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Klimazeugen
Mosambik und Bangladesch schwer getroffen

Der Klimawandel wird überall zu spüren sein. Aber die größten Schäden wird eine Klimaerwärmung ausgerechnet in vielen bitterarmen Ländern hinterlassen. Auf Einladung der Hilfsorganisation Care waren Klimazeugen aus Mosambik und Bangladesch deshalb in Berlin, um über die Situation in ihren Ländern zu berichten.

Von Anja Nehls | 30.11.2015
    Die sogenannten "Madgermanes" (die verrückten Deutschen) demonstrieren 14.08.2013 in Maputo. Die ehemaligen Gastarbeiter der DDR ziehen jeden Mittwoch um 11 Uhr seit mehr als 20 Jahren durch die Straßen der Mosambikanischen Hauptstadt.
    40 Millionen Menschen werden von der Küste in Landesinnere vertrieben werden, wenn der Meeresspiegel wie prognostiziert um einen Meter steigt. (dpa / picture alliance / Britta Pedersen)
    Der Klimawandel ist in vollem Gang. Dieses Jahr wird eines der wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen sein. Wenn es so weit geht wie bisher, wird es in knapp hundert Jahren auf der Welt im Durchschnitt über 3 Grad Celsius wärmer sein heute - mit verheerenden Auswirkungen auf unser Leben, warnt die Hilfsorganisation Care.
    Bereits jetzt leiden vor allem die Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern Palash Mondal ist Projektkoordinator für Care in Bangladesch. Seit 17 Jahren beobachtet er dort immer längere und heißere Sommer, kürzere und kältere Winter, größere Überschwemmungen und heftigere Wirbelstürme. Inzwischen sei sogar eine ganze Insel Opfer der Erderwärmung geworden.
    "Weil der Wasserspiegel des Pazifik steigt ist die Insel zwischen Bangladesch und Indien schon fast verschwunden. Die Insel war zeitweise bewohnt, viele Fischer wohnten dort und fuhren von dort aus aufs Meer. Wenn der Meeresspiegel noch weiter steigt werden noch viel mehr Inseln untergehen und auch die Küste von Bangladesch wird schwer betroffen sein."
    Neuausrichtung auf Aquakultur
    40 Millionen Menschen werden von der Küste in Landesinnere vertrieben werden, wenn der Meeresspiegel wie prognostiziert um einen Meter steigt, so Palash Mondal.
    Neben Bangladesch ist Mosambik eines der zehn am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder der Welt, besonders die Regionen im Norden. Schlechte Bodenverhältnisse, Wassermangel und ein Rückgang der Fischbestände sind dort die spürbaren Folgen. Davon ist auch die Familie von Domingos Pangueia betroffen. Deshalb engagiert er sich jetzt in seiner Heimat Mosambik in der Hilfsorganisation Livaningo zum Beispiel für Aquakulturen:
    "Ein großer Teil der Bevölkerung Mosambiks lebt vom Fischfang und deshalb ist die Neuausrichtung auf Aquakultur ein strategischer Ansatz, der dann auch das Überleben dieser Gemeinsaft sichern kann. Darüber hinaus setzen wir auf Wiederaufforstung gerade auch im Küstenbereich, auf Kulturpflanzen, die eine größerer Dürreresistenz haben und auch Kulturen, die schneller Früchte tragen, auf die Vermittlung von neuen Kalendern für die Aussaat, denn auch hier ist der Zeitpunkt der Aussaat durch den Klimawandel etwas verändert worden."
    Deutschland mit Vorreiterrolle
    Alle diese Maßnahmen könnten aber nur die Folgen der Erderwärmung abpuffern, viel wichtiger sei es, die Ursachen zu bekämpfen, so Domingos Pangueia. Zusammen mit Care will er auf der Klimaschutzkonferenz in Paris für ein wirksames Maßnahmenpaket gegen den Klimawandel kämpfen. Sven Harmeling, Klimaexperte bei Care fordert vor allem eine drastische Reduzierung der Treibhausgasemissionen:
    "Also ein Punkt, der natürlich in vielen Ländern eine Rolle spielt ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Es gibt einige Inselstaaten, die schon Vorschläge gemacht haben, dass sie innerhalb der nächsten 5 Jahre auf 100 Prozent erneuerbare Energien umstellen wollen. Bei den großen Ländern wird das natürlich länger dauern. Indien wird wahrscheinlich zusammen mit vier anderen Ländern eine große neue Solarinitiative ankündigen. Das zu beschleunigen in vielen Ländern ist jetzt eigentlich der Hauptknackpunkt."
    Von Deutschland erwartet der Klimaexperte dabei eine Vorreiterrolle. Auch hier seien die Treibhausgase längst nicht so reduziert worden, wie ursprünglich geplant, dabei seien technologisch längst alle Möglichkeiten vorhanden:
    "Und gleichzeitig weiß man auch, dass wir nicht auf dem Weg sind unser 40 Prozent Verminderungsziel bis 2020 zu erreichen. Es ist immer mehr bekannt, dass die Kohleenergie, Kohlestrom, das Hauptproblem ist und wenn Deutschland dort Ankündigungen machen würde, wir gehen aus der Kohle in absehbarer Zeit raus und machen einen Plan dafür, das wäre ein starkes Signal."
    Sven Harmeling hofft, dass es nach Paris nicht bei Ankündigungen bleibt. Eine drastische Emissionsreduzierung weltweit hält er für notwendig, um die Erderwärmung langfristig auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Nur so könnten unkontrollierbare Folgen des Klimawandels vermieden werden. Immerhin haben bereits 180 Länder weltweit Klimaschutzpläne. Jetzt sollen die Staats- und Regierungschefs von 200 Ländern nochmals klare Signale setzen und umsetzen.