
Weder Biografie noch Werkgeschichte noch Bildband sei das Buch, das Karl Ove Knausgård über seinen Landsmann Edvard Munch geschrieben habe, sagt der Dlf-Kunstkritiker Stefan Koldehoff: "Was er damit will, wird erst klar, wenn man die Ausstellung mit Werken von Munch gesehen hat, die Knausgård vor zwei Jahren in Oslo zusammengestellt hat und die nun in Düsseldorf zu sehen ist: Es geht um den ganz subjektiven Zugang zu Munchs Gemälden und Druckgrafiken. Nicht mehr, aber auch nicht weniger, formuliert Knausgård als seinen Anspruch. Es handelt sich also nicht um ein Buch über Munch, sondern um eines über Knausgård. Um eines mit sehr langen Bildbeschreibungen, Passagen über den Austausch mit anderen Künstlerinnen und Künstlern und dichten atmosphärischen Abschnitten der Selbstreflexion über das eigene Schreiben über Munch."
Bilder als autonome künstlerische Äußerungen
Der Autor arbeite dabei mit vielen Behauptungen ("Was Munch wollte, war …") und Vermutungen ("Ich denke nicht, dass es möglich ist, ein solches Bild zu malen, ohne frohen Mutes, ohne Lebensfreude zu sein."). Tatsächlich gebe es zwar Parallelen im Leben von Munch und Knausgård, so Koldehoff im "Büchermarkt". Dessen eigene Methode der literarischen Selbstentblößung und biografischen Analyse lasse sich aber nicht einfach auf den Maler übertragen: "Munchs 1700 Gemälde haben das Recht, als autonome künstlerische Äußerungen wahrgenommen zu werden. Auch bei van Gogh hat man lange behauptet, er habe nur so ungewöhnlich gemalt, weil er krank war. Heute weiß man, dass seine sehr reflektierte Kunst nichts mit seinem jeweiligen Geisteszustand zu tun hat."
Natürlich sei es legitim, wenn sich ein Schriftsteller mit seinen Mitteln denen eines Malers nähere, so Koldehoff: "Ich fürchte nur, dass diese subjektiven Interpretationen und Meinungen eines berühmten Bestsellerautors von vielen mit einer solchen Autorität wahrgenommen werden, dass sie sie für objektive Wahrheiten halten. Das aber sind sie nicht."