozent. Doch Mordziol selbst ist mit Zahlen zurückhaltender:
"Die Entwicklung lief ja in zwei Punkten anders als angenommen. Zum einen haben Verbraucher in einigen Ländern Lampen gehortet. Da ist der Stromverbrauch nicht so sehr gesunken, wie man erhofft hatte. Und zum anderen kam ja, durch diese Verordnung bedingt, die LED-Technik stärker auf den Markt, was dann an dieser Stelle eine größere Stromverbrauchsminderung gebracht hat."
Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe hält sich ebenfalls mit Zahlen zurück. Denn auch eine weitere Entwicklung wurde 2009 nicht berücksichtigt: Zwar wurden die Geräte sparsamer, dafür werden aber auch viel mehr eingesetzt. Mehr Tablets, Smartphones, mehr Fernseher - und Neubauten haben dank der neuen Technik umfassende Lichtkonzepte. "Rebound-Effekt" nennt man das:
"Dann kann es am Ende für die Umwelt schlimmer sein und deswegen reichen reine Effizienzvorgaben überhaupt nicht aus, sondern wir müssen beim absoluten Konsum ansetzen, und da dafür sorgen, dass Elektrogeräte möglichst langlebig, reparierbar, und auch sparsam sind."
Forderungen, die auch Marcus Dekiert, Direktor des Kölner Wallraff-Richartz-Museum teilt. Und trotzdem freut er sich, dank der LED wieder entspannt in die Zukunft zu schauen: