Donnerstag, 25. April 2024

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Deep Purple
Eine Feuer-Katastrophe als musikalische Inspiration

"Smoke on the water" ist der Welthit von Deep Purple. Geschrieben hat die Band das Lied vor 50 Jahren, direkt nachdem eines ihrer Konzerte von einem Brand jäh beendet worden war. Der Song schaffte es im letzten Moment auf das neue Album der Band.

Von Karl Lippegaus | 04.12.2021
Eine Trommel mit der Aufschrift "Deep Purple"
Nach der Brand-Katastrophe ging es mit der Karriere der Band bergauf (picture alliance / AP Photo)
Es ist eine der bekanntesten Stories der Rock-Geschichte. Der Veranstalter des Montreux-Festivals, Claude Nobs, hatte Deep Purple eingeladen, bevor das alte Casino am Genfer See in die Winterpause ging, um dort nochmal ein letztes Konzert zu geben.
Deep Purple saßen im Publikum, als vor etwa 2000 Leuten Frank Zappa’s Mothers of Invention auf der Bühne waren, an jenem 4. Dezember 1971. Die Besitzer des Casinos hatten die Türen mit Ketten verschließen lassen, weil immer noch mehr junge Fans hereinwollten. Als das Synthesizersolo in „King Kong“, der Zugabe Frank Zappas, ertönte, schoss ein Zuschauer in die Holzdecke des Casinos eine Leuchtpistole ab, und es kam zu einem Kurzschluss.

Ruhe auf der Bühne, Panik im Publikum

Der Deep Purple-Bassist Roger Glover hatte mit eigenen Augen gesehen, was passiert war: „Ein Gentleman von orientalischer oder asiatischer Herkunft hatte das brennende Geschoß abgefeuert. Das ganze Dach geriet in Brand, und alles ging in Flammen auf. Ich schaute auf die Band und alle blickten zu den Ausgängen, dann hörte ich ein krachendes Geräusch, das Gebäude brannte lichterloh. Ich wartete sieben Minuten und ging wie die anderen ziellos nach draußen. Ein paar Minuten später war alles verbrannt.“
Die Band sah, wie die Funken sprühten, aber noch sah es nicht gefährlich aus und sie spielten weiter, während im Publikum eine Panik ausbrach. Einige Zuschauer versuchten, die Bühne zu stürmen. Alle rannten weg, in wenigen Minuten wurde das gesamte Gebäude evakuiert. Die brennende Balustrade war auf einige Sitzreihen gestürzt, und die alte Holzkonstruktion brannte bis auf die Grundmauern ab.
Deep Purple hatten geplant, unter quasi Livebedingungen ihr neues Album aufzunehmen, doch das Feuer vereitelte erstmal ihre Pläne.

Feuer als Inspiration

Dann fand der Veranstalter Claude Nobs für sie ein altes Theater in der Innenstadt, Le Pavillon, mit dem verblichenen Charme eines Ballsaales. Dort entstand nach dem Feuer der populärste aller Deep Purple-Hits.
Der Gitarrist Ritchie Blackmore hatte das Riff gefunden. Aber erst nach Mitternacht war das Arrangement fertig, ein paar Takes wurden aufgenommen. Es schallte weit durch die kleine Stadt am Genfer See, bis sich die Nachbarn über den nächtlichen Lärm beschwerten.
Die Roadies von Deep Purple hörten die Polizei anrücken und stemmten sich gegen die Türen, damit drinnen weitergearbeitet werden konnte. Als die Instrumentalfassung im Kasten war, gingen die Türen auf und die Polizei suchte nach Verantwortlichen für den Lärm.
Der Bassist Roger Clover spielt auf der Bühne.
Der Bassist Roger Clover sagt, er habe die zentrale Zeile des Refrains im Traum gemurmelt (picture alliance/AP Photo)
Bassist Roger Glover erzählte später, er habe nachts von einem Feuer geträumt und „Smoke on the water“ im Traum gemurmelt. Es wurde der Refrain für den Song über das Desaster, zu dem Deep Purple-Sänger Ian Gillan den Text schrieb.
Ursprünglich sollte „Smoke on the Water“ nicht zum neuen Deep Purple-Album gehören. Die Band schickte dem Veranstalter Claude Nobs eine Kassette, um seine Meinung einzuholen. Nobs war begeistert und meinte, dieser Song müsse unbedingt mit drauf auf die Platte. Monate vergingen, bis das neue Werk mit dem Titel „Machine Head“ endlich erschien und Deep Purple ihre erste Amerika-Tournee verschaffte – nicht zuletzt dank „Smoke on the Water“.