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Griechenland
Die Lösung lässt noch auf sich warten

Reformvorschläge aus Griechenland liegen vor - aber die reichen den Geldgebern nicht aus. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker setzt dennoch auf eine Einigung in dieser Woche. Doch während Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras in Brüssel gelobt wird, gerät er in Athen in Bedrängnis.

23.06.2015
    Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras
    Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras (dpa / picture-alliance / Thierry Roge)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montagabend nach einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs aus der Euro-Zone in Brüssel, sie hoffe, dass nach dem für Mittwochabend anberaumten nächsten Treffen der Finanzminister der Eurogruppe Ergebnisse verkündet werden können. Am Donnerstag und Freitag kommt dann der reguläre EU-Gipfel mit 28 Staats- und Regierungschefs zusammen. Zuvor hatten sich am Montagnachmittag bereits die Finanzminister der Euro-Länder vertagt.
    Merkel erhöhte noch einmal den Druck auf die Regierung in Athen. Sie sah in den Brüsseler Verhandlungen zwar einen "gewissen Fortschritt", "aber es ist auch klar geworden, dass noch sehr viel Arbeit zu leisten ist, und dass die Zeit dafür sehr kurz ist". Mögliche Ergebnisse des Eurogruppen-Treffens am Mittwoch müssten dann Grundlage der Beratungen des EU-Gipfels sein. "Es stehen Stunden intensivster Beratungen vor uns." Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte: "Ich bin überzeugt davon, dass wir zu einer abschließenden Einigung im Laufe dieser Woche kommen, aus dem einfachen Grund, dass wir diese Woche eine Einigung finden müssen."
    Griechenland zu Zugeständnissen bereit
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Tsipras sagte nach den vierstündigen Beratungen: "Unser Vorschlag ist akzeptiert worden als Basis für Gespräche." Notwendig sei ein umfassendes Programm, das Griechenland wirtschaftlich "lebensfähig" mache. Allgemein wurden die neuen griechischen Zugeständnisse positiv aufgenommen. Der Europaabgeordnete der Grünen, Sven Giegold, fürchtet jedoch einen Schritt zurück für die griechische Wirtschaft. "Wenn man mit Ansage in einer Wirtschaft, die stagniert, so stark kürzt und Steuern erhöht, dann wird das einen neuen Einbruch in der Wirtschaft erzeugen", sagte er im Deutschlandfunk. Er fürchtet die Notwendigkeit neuer Hilfen zu einem späteren Zeitpunkt.
    Athen ist laut Regierungskreisen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen. Unternehmen, die 2014 mehr als 500.000 Euro Gewinn machten, sollen Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Die Regierung will die umstrittenen Rüstungsausgaben zudem um 200 Millionen Euro zusammenstreichen. Rentenkürzungen soll es aber nicht geben. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, sieht allerdings noch Handlungsbedarf. Die neuen Vorschläge Athens seien zu unspezifisch, sagte sie.
    Syriza - eine zersplitterte Fraktion
    In der griechischen Hauptstadt demonstrierten am Sonntagabend Tausende gegen die Sparpolitik und für eine harte Haltung gegenüber den Gläubigern. Am Montag gingen die Befürworter eines Verbleibs in der Euro-Zone auf die Straße. Tsipras hatte nach seinem Wahlsieg zu Beginn des Jahres ein
    Griechische Bürger demonstrieren am Montag (22.06.2015) in Athen für einen Verbleib ihres Landes im Euro.
    Griechische Bürger demonstrieren am Montag (22.06.2015) in Athen für einen Verbleib ihres Landes im Euro. (dpa / picture-alliance / Yannis Kolesidis)
    Ende "der Erniedrigung Griechenlands" versprochen .
    Seinen Wahlversprechen folgen nun aber möglicherweise die eher gegenteiligen Einschnitte, die Tsipras in Brüssel bieten musste. Mitglieder der griechischen Regierungspartei Syriza haben daher bereits Widerstand gegen die von Tspiras vorgelegten Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen angekündigt. Der Regierungschef gerät zu Hause unter Druck, er könnte eine Mehrheit für die Maßnahmen verpassen. Doch er kann sich wohl auf die Hilfe seiner innenpolitischen Gegner in den alten Großparteien verlassen, sagte der frühere griechische Außenminister Dimitrios Droutsas im Deutschlandfunk.
    Dax legt zu, EZB erweitert den finanziellen Spielraum
    Deutlich positivere Reaktionen gibt es von den Börsen und Banken: Am Morgen legte der Dax zunächst um 0,74 Prozent auf 11.544,87 Punkte zu.
    Die Europäische Zentralbank (EZB) erweiterte laut Bankkreisen derweil den finanziellen Spielraum für griechische Banken ein weiteres Mal. Es ist bereits das vierte Mal seit vergangenem Mittwoch, dass der Rahmen für die sogenannten ELA-Notkredite angehoben wird, um dem massiven Abheben von Bargeld durch griechische Bankkunden zu begegnen. Die Höhe der Anhebung wurde zunächst nicht bekannt. Das ELA-Programm ist derzeit die zentrale Finanzierungsquelle für die Banken in Griechenland.
    (nch/bor)