Freitag, 19. April 2024

Archiv

Koalitionsverhandlungen
Einigkeit in Haushaltsfragen

Union und SPD haben noch zahlreiche offene Fragen zu klären - trotzdem soll laut Bundeskanzlerin Merkel in der kommenden Woche ein Koalitionsvertrag vorliegen. Immerhin in der Haushaltspolitik herrscht nun Einigkeit.

20.11.2013
    Angela Merkel und Sigmar Gabriel
    Angela Merkel und Sigmar Gabriel (dpa / picture-alliance)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Berlin, die Verhandlungen seien in einer entscheidenden Phase. "Und wir haben die Absicht, sie auch Mitte der nächsten Woche möglichst zu beenden." Dennoch äußerte sie sich zu den Erfolgschancen vorsichtig: "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das gelingen kann. Ob wir es schaffen, wird man dann in einigen Tagen sehen."
    Ein hochrangiger CDU-Politiker im Kanzleramt teilte Unionsmitgliedern mit, dass noch 110 Punkte auf einer Liste der offenen Fragen stünden - viele davon seien aber, anders als Themen wie der Mindestlohn, leicht zu klären. Die Arbeitsgruppen hätten teils unrealistische Forderungen erhoben, um Spielraum für Kompromisse zu haben, hieß es in Verhandlungskreisen.
    Bund soll 2015 ohne neue Schulden auskommen
    Die Finanzexperten von Union und SPD verständigten sich in der Haushaltspolitik auf eine gemeinsame Linie. Danach bleibt es bei dem Ziel, 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und ab 2015 ohne neue Schulden auszukommen - erstmals seit mehr als vier Jahrzehnten. Nach Angaben von Haushaltsexperte Norbert Barthle (CDU) soll die Schuldenstandsquote Deutschlands bis Ende 2017 auf unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Derzeit sind es rund 80 Prozent bei gut zwei Billionen