Georg Ehring: Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel bleibt bei seiner Forderung nach einem Verkaufsstopp für E10-Super, das zehn Prozent Ethanol vom Acker enthält. Begründung: die weltweite Knappheit an Getreide, aktuell verursacht vor allem durch die Dürre in den USA, aber auch in anderen wichtigen Anbaugebieten. Die Biokraftstoffindustrie nimmt für sich bekanntlich in Anspruch, mit ihren Produkten einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Telefonisch bin ich verbunden mit Elmar Baumann, dem Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie. Guten Tag, Herr Baumann!
Elmar Baumann: Guten Tag, Herr Ehring!
Ehring: Herr Baumann, sollte man die Ackerflächen, die für Autotreibstoffe verwendet werden, nicht besser zur Erzeugung von Lebensmitteln nutzen? Brotgetreide ist momentan so teuer wie nie zuvor.
Baumann: Das geschieht bereits. Es ist so, dass bei der Bioethanol-Herstellung immer auch ein großer Anteil an eiweißreichem Futtermittel für die Tierernährung produziert wird. Aus dem Korn beim Weizen wird also etwa ein Drittel Futtermittel produziert. Jeder Acker trägt damit also direkt zur menschlichen Ernährung bei.
Ehring: Können Sie das ein bisschen näher erläutern? Wie wird Bioethanol bei uns erzeugt?
Baumann: Die Rohstoffe, die wir in Deutschland verwenden, sind etwa zu zwei Dritteln Getreide – das ist Roggen, Weizen, Gerste – und etwa zu einem Drittel Zuckerrüben. Die Getreidefrucht enthält einen Energieanteil, also einen Stärkeanteil. Stärke sind längere Ketten von Zuckermolekülen. Diese Stärke wird herausgeholt, verzuckert, also in die einzelnen Zuckerbausteine aufgelöst, und dann vergoren von Mikroorganismen zu Ethanol. Der Anteil, der aus Eiweiß besteht, wird abgeschieden und wird dann mit der sogenannten Schlempe, also dem Rest aus der Gärung, aufbereitet und kann als Tierfuttermittel verwendet werden.
Ehring: In welchem Umfang passiert das tatsächlich?
Baumann: Das ist der überwiegende Teil der deutschen Bioethanolproduktion, der so auch zur Futtermittelproduktion beiträgt. Insofern ist die Forderung von Herrn Niebel, die er heute wiederholt hat, ein Zeichen davon, wie wenig Sachkenntnis er besitzt. Er sollte das aus seinem Haus eigentlich besser bekommen.
Ehring: Aber es bleibt doch dabei: Die Produktion von Bioethanol verdrängt Ackerflächen? Die könnte man ja sonst möglicherweise intensiver nutzen, zur Produktion zum Beispiel auch von Tierfutter.
Baumann: Die historische Entwicklung zeigt, dass man das etwas genauer angucken muss. In Europa hatten wir bis in die 90er-Jahre hinein eine massive Überproduktion mit Bergen von Getreide, mit Seen von Milch und so weiter. Diese Produkte aus der EU, aber in ähnlichem Maße auch aus den USA sind damals subventioniert zu Dumping-Preisen auf die afrikanischen Märkte geworfen worden, haben die dortige heimische Landwirtschaft nachhaltig ruiniert – ganz einfach, weil der einheimische Bauer zu diesen Billigpreisen überhaupt nicht herstellen konnte -, zum Teil verschenkt. Das heißt, er ist abgewandert in die Städte, fristet da ein eher klägliches Dasein. Nun haben wir Ende der 90er-Jahre in der EU daraus gelernt und haben diese Überproduktion in einen anderen sinnvollen Verwendungszweck gelenkt, nämlich die Produktion von Biokraftstoffen. Damit verklappen wir nicht mehr unsere Überschüsse in Entwicklungsländer, sondern ermöglichen damit eine heimische Wertschöpfung.
Ehring: Aber die Zeit der Verklappung ist doch längst vorbei, es herrscht weltweit eine Knappheit auch an Getreide.
Baumann: Diese Knappheit ist jetzt kurzfristig durch klimatische Effekte hervorgerufen worden, das ist richtig. Aber das kann kein Weg sein, um den Hunger weltweit zu bekämpfen. Dazu hat auch die Welthungerhilfe beispielsweise Stellung genommen in diesem Sinne. Dazu brauchen sie andere Mittel. Hunger entsteht nicht durch Biokraftstoffe, sondern im wesentlichen durch Armut, weil es in den Entwicklungsländern nicht möglich ist, mit den dort erzielbaren Einnahmen aus der Landwirtschaft ein Auskommen zu haben. Zwei Drittel der Hungernden weltweit leben im ländlichen Raum.
Ehring: E10 wird oft als Feigenblatt bezeichnet für mangelnden Fortschritt in der Motortechnik. Durch die Zulassung von Biokraftstoff haben die Autohersteller Rabatt bekommen bei ihren CO2-Zielen. Lassen Sie sich da missbrauchen?
Baumann: Das ist eine etwas einseitige Sichtweise. Es ist doch so: Wir brauchen beide Teile, sozusagen die zwei Zahnräder, die ineinander greifen, zum einen die Verbrauchsreduzierung, durch kleinere Motoren, effizientere Fahrzeuge, auch andere Maßnahmen, Verkehrslenkung und so weiter, die insgesamt zu einer Senkung des Energieverbrauchs in dem Verkehrssektor beitragen. Und das andere Zahnrad, das sind Biokraftstoffe, das heißt erneuerbare Energie als Ersatz für immer schädlichere fossile Kraftstoffe. Und diese beiden Zahnräder greifen ineinander, also nicht entweder oder, sondern das eine tun und das andere nicht lassen.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Elmar Baumann, der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Elmar Baumann: Guten Tag, Herr Ehring!
Ehring: Herr Baumann, sollte man die Ackerflächen, die für Autotreibstoffe verwendet werden, nicht besser zur Erzeugung von Lebensmitteln nutzen? Brotgetreide ist momentan so teuer wie nie zuvor.
Baumann: Das geschieht bereits. Es ist so, dass bei der Bioethanol-Herstellung immer auch ein großer Anteil an eiweißreichem Futtermittel für die Tierernährung produziert wird. Aus dem Korn beim Weizen wird also etwa ein Drittel Futtermittel produziert. Jeder Acker trägt damit also direkt zur menschlichen Ernährung bei.
Ehring: Können Sie das ein bisschen näher erläutern? Wie wird Bioethanol bei uns erzeugt?
Baumann: Die Rohstoffe, die wir in Deutschland verwenden, sind etwa zu zwei Dritteln Getreide – das ist Roggen, Weizen, Gerste – und etwa zu einem Drittel Zuckerrüben. Die Getreidefrucht enthält einen Energieanteil, also einen Stärkeanteil. Stärke sind längere Ketten von Zuckermolekülen. Diese Stärke wird herausgeholt, verzuckert, also in die einzelnen Zuckerbausteine aufgelöst, und dann vergoren von Mikroorganismen zu Ethanol. Der Anteil, der aus Eiweiß besteht, wird abgeschieden und wird dann mit der sogenannten Schlempe, also dem Rest aus der Gärung, aufbereitet und kann als Tierfuttermittel verwendet werden.
Ehring: In welchem Umfang passiert das tatsächlich?
Baumann: Das ist der überwiegende Teil der deutschen Bioethanolproduktion, der so auch zur Futtermittelproduktion beiträgt. Insofern ist die Forderung von Herrn Niebel, die er heute wiederholt hat, ein Zeichen davon, wie wenig Sachkenntnis er besitzt. Er sollte das aus seinem Haus eigentlich besser bekommen.
Ehring: Aber es bleibt doch dabei: Die Produktion von Bioethanol verdrängt Ackerflächen? Die könnte man ja sonst möglicherweise intensiver nutzen, zur Produktion zum Beispiel auch von Tierfutter.
Baumann: Die historische Entwicklung zeigt, dass man das etwas genauer angucken muss. In Europa hatten wir bis in die 90er-Jahre hinein eine massive Überproduktion mit Bergen von Getreide, mit Seen von Milch und so weiter. Diese Produkte aus der EU, aber in ähnlichem Maße auch aus den USA sind damals subventioniert zu Dumping-Preisen auf die afrikanischen Märkte geworfen worden, haben die dortige heimische Landwirtschaft nachhaltig ruiniert – ganz einfach, weil der einheimische Bauer zu diesen Billigpreisen überhaupt nicht herstellen konnte -, zum Teil verschenkt. Das heißt, er ist abgewandert in die Städte, fristet da ein eher klägliches Dasein. Nun haben wir Ende der 90er-Jahre in der EU daraus gelernt und haben diese Überproduktion in einen anderen sinnvollen Verwendungszweck gelenkt, nämlich die Produktion von Biokraftstoffen. Damit verklappen wir nicht mehr unsere Überschüsse in Entwicklungsländer, sondern ermöglichen damit eine heimische Wertschöpfung.
Ehring: Aber die Zeit der Verklappung ist doch längst vorbei, es herrscht weltweit eine Knappheit auch an Getreide.
Baumann: Diese Knappheit ist jetzt kurzfristig durch klimatische Effekte hervorgerufen worden, das ist richtig. Aber das kann kein Weg sein, um den Hunger weltweit zu bekämpfen. Dazu hat auch die Welthungerhilfe beispielsweise Stellung genommen in diesem Sinne. Dazu brauchen sie andere Mittel. Hunger entsteht nicht durch Biokraftstoffe, sondern im wesentlichen durch Armut, weil es in den Entwicklungsländern nicht möglich ist, mit den dort erzielbaren Einnahmen aus der Landwirtschaft ein Auskommen zu haben. Zwei Drittel der Hungernden weltweit leben im ländlichen Raum.
Ehring: E10 wird oft als Feigenblatt bezeichnet für mangelnden Fortschritt in der Motortechnik. Durch die Zulassung von Biokraftstoff haben die Autohersteller Rabatt bekommen bei ihren CO2-Zielen. Lassen Sie sich da missbrauchen?
Baumann: Das ist eine etwas einseitige Sichtweise. Es ist doch so: Wir brauchen beide Teile, sozusagen die zwei Zahnräder, die ineinander greifen, zum einen die Verbrauchsreduzierung, durch kleinere Motoren, effizientere Fahrzeuge, auch andere Maßnahmen, Verkehrslenkung und so weiter, die insgesamt zu einer Senkung des Energieverbrauchs in dem Verkehrssektor beitragen. Und das andere Zahnrad, das sind Biokraftstoffe, das heißt erneuerbare Energie als Ersatz für immer schädlichere fossile Kraftstoffe. Und diese beiden Zahnräder greifen ineinander, also nicht entweder oder, sondern das eine tun und das andere nicht lassen.
Ehring: Herzlichen Dank! – Das war Elmar Baumann, der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.