
Dass ein Teil der israelischen Regierung rechtsextrem ist, wurde in der Bundesregierung lange Zeit kleingeredet. Schließlich sind deutsche Minister, die Israels Regierung besuchen, ja „zu Gast bei Freunden“, wie es vom CSU-geführten Bundesinnenministerium heißt.
Zur Erinnerung: Israels Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir wurde einst wegen der Unterstützung von Terrorismus verurteilt. Finanzminister Bezalel Smotrich sagte vor Kurzem, eine Wiederbesiedlung des Gazastreifens durch Israel sei „ein realistischer Plan“.
Auf die extremistischen Minister angesprochen, hieß es von israelischen Diplomaten sinngemäß, am Ende entscheide doch weiterhin Premierminister Benjamin Netanjahu. Das war auch für deutsche Politiker eine angenehme Formel.
Israel will weiter in Gaza vordringen
Doch es lässt sich nicht länger bestreiten, dass die rechtsextremen Minister, die Netanjahu für seine Regierung unbedingt braucht, verstärkt den Ton angeben. Sie sorgen mit dafür, dass Israels Soldaten und Polizisten im Westjordanland kaum gegen radikale israelische Siedler vorgehen oder sogar gemeinsame Sache mit ihnen machen.
Und nun will Israels Regierung die Besetzung des Gazastreifens noch ausweiten. Das Entsetzen ist nicht nur in Gaza, sondern auch in Israel groß - in den Familien israelischer Geiseln, in der Opposition, unter ehemaligen Armee- und Geheimdienstchefs. Laut Medienberichten warnt sogar der aktuelle Armeechef vor desaströsen Konsequenzen.
Netanjahu gab dennoch den Befehl, Gaza-Stadt zu besetzen oder das, was davon noch übrig ist. Man fragt sich, welchen Zweck das verfolgt, außer, den Gazastreifen noch mehr zu zerstören und die Bevölkerung noch stärker in eine spätere Flucht zu treiben.
Denn trotz einer Kriegsführung, die nach Ansicht vieler Völkerrechtler einem Genozid nahe- oder gleichkommt, hat Israel seine offiziellen Kriegsziele nicht erreicht: die Hamas zu besiegen und die Geiseln zu befreien.
Radikale Siedler gefährden Israels Sicherheit
Es ist eine gute Entscheidung, dass die Bundesregierung künftig keine Waffen mehr an Israel liefern will, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten. Ein Schritt, der viel zu spät kommt.
Gefährdet diese Entscheidung Israels Sicherheit und widerspricht sie der sogenannten Staatsräson? Nein! Das Gegenteil ist der Fall!
Nicht nur Israels Feinde, sondern auch die eigene Kriegsführung gefährden Israels Sicherheit. Die Weigerung der israelischen Regierung, auch nur im Ansatz Konzepte für eine politische Lösung des Konfliktes vorzulegen, gefährdet Israels Sicherheit. Die radikale Siedlerbewegung und ihre verbündeten Minister gefährden Israels Sicherheit. Und auch plumpe und formelhafte deutsche Solidarität mit Israel gefährdet die Sicherheit des Landes.
Solidarisch ist es, die in Teilen rechtsextreme Regierung des Landes scharf zu kritisieren.
Eine Kritik, die in Jerusalem offenbar kaum Gehör findet. Auch deshalb ist der partielle Waffenstopp der Bundesregierung ein so wichtiges Signal.