
Nach der US-Intervention in dem Konflikt zwischen Israel und dem Iran setzt US-Präsident Donald Trump nun offenbar auf Deeskalation. Dem dosierten und vorab angekündigten Vergeltungsangriff des Irans auf einen US-Luftwaffenstützpunkt in Katar folgte kein erneuter Schlag des US-Militärs. Trump dankte dem Iran vielmehr für die Vorwarnung und verkündete wenige Stunden später eine Waffenruhe, die schrittweise und innerhalb von 24 Stunden in Kraft treten soll.
Israel und Iran bestätigten die Feuerpause. Fraglich ist, ob sich beide Konfliktparteien daran halten. Wie könnte es nun weiter gehen in Nahost?
Was haben die USA mit ihrem Militärschlag erreicht?
Die US-Regierung rechtfertigt ihren Militärschlag gegen den Iran mit der Gefahr einer nuklearen Bewaffnung Teherans. Unklar bleibt, wie stark die zentralen Atomanlagen des Iran in Fordo, Natanz und Isfahan durch die US-Militärschläge zerstört wurden. Die USA und der Iran machen dazu unterschiedliche Angaben.

Laut US-Vizepräsident JD Vance ist Teheran nicht mehr in der Lage, eine Atomwaffe zu bauen. US-Angriffe hätten die dafür notwendige Infrastruktur zerstört, sagte Vance in einem Interview mit dem Sender Fox News.
Die iranische Führung zu stürzen, sei dagegen nicht das Ziel der Intervention gewesen, betonte US-Außenminister Marco Rubio beim Senders CBS. US-Präsident Trump kokettierte auf seiner Social-Media-Plattform True Social dagegen zwischenzeitlich mit einem Regime-Wechsel im Iran. Dabei wandelte er seinen Wahlspruch um und schrieb: „MIGA – Make Iran Great Again.“
Doch zeitgleich kommunizierten offenbar Vance, Rubio und der Sondergesandte Steve Witkoff mit dem Regime in Iran. Trump wiederum habe direkt mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gesprochen, um die Waffenruhe zu sichern, sagte ein hochrangiger Vertreter des Weißen Hauses der Nachrichtenagentur AP.
Das Weiße Haus erklärte, der US-Angriff auf die iranischen Atomanlagen habe dazu beigetragen, dass die israelische Regierung einer Waffenruhe zugestimmt habe. Die Regierung in Katar, zu der sowohl die USA als auch der Iran gute Beziehungen pflegen, habe bei der Vermittlung der Einigung geholfen.
Kann US-Präsident Trump das Eingreifen als Erfolg verbuchen?
US-Präsident Donald Trump inszeniert sich nach der verkündeten Waffenruhe als Friedensstifter. Auf seiner Internet-Plattform Truth Social postete er ein Foto von sich mit dem Text: „Peace through Strength“, auf Deutsch „Frieden durch Stärke“.
Bei der Ankündigung der Waffenruhe auf Truth Social zeigte er sich zuversichtlich, dass der von ihm als "Zwölftagekrieg" bezeichnete Konflikt damit endet: „Dieser Krieg hätte jahrelang andauern und den gesamten Nahen Osten zerstören können, aber das hat er nicht, und das wird er auch nie!“, schrieb Trump. In einem weiteren Beitrag erklärte Trump, dass Israel und der Iran fast gleichzeitig zu ihm gekommen seien und „Frieden!“ gerufen hätten.
Beachtet werden muss dabei auch: Eine weitere Verwicklung der USA in den Konflikt hätte Trump innenpolitisch massiv unter Druck gesetzt. Aus Sicht des ehemaligen deutschen Spitzendiplomat Peter Wittig war der vom US-Präsidenten befohlene Angriff im Iran ein „hochriskantes Unternehmen“.
Denn ein solcher Militäreinsatz war und ist in der US-Gesellschaft und in der Politik über Parteigrenzen hinweg unpopulär. In einer Umfrage der Wochenzeitung The Economist, die noch vor dem Angriff stattfand, waren 60 Prozent der Befragten gegen eine Kriegsbeteiligung in Nahost.
Starke Kritik an dem militärischen Vorgehen kam insbesondere aus der MAGA-Bewegung und damit der Machtbasis von Trump, angefangen von bekannten Medienfiguren wie Steve Bannon oder Tucker Carlson bis hin zu einflussreichen Senatoren und Kongressabgeordneten der Republikaner. Die Kritiker erinnerten Trump unter anderem an sein Wahlversprechen, die USA nicht mehr an Kriegen beteiligen zu wollen.
Mit der angekündigten Waffenruhe scheint Trump zumindest seine Anhänger besänftigt zu haben. Rechtsaußen MAGA-Ikone Marjorie Taylor Greene freute sich über die Friedenssignale. „Seine Botschaft auf Truth Social ist genau die Botschaft, wegen der wir ihn gewählt haben. Er will Frieden, er will, dass es endet. Und er wird Israel dazu drängen, dass es Zeit ist, es zu beenden.“
Auch der republikanische Abgeordnete Thomas Macy aus Kentucky, der gemeinsam mit Demokraten eine Resolution gegen den Militäreinsatz eingebracht hatte, will diese wieder zurückziehen, wenn die Waffenruhe hält. In der Resolution geht es um die Frage, ob der Kongress an der Entscheidung für den Angriff hätte beteiligt werden müssen.
