Nuklearprogramm
Trump, der Iran und ein möglicher Atom-Deal

Die USA und der Iran setzen ihre Atom-Gespräche fort. Der Zeitpunkt für ein Abkommen scheint günstig - doch welche Ziele verfolgen die Verhandlungspartner? Und wie realistisch ist ein Deal?

    Iranische Atomanlage Buschehr
    Ziel der Verhandlungen ist ein neues Abkommen über das iranische Atomprogramm. (picture-alliance / dpa / ParsPix)
    Nach jahrelanger diplomatischer Eiszeit haben die USA und der Iran Mitte April ihre Atom-Gespräche wieder aufgenommen. Bislang größtenteils indirekt, unter Vermittlung des Oman, und noch ohne sichtbare Ergebnisse. Doch: Es kommt wieder Bewegung in den festgefahrenen Atomstreit zwischen beiden Ländern, die sich seit Jahrzehnten regelmäßig mit Drohungen und Vorwürfen überziehen.
    Die erste Verhandlungsrunde fand am 12. April im Oman statt, die zweite eine Woche darauf in der Botschaft des Golfstaates in Rom. Nun ist eine dritte Runde geplant. Erneut sieben Tage später, erneut im Oman, der auch dieses Mal zwischen der US-amerikanischen und der iranischen Delegation vermitteln soll. Davor soll es Gespräche auf Expertenebene geben. Die Hoffnung auf ein Abkommen ist da - doch die Verhandlungen dürften alles andere als einfach werden.

    Inhalt

    Worum geht es bei den Gesprächen?

    Im Kern geht es bei den Gesprächen um das iranische Atomprogramm. Der Westen wirft dem Land seit langem vor, es strebe nach Atomwaffen. Teheran bestreitet das und erklärt, sein Atomprogramm diene nur der zivilen Nutzung und Energiegewinnung. Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), warnte zuletzt jedoch, der Iran sei nicht mehr weit davon entfernt, in den Besitz einer Atombombe zu gelangen. Laut dem jüngsten IAEA-Bericht hat der Iran die Herstellung von 60-prozentigem und damit beinahe waffentauglichem Uran deutlich ausgeweitet.
    Die Verhandlungen sollen nun den Weg ebnen zu einem neuen Abkommen über das Atomprogramm. Ein wichtiger Punkt ist die Frage, ob eine mögliche Vereinbarung das gesamte iranische Nuklearprogramm in den Blick nimmt, also auch die zivile Nutzung der Kernkraft. Die Forderung nach einem vollständigen Verzicht auf die Urananreicherung und sein Waffenentwicklungsprogramm hatte Teheran im Vorfeld deutlich zurückgewiesen. Vom Vermittler Oman hieß es nach der zweiten Runde, beide Seiten strebten ein Abkommen an, das sicherstelle, dass der Iran frei von Atomwaffen und Sanktionen sei. Zudem solle es die Fähigkeiten des Iran zur Entwicklung ziviler Atomkraft gewährleisten, so das Außenministerium des Golfstaats.
    Weitere Konfliktpunkte bei den Gesprächen sind neben dem Atomprogramm das Raketenprogramm des Iran sowie seine Nahostpolitik, vor allem seine Unterstützung militanter islamistischer Gruppen gegen den iranischen Erzfeind Israel.

    Was beinhaltet Irans Atomprogramm - und wie hat es sich entwickelt?

    Das iranische Atomwaffenprogramm hat eine jahrzehntelange Vorgeschichte. Bereits 1984 ordnete der Gründer der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Chomeini, die Entwicklung von nuklearen Waffen an. Viele Jahre gelang es dem Regime in Teheran, dieses Programm vor der internationalen Öffentlichkeit geheim zu halten. In den 1990er-Jahren erhielten die USA erste Kenntnis von einer geplanten iranisch-russischen Zusammenarbeit bei der nuklearen Aufrüstung des Iran.
    Im Jahr 2002 unterrichtete eine iranische Widerstandsgruppe die bis dahin ahnungslose Internationale Atomenergiebehörde darüber, dass das Mullah-Regime dabei sei, einen kompletten nuklearen Brennstoffkreislauf aufzubauen. Gleichzeitig benannte die Oppositionsgruppe geheime Standorte der iranischen Nuklearanlagen. Seitdem schwelt der Streit um das iranische Atomprogramm.

