"Ich kenn Peter als jemand, der bis in die Haarspitzen überzeugt ist von dem was er tut./Also er ist ein sehr ruhiger Mensch, der diese Ruhe auch ausstrahlt./Auch jemand, der nicht immer im Vordergrund stehen muss, der auch die leisen Töne beherrscht./Er lebt einfach diesen Frieden und die Gewaltlosigkeit", sagen Peter Steudtners Freunde und Bekannte.
Pfarrer Christian Zeiske steht vor seinem Gotteshaus, der evangelischen Gethsemanekirche. An das Gitter vor dem dunkelroten Backsteinbau hat jemand Zettel gehängt. "Wir beten für Peter und seine Familie", ist dort zu lesen. Und: "Wir fordern die sofortige Freilassung von Peter Steudtner und allen politisch Inhaftierten in der Türkei."
"In allem sucht er einen Weg des Friedens, der Verständigung, auch der Heiterkeit, er ist ein sehr fröhlicher Mensch, auch mit sehr viel Selbstironie, das ist das, was ihn wertvoll macht, und so absurd, ihm Terrorismus vorzuwerfen."
Keiner war im Vorfeld der Reise beunruhigt
Peter Steudtner hat sich in der Gemeinde ehrenamtlich um die Kinder- und Jugendarbeit gekümmert, als Mediator wurde er oft gerufen, wenn Konflikte zu lösen, wenn Streit zu schlichten war. Der 45-jährige Vater von zwei Kindern hat Politologie an der Freien Universität Berlin studiert, danach für verschiedene Entwicklungshilfeorganisationen unter anderem in Mosambik gearbeitet. Seine Reise in die Türkei hatte niemanden seiner Freunde beunruhigt:
"Ich denke, dass er schon in Situationen war, die er als sehr viel gefährlicher eingeschätzt hat, er hat sich sehr für Kindersoldaten in Mosambik eingesetzt./Er ist einfach so der Typ, der hingeht, wenn er gerufen wird, auch, wenn es da ein bisschen heiß ist./Also ich denke, dass es absolut richtig war, da hinzufahren, weil zum einen sagt Erdogan selber, sie sind eine Demokratie und warum soll man eine Demokratie nicht bereisen. Es zeigt sich jetzt, dass es anders ist", sagen sie.
Hannah-Maria Liedtke und viele andere wollen nach dem Gottesdienst nicht sofort nachhause gehen. Sie sind empört, wütend, fühlen sich gleichzeitig hilflos. Auf dem Altar brennt eine Kerze für Peter Steudtner. Wir sollten jetzt öffentlich klarmachen, was uns die Demokratie wert ist, sagt Hannah-Maria Liedtke überzeugt:
"Ist Meinungsfreiheit uns etwas wert, ist uns Pressefreiheit etwas wert, ist uns Versammlungsfreiheit etwas wert, was sind wir bereit, dafür zu tun, und was ich ganz wichtig finde, ist, dass wir uns nicht spalten lassen in Christen und Muslime, in Deutsche und Türken, weil es zu schnell geht zu sagen, ihr und wir."
Gethsemanekirche öffnet ihre Türen für alle
Meinungsfreiheit, Versammlungsfreit, Pressefreiheit - vielleicht ist es kein Zufall, dass Peter Steudtner in einer Gemeinde aktiv ist, die schon zu DDR-Zeiten für diese demokratischen Werte stand. Die Gethsemanekirche öffnete ihre Türen für die Opposition. Hier waren Marianne Birthler und Ulrike Poppe aktiv.
Ein Segen für uns Bürgerrechtler war das Kontakttelefon, das die Gemeinde uns zur Verfügung gestellt hat, erzählt Reinhard Weißhuhn, der in der DDR mehrfach verhaftet wurde. Mit dem Finger zeigt er auf die Straßenkreuzung vor der Kirche.
"Also ich bin mal, zum Beispiel hier drüben vor einer versammelten Menge aus dem Autor heraus verhaftet worden, so eine Show-Verhaftung war das, mit quietschenden, kreischenden Bremsen, so eine richtige Show."
Die DDR-Tradition der Fürbittengebete setzen sie jetzt fort. Die Gethsemanekirche im Stadtteil Prenzlauer Berg ist jetzt täglich ab 18:00 Uhr geöffnet - zum gemeinsamen Gebet für den in der Türkei verhafteten Menschenrechtler Peter Steudtner.