Das Weiße Haus vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Angriff auf den Iran nur um einen eingeschränkten Einsatz und keine Kriegserklärung gehandelt hat. Deshalb habe man das Parlament nicht zwingend konsultieren müssen. Diese offizielle Mitteilung des Weißen Hauses erfolgte erst kurz vor Ablauf der dafür vorgeschriebenen gesetzlichen Frist von 48 Stunden nach dem Beginn von Militäreinsätzen.
Ob die Sache damit ausgestanden ist, bleibt offen. Trump ist bei weiteren politischen Vorhaben auf die durchaus knappe Mehrheit der republikanischen Abgeordneten in beiden Kongress-Kammern angewiesen, zum Beispiel wenn es um den Haushalt geht. Entscheidend für die weitere innenpolitische Entwicklung in den USA dürfte unter anderen werden, ob die Waffenruhe hält und ob der Iran es tatsächlich bei dem eher symbolischen Gegenangriff auf die US-Luftwaffenbasis in Katar belässt.
Die Feuerpause erwies sich schon kurz nach ihrem Inkrafttreten als fragil. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, dass die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen ihre Angriffe auf die Schifffahrt im Roten Meer wieder intensivieren oder schiitische Milizen im Iran US-Einrichtungen attackieren. Denkbar sind aber auch iranische Hackerangriffe oder Terroranschläge durch Schläferzellen in den USA selbst.
Eine weitere Option des Mullah-Regimes wäre eine Blockade der Straße von Hormus. Durch die etwa 55 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Iran und Oman werden rund 20 Prozent des globalen Ölhandel abgewickelt. Eine Blockade, etwa durch Minen sowie Raketen- und Drohnenbeschuss, würde wichtige Öl- und Gasproduzenten wie Saudi-Arabien und Katar vom Weltmarkt abschneiden und wohl zu einem weltweiten Anstieg der Energiepreise führen.
Welche Folgen hat die US-Intervention für den Iran?
In offiziellen Stellungnahmen und staatlichen oder staatsnahen Medien des Iran werden die US-Angriffe heruntergespielt. Demnach seien die Atomanlagen in Fordo, Natanz und in Isfahan nicht zerstört, es gäbe allenfalls ein paar oberflächliche Schäden. Experten glauben dagegen, dass das Atomprogramm des Iran durch die US-Angriffe um rund fünf Jahre zurückgeworfen wurde, so etwa Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Als unmittelbare Reaktion auf die US-Intervention drohte das Regime in Teheran mit Reaktionen. Was folgte war eine eher symbolische Antwort: Bei dem vorab angekündigten iranischen Angriff auf die US-Luftwaffenbasis Al Udeid wurden Trump zufolge 13 Raketen von der Raketenabwehr abgefangen, eine weitere sei in eine ungefährliche Richtung geflogen, weswegen sie nicht abgeschossen worden sei.
Eine massivere Reaktion hätte für das Mullah-Regime und Revolutionsführer Ali Chamenei gefährlich werden können. Gleichwohl befand es sich in einer Zwickmühle: Hätte die iranische Führung gar nicht reagiert, wäre ihr dies als Schwäche ausgelegt worden. Das oberste Ziel der Führung des Iran bleibt nach Ansicht des ehemaligen deutschen Spitzendiplomaten Peter Wittig der Regimeerhalt.
Die „eher begrenzte, niedrigschwellige iranische Vergeltung“ sei daher erwartbar gewesen. „Das wäre die Logik begrenzter, kalkulierter, sozusagen gemanagter Antworten, so wie wir das aus dem militärischen Schlagabtausch mit Israel im Gaza-Krieg im Frühjahr 2024 kennen“, so Wittig.
Der Diplomat sieht auch eine Chance für einen „neuen Nahen Osten“. Nämlich dann, wenn die iranische Staatsführung in der Position ihrer gegenwärtigen Schwäche den Strohhalm von Verhandlungen ergreift. „Das wäre der Anfang eines zwar schwierigen, aber möglicherweise eines diplomatischen Prozesses, der die Chance zur Befriedung in sich birgt.“ Darauf müssten sich jetzt alle Anstrengungen konzentrieren, auch die der Europäer.
Wie hat sich die Position Europas verändert?
Die Europäer wurden durch die militärische Intervention der USA überrascht. Washington informierte Deutschland und andere EU-Staaten erst im Nachhinein. Das US-Vorgehen ist in der EU nicht unumstritten, Differenzen gibt es etwa bei der Bewertung, ob der Angriff vom Völkerrecht gedeckt ist. Zugleich müssen Deutschland und andere europäische Staaten, die noch verhandeln wollen, feststellen, dass sie derzeit nur Zuschauer ohne wirksamen Einfluss auf den weiteren Verlauf des Konflikts sind[.
An einer Beteiligung der Europäer an der Beilegung der Auseinandersetzung hatten weder US-Präsident Donald Trump noch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu offenbar ein Interesse. Aber auch die Iraner hatten der Verhandlungsinitiative Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens eine Absage erteilt. Gleichwohl sind die europäischen Staaten von den Folgen der Krise betroffen; wirtschaftlich, etwa durch drohende steigende Energiepreise, aber auch politisch durch eine transatlantische Partnerschaft, in der allein das Wort von US-Präsident Trump zu gelten scheint.
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