    Obama und das Atomabkommen von 2015

    Nach seinem Amtsantritt brachte der 2009 gewählte US-Präsident Barack Obama eine internationale Koalition zustande, die den Iran zu Verhandlungen bewegen sollte. Ein dichtes Sanktionsregime wurde eingerichtet, das dem Iran wirtschaftlich schwer zusetzte. Im August 2015 dann unterzeichnete der Iran ein Abkommen, an dem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA beteiligt waren, aber auch Russland und China, die bis dahin oft den Iran geschützt hatten.
    Der Atom-Deal sollte den Iran am Bau von Atomwaffen hindern. Im Gegenzug für Zugeständnisse beim Atomprogramm - der Iran verpflichtete sich zum Abbau großer Mengen hochangereicherten Urans und zu umfangreichen Kontrollen durch die IAEA - sollten Sanktionen und Handelsbarrieren fallen. Was nicht gelang, war, die aggressive Regional-Politik des Irans einzudämmen. Auch das Programm zum Bau von Langstreckenraketen war nicht Gegenstand des Abkommens.

    Trumps Ausstieg aus dem Atom-Deal

    Nur wenige Jahre später, 2018, kündigte Obamas Nachfolger Donald Trump das Abkommen während seiner ersten Amtszeit einseitig auf und verhängte neue Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Eine hauptsächlich innenpolitisch motivierte Entscheidung, mit der sich Trump bei republikanischen Hardlinern, die das Abkommen nie gewollt hatten, Freunde machen und gleichzeitig die Politik des von ihm und seinen Unterstützern verachteten Obama rückabwickeln konnte.
    In der Folge hielt sich auch der Iran nicht mehr an die Vereinbarungen, reicherte wieder mehr Uran an, auch in höheren Konzentrationen, und schränkte die IAEA-Überwachung ein. 2022 nahmen die verbliebenen Unterzeichner-Staaten einen Anlauf, um das Abkommen wieder zu beleben, blieben allerdings erfolglos.

    Welche Interessen verfolgen der Iran und die USA?

    Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus Anfang 2025 drängt Trump auf eine neue Vereinbarung - dem Iran drohte er im Fall eines Scheiterns der Gespräche mit einem militärischen Vorgehen. Aus Sicht des Politologen und Iran-Experten Ali Fathollah-Nejad hat der Iran kaum eine andere Wahl, als mit den USA zu verhandeln. Das Land steht derzeit massiv unter Druck, sowohl von außen als auch von innen. Der Konflikt mit Israel hat den Iran stark geschwächt. Die selbst ernannt „Achse des Widerstands“ ist nach der Schwächung der pro-iranischen Milizen Hisbollah im Libanon, Huthi im Jemen und Hamas im Gazastreifen ins Wanken geraten.
    Dazu kommt die desolate Wirtschaftslage. Der Iran steckt in einer historisch schweren Wirtschaftskrise, die Kritik am Regime wächst. „Der Unmut ist so groß wie nie zuvor“, sagt Fathollah-Nejad. Von den Gesprächen erhofft sich der Iran ein Ende der verhängten Sanktionen, die als wichtiger Grund für die katastrophale wirtschaftliche Situation gelten. Der Politologe geht jedoch davon aus, dass Teheran versuchen wird, die Verhandlungen auf die Atomfrage zu reduzieren und das iranische Raketenprogramm und die Nahostpolitik bei den Gesprächen auszuklammern.
    Für die Vereinigten Staaten ist der Zeitpunkt für Gespräche indes günstig. Nach Einschätzung von Politikwissenschaftler Cornelius Adebahr sieht US-Präsident Trump den Iran offenbar als „geschwächt genug“ an, um ein Abkommen über das Atomabkommen zu erreichen und sich als internationaler Verhandler und „Friedensmacher“ zu profilieren. Auch Nahostexperte Daniel Gerlach hält ergebnisreiche Verhandlungen mit dem Iran aus US-Perspektive für „sehr, sehr wichtig“. Die Vereinigten Staaten bräuchten einen außenpolitischen Erfolg. Auch, weil sich etwa in der Ukraine, anders als von Trump angekündigt, kein schnelles Kriegsende erzielen ließ.
    Politikwissenschaftler Adebahr warnt jedoch vor einem „Schaufenster-Deal“ ohne echte Verbesserung in puncto Transparenz und Kontrolle des iranischen Atomprogramms. Es sei wichtig, nicht hinter das zurückzufallen, was mit dem internationalen Abkommen von 2015 erreicht worden sei, so Adebahr. Das Ziel sei schließlich, dass der Iran in Zukunft nicht fähig werde, eine Atombombe zu bauen.

    Wie realistisch ist ein neues Atom-Abkommen?

    Obgleich beide Seiten Interesse an erfolgreichen Verhandlungen haben dürften, ist ein Abkommen aus Sicht von Experten noch nicht ausgemacht. Zwar hält Gerlach die Gespräche an sich für gut und betont, eine militärische Eskalation sei derzeit nicht im Interesse der Vereinigten Staaten. Die Situation könne jedoch kippen, „wenn die Amerikaner das Gefühl haben, dass sie dort nicht vorankommen - und, dass der Trump-Administration möglicherweise eine militärische Auseinandersetzung auch innenpolitisch mehr nutzen würde als ein Atomwaffendeal“.
    Für den Verlauf der Gespräche hat Politologe Fathollah-Nejad im Vorfeld verschiedene Szenarien identifiziert. Lasse sich der Iran auf Verhandlungen ein, müsse er angesichts seiner historischen Schwäche eine „Kapitulation unter einem trumpschen Diktat“ befürchten. Wobei abzuwarten bleibe, ob auch das Raketenprogramm und Irans Nahostpolitik Gegenstand eines möglichen Abkommens würden.
    Sollten die Verhandlungen hingegen scheitern, dürfte sich die Wirtschaftskrise im Iran weiter verschärfen. In der Folge wären neue Massenproteste gegen das Regime wahrscheinlich, sagt Fathollah-Nejad. Auch militärische Aktionen gegen iranische Atom- und Raketenstellungen wären vorstellbar.

    Welche Rolle spielen Israel und Russland?

    Israel und der Iran sind zutiefst verfeindet und haben eine lange Geschichte von Schattenkriegen und verdeckten Angriffen. Seit der islamischen Revolution 1979 betrachtet der Iran die USA und Israel als Erzfeinde. Teheran spricht Israel das Existenzrecht ab. Israel wiederum sieht im autoritär geführten Gottesstaat das größte Risiko für die eigene Sicherheit. Im Jahr 2024 erreichte die Feindschaft beider Länder einen neuen Höhepunkt: Im Herbst drohte erstmals ein offener Krieg.
    Die aktuelle Lage im Iran könne eine Chance für Israel sein, sagt Fathollah-Nejad: „Innerhalb des israelischen Establishments gibt es die Einschätzung, dass man die historische Schwäche Teherans auszunutzen sollte." Falls die Trump-Administration keinen Deal forciere, der alle drei Bereiche - Atomprogramm, Raketenprogramm und Irans Regional-Politik - beinhalte, ist nach Einschätzung des Politologen deshalb auch ein israelischer Alleingang denkbar. Vorausgesetzt, die USA geben grünes Licht. Dagegen betont Nahostexperte Gerlach Israels Interesse an einer Vereinbarung. Das habe sich schon beim Abkommen 2015 gezeigt. Zwar lehnte die Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu die Vereinbarung ab, große Teile des Sicherheitsestablishments hätten den Atom-Deal mit dem Iran damals aber durchaus begrüßt.
    Gerlach zufolge spielt neben Israel auch Russland im Atomstreit zwischen USA und Iran eine wichtige Rolle. Zum einen war das Land bereits beim Atomabkommen 2015 beteiligt. Zum anderen wegen einer neuen „taktischen Allianz“ zwischen Russland und dem Iran, die sich in den vergangenen Jahren zu „Waffenbrüdern“ entwickelten. Iran habe die russischen Militärs mit Drohnen ausgerüstet, im Gegenzug habe Russland dem Iran in Aussicht gestellt, seine Luftwaffe zu modernisieren. Auch deshalb sähen die Vereinigten Staaten Russland als „wichtigen Faktor“ in dem Konflikt.
    irs