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Katalonien
Podemos macht die Unabhängigkeitsbewegung nervös

Podemos gibt es erst seit seit knapp einem Jahr. Dennoch mischt die Partei um Pablo Iglesias die politische Landschaft auf - besonders in Katalonien. Denn auch wenn Podemos dort nicht mit einer Mehrheit rechnen kann, könnte sie den Pro-Unabhängigkeitsparteien entscheidende Wählerstimmen nehmen.

Von Julia Macher |
    Der Podemos-Vorsitzende Pablo Iglesias.
    Der Podemos-Vorsitzende Pablo Iglesias. (AFP / Dani Pozo)
    Als Podemos-Chef Pablo Iglesias, im weißen Hemd, die Haare zum charakteristischen Pferdeschwanz gebunden, die voll besetzte Sporthalle betritt, skandieren hier, im Vall d'Hebron, einer Schlafstadt vor Barcelona, die Menschen "Si, se puede" - "Ja, wir werden es schaffen." Ungewohnte Töne in einer Region, in der seit zwei Jahren auf fast allen politischen Meetings vor allem "Independencia"-Rufe zu hören sind, der Schlachtruf der Unabhängigkeitsbewegung.
    Podemos bewegt sich in Katalonien auf kompliziertem Terrain. Seit zwei Jahren bestimmt das Thema Unabhängigkeit die öffentliche Debatte. Auch als ein paar Wochen später Gemma Ubasart, Sekretärin des eigens kreierten Partei-Ressorts Plurinationalität, ihre Kandidatur als katalanische Generalsekretärin präsentiert, befragt man sie vor allem zum Verhältnis von Katalonien und Spanien.
    "Die 'Nationale Frage' wird immer nur im Zusammenhang mit Katalonien gestellt. Aber jede Region Spaniens hat das Recht, ihre Zukunft zu entscheiden. Wir müssen das ganze territoriale Modell Spaniens, den Staat der Autonomien, reformieren: Spanien muss sich zu seiner VIelstaatlichkeit bekennen. In der jetzigen Verfassung wird eine Nation, eine Sprache über alle anderen gestellt. Wir brauchen ein neues Finanzierungs- und wir brauchen ein neues Staatsmodell, das dieser Realität als 'Land der Länder' gerecht wird."
    Referendum ja, aber nur mit dem Einverständnis der Zentralregierung, so wie in Schottland. Und: Jeder Weg zu mehr Autonomie oder eventuell zur Unabhängigkeit führt nur über eine Verfassungsänderung. Diese Strategie der neuen Partei Podemos stößt bei der Unabhängigkeitsbewegung auf wenig Gegenliebe. Dort sieht man die vorgezogenen Regionalwahlen im Herbst - wie von Ministerpräsident Artur Mas angekündigt - als "endgültiges Referendum": Bei einer entsprechenden Mehrheit solle der Trennungsprozess danach sofort starten, einen genauen Fahrplan dafür gibt es allerdings noch nicht.
    Knappe Mehrheiten für und gegen eine Unabhängigkeit
    Im Club der Pro-Unabhängigkeits-Parteien habe Podemos keinen Platz, sagt Carme Forcadell, Präsidentin der einflussreichen Unabhängigkeitsplattform Assemblea Nacional: Katalonien habe seine eigenen linken Parteien, da brauche man keinen Madrider Politik-Import.
    "Podemos sagt: Lasst uns erst Spanien ändern und dann Katalonien. Aber für uns ist klar: Das Problem Spanien hat keine Lösung. In den letzten 35 Jahren hat Spanien sich vielleicht demokratisiert, die Politik Katalonien gegenüber aber ist die gleiche geblieben. Podemos ist eine Option für Leute, die eine demokratische Regeneration Spaniens wollen. Aber für uns, die wir wissen, dass der einzige Weg zu einem besseren Leben über die Unabhängigkeit geht, ist Podemos keine Option."
    Umfragen zufolge käme Podemos bei den katalanischen Regionalwahlen zwar höchstens auf einen dritten, wahrscheinlicher vierten Platz, doch trotzdem machen die Newcomer die Pro-Unabhängigkeits-Parteien sehr nervös. Denn die Mehrheiten für oder gegen eine Trennung von Spanien sind denkbar knapp: Über 2,2 Millionen Katalanen stimmten am 9. November in einer symbolischen Befragung über eine Loslösung von Spanien ab; 1,8 Millionen, also 80 Prozent, stimmten mit Ja. Das ist eine Menge - aber übertragen auf den Gesamtzensus, also auf alle, die an regulären katalanischen Wahlen teilnehmen könnten, immer noch etwas weniger als die Hälfte.
    Protestwähler könnten umschwenken
    Viele von denen, die damals ein Kreuz unter "Ja, ich will einen eigenen katalanischen Staat" gemacht haben, taten das in erster Linie aus Protest: gegen das krisen- und korruptionsgebeutelte Spanien, gegen sein starres Zwei-Parteien-System. Gerade für diese Wähler könnte Podemos, das einen Bruch mit den traditionellen Eliten verspricht, eine attraktive Option werden - zulasten der separatistischen Parteien. Bereits jetzt, Monate vor offiziellem Wahlkampfbeginn, wird hart um diese Stimmen gerungen. Dabei kommt Podemos im spanischen Wahltheater eine Doppelrolle zu: In Katalonien ist man möglicherweise Zünglein an der Waage, auf gesamtstaatlicher Ebene aber versucht man sich als potenzieller Partner zu positionieren. Gemma Ubasart von Podemos:
    "Podemos ist die einzige Partei auf staatlicher Ebene, die das Recht auf nationale Selbstbestimmung verteidigt. Insofern sind wir für die sezessionistischen Parteien der einzige Garant für weiterführen de Verhandlungen."
    Sollte die Partei ab November tatsächlich in Spanien (mit-)regieren, würden die Karten auch beim Dauerzocken um eine Unabhängigkeit noch einmal neu gemischt.