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Klimaforschung
Die Meere erwärmen sich schneller als gedacht

Das Meerwasser erwärmt sich schneller, als bisher angenommen wurde. Eine US-Studie hat nun Daten der NOAA in dieser Hinsicht bestätigt. In den USA gibt es aber weiter Streit über die Forschungen zum Klimawandel. Ein Berater des designierten Präsidenten Donald Trump hat angekündigt, derartige Programme zu streichen.

Von Gabor Paal | 05.01.2017
    Sie sehen einen Seeotter auf einer Eisscholle vor der Küste von Alaska.
    Ein Seeotter auf einer Eisscholle vor der Küste von Alaska. Von der Meerestemperatur hängt ab, wie schnell das Eis schmilzt. (AFP / Saul Loeb)
    Es geht scheinbar nur um Bruchteile von Temperaturgraden, aber sie sind entscheidend für das Klima der Zukunft. Nach den neuen Zahlen erwärmt sich die Meeresoberfläche derzeit alle zehn Jahre um zwölf hundertstel Grad. Fast doppelt so schnell gegenüber früheren Berechnungen, erklärt Zeke Hausfather von der Berkeley University in Kalifornien.
    Die US-Behörde für Ozean und Atmosphäre, NOAA, hat solche Zahlen schon im Sommer letzten Jahres veröffentlicht, aber sie wurden angezweifelt.
    "Der US-Kongress hat Zweifel angemeldet, einige Senatoren haben den Forschern vorgeworfen, sie hätten die Daten manipuliert. Die beteiligten Wissenschaftler sollten ihre E-Mails offenlegen, es wurde also ein richtig heißes Eisen."
    Skeptiker des Klimawandels haben Forschern oft vorgeworfen, dass die Klimamodelle die Meere nicht richtig berücksichtigen. Das hat früher auch gestimmt. Noch vor 30 Jahren wurden die Meerestemperaturen hauptsächlich gemessen, indem Forschungsschiffe Wasserproben entnahmen. Das waren zwangsläufig punktuelle Messungen mit vielen Unsicherheiten. Inzwischen treiben auf allen Weltmeeren Messbojen und darüber hinaus können auch Satelliten die Meerestemperaturen recht genau bestimmen. All diese Daten flossen in die jüngsten Berechnungen ein.
    Schon ein Grad mehr oder weniger kann entscheident sein
    "Und unsere Daten bestätigen eindrücklich, dass sich die Meere tatsächlich stärker erwärmen. Und dass die Wissenschaftler der NOAA ihre Daten keineswegs manipuliert haben, sondern dass ihre Daten die Entwicklung der letzten 15 Jahre vermutlich besser widergeben als alle anderen."
    Es handelt sich dabei um die Temperaturen an der Meeresoberfläche. Die sind wichtig, weil von ihnen vieles abhängt: Schon ein Grad mehr oder weniger kann darüber entscheiden, wie schnell das Eis an den Polen schmilzt, ob in der Karibik ein Hurrikan entsteht oder wie stark Korallenriffe unter Stress geraten. Doch für die Klimamodelle sind die Temperaturen in der Tiefe der Meere mindestens genauso wichtig. Da nur sie etwas darüber aussagen, wie viel Energie der Ozean insgesamt aufnimmt und speichert. Hier aber stoßen Satellitenmessungen an ihre Grenzen, sie erfassen nur die Oberfläche. Um die Entwicklung in der Tiefsee zu messen, wurde vor 16 Jahren das Argo-Programm gestartet. Es besteht aus etlichen tauchenden Messrobotern, die in den Weltmeeren unterwegs sind. Es sind im Grunde röhren, ein Meter lang, 15 Zentimeter Durchmesser. Sie tauchen ständig zwischen der Oberfläche und 2.000 Meter Tiefe auf- und ab, erheben verschiedene Daten, und sobald sie an die Oberfläche kommen, schicken sie die Daten über Satelliten an die angeschlossenen Forschungsinstitute.
    Temperaturmessungen auch in 6.000 Metern Tiefe
    "Von diesen Floats oder Messrobotern gibt es ungefähr 3.000 bis 4.000 global verteilt, und diese messen sehr gut die Änderungen der Temperatur in den oberen 2.000 Metern des Ozeans", sagt Peter Brand vom Forschungszentrum GEOMAR in Kiel.
    Doch das Meer hört auch in 2.000 Metern Tiefe nicht auf. "Die große Tiefe unterhalb von 2.000 Metern spielt aber eine wichtige Rolle für die Wärmeaufnahme im Klimasystem, dazu werden diese Floats jetzt auch weiter entwickelt, sodass sie auch bis 4.000 oder 6.000 Meter Tiefe tauchen könne. Das ist eine große technische Herausforderung, weil der Druck natürlich enorm anwächst in den großen Tiefen. Dadurch wird diese Technik entsprechend teurer, um diese großen Tiefen erfassen zu können."
    Doch die Klimaforscher machen sich Sorgen. Ein Berater des designierten US-Präsidenten Trump hatte angekündigt, die Klimaforschung der NASA dichtzumachen. Auch Peter Brandt vom GEOMAR ist sehr gespannt, wie es weiter geht. Denn vom Engagement der USA hänge vieles ab.
    "Ein großer Teil des Argo-Programms etwa wird durch die USA finanziert. Und eine Verringerung des Budgets hätte große Auswirkungen für das globale Klimabeobachtungsprogramm, aber auch für die Wissenschaftler in den USA, die daran arbeiten."