Krieg zwischen Israel und Iran
Folgen einer Eskalation

Im Krieg zwischen Israel und dem Iran melden beide Seiten Tote. Andere Staaten bringen ihre Bürger in Sicherheit. Die Eskalation des Konflikts hat auch Auswirkungen auf die Ukraine und Russland.

    Zerstörte Gebäude in einer Stadt. Es handelt sich um Bat Jam in Israel.
    Ein iranischer Raketenangriff hat Wohngebäude in der israelischen Stadt Bat Jam zerstört. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Baz Ratner)
    Nach dem israelischen Angriff auf den Iran gehen die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Staaten unvermindert weiter. Das israelische Militär hat mehrere führende Köpfe des iranischen Regimes gezielt getötet. Doch auf beiden Seiten gibt es auch zivile Opfer.
    Tschechien und die Slowakei haben wegen der Eskalation begonnen, ihre Staatsbürger in Sicherheit zu bringen. Auch Polen und andere Staaten planen dies. Der Iran kündigte an, seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag vorzubereiten. Angesichts der anhaltenden Luftangriffe verlegen zudem die USA offenbar ein Kriegsschiff in Richtung Nahost.
    Die aktuelle Eskalation zwischen Israel und Iran kann weitreichende Folgen haben, auch außerhalb der Region. Eine Entspannung der Lage ist bisher nicht in Sicht. Was bedeutet der Krieg für die Weltlage – und wie könnte sich die Situation entwickeln? Welche Auswirkungen sind etwa mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine zu erwarten? Die Perspektiven des Bundesaußenministers und einiger Expertinnen und Experten:

    Inhalt

    Das sagt Außenminister Johann Wadephul (CDU):

    • Bundesaußenminister Johann Wadephul sieht in dem Konflikt eine Chance für Verhandlungen. "Ich bin zumindest etwas erleichtert, dass es schon ein gemeinsames Verständnis gibt, dass eine endlose Fortsetzung dieser Auseinandersetzung niemandem hilft, sondern viele Gefahren mit sich bringt", so der CDU-Politiker.
    • Grundlage für Diplomatie könne sein, dass der Iran eine klare Bereitschaft zeige, von einer nuklearen Bewaffnung Abstand zu nehmen.
    • Ballistische Raketen des Iran könnten atomar bestückt werden und mit ihrer großen Reichweite auch Europa treffen: „Wenn der Iran ernsthaft bereit ist, auf derartige Ziele und Bewaffnungen zu verzichten, dann gibt es eine gute Chance, zu einer Einigung zu kommen.“
    • Der Außenminister erwartet keine Kriegsbeteiligung der USA. Sein Amtskollege Marco Rubio habe dies schon in seiner ersten Stellungnahme ausgeschlossen: „Ich habe nicht den geringsten Hinweis darauf, dass die USA ein Interesse daran hätten, sich zu beteiligen.“
    • Niemand wolle, dass der Iran über mehrere Atomsprengköpfe verfügt – auch niemand in der Region. Sollte es dazu kommen, würde dies zu weiterem Aufrüsten führen, was in jedem Fall vermieden werden müsse.

    Das sagt der Ukraine-Korrespondent Peter Sawicki:

    • Der Iran und Russland sind im Januar 2025 eine offizielle strategische Partnerschaft eingegangen, erläutert Ukraine-Korrespondent Peter Sawicki. Russland dürfte damit ein großes Interesse am Überleben und an der Stabilität des iranischen Regimes haben.
    • Iran liefere Waffen an Russland für dessen Krieg gegen die Ukraine. Israels Angriffe auf iranische Militäranlagen und Waffenfabriken dürften die Lieferungen von Drohnen und ballistischen Raketen an Russland daher reduzieren.
    • Westliche Staaten würden möglicherweise weniger Munition, vor allem Luftabwehrmunition, an die Ukraine liefern, da diese nach Israel umgeleitet werde.
    • Russland werde vom steigenden Ölpreis profitieren, um seinen Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren.
    • Russland nutze die Eskalation im Nahen Osten, um die Annäherung an die USA voranzutreiben und weitere Keile zwischen die europäischen Staaten und die USA zu treiben.

    Das sagt der Politologe Cornelius Adebahr:

    • Für Cornelius Adebahr, Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, beweist der Präventivkrieg Israels gegen den Iran vor allem eins: „die militärische Überlegenheit Israels in der gesamten Region“. Wie schnell Israel in den Iran eindrang und den dortigen Luftraum kontrollierte, unterstreiche, wie mächtig Israel sei.
    • Der Iran stehe in dem Konflikt weitgehend alleine da. Die bereits massiv geschwächte Hisbollah-Miliz im Libanon habe angekündigt, nicht einzugreifen. Auch Irans Verbündeter Russland werde nicht aktiv in den Krieg eintreten. Einzig die Huthi-Miliz im Jemen greife Israel wie bereits zuvor an, diesmal koordiniert mit Iran.
    • Die aktuellen Entwicklungen lassen Adebahr zufolge wenig Hoffnung auf Entspannung zu. In den letzten Jahren schien die Region auf einem Weg der Aussöhnung und gegenseitigen Anerkennung zu sein. So gab es unter anderem Gespräche zwischen Israel und Saudi-Arabien oder den Arabischen Emiraten und Iran. Durch die jetzige Eskalation drohen diese Bemühungen wieder zu verebben, so der Experte.
    • Ein Ausgang des Kriegs zwischen Israel und Iran sei im Moment nicht abzusehen. „Es kann gut sein, dass das iranische Regime unter diesem Angriff zusammenbricht.“ Unklar ist dann, was danach entsteht. „Es wird sicherlich nicht auf kurze Frist eine florierende Demokratie sein.“ Stattdessen könnten chaotische Verhältnisse entstehen – ähnlich wie in Syrien nach Beginn des Bürgerkriegs oder nach dem Irakkrieg 2003.

    Das sagt der Historiker Eckart Woertz:

    • Eine vollständige Zerstörung des iranischen Atomprogramms durch Bombardierungen sei nach Ansicht aller Experten nicht möglich, sagt Eckart Woertz, Leiter des GIGA Instituts für Nahost-Studien. Für einen Angriff auf die Hauptanlage für Nuklearanreicherung in Fordo habe Israel nicht die entsprechenden Waffen und wäre auf die Hilfe der USA angewiesen.
    • Woertz hält einen Regimewechsel im Iran durch den israelischen Präventivkrieg für unwahrscheinlich. Die Geschichte zeige, dass dieser Wechsel von außen so gut wie nie herbeizuführen sei. Stattdessen gebe es im Land interne Solidarisierungseffekte und die Bevölkerung kämpfe ums Überleben, den Menschen bleibe keine Zeit für politischen Protest.
    • Iran habe lange Jahre bewusst mit dem nuklearen Schwellenstatus gespielt, eine aggressive Rhetorik gegenüber Israel gepflegt und Israel über seine Stellvertreter Hamas, Hisbollah und Huthis auch direkt attackiert, so Woertz.
    • Der Präventivkrieg Israels gegen den Iran sei nicht völkerrechtskonform. Zudem werde die Hoffnung auf ein neues Nuklearabkommen durch die Eskalation zunichte gemacht. Erfolgreiche Verhandlungen seien unter diesen Voraussetzungen kaum denkbar. Stattdessen bestehe die Gefahr, dass das Gegenteil erreicht wird und die iranische Regierung versuchen wird, Nuklearwaffen herzustellen.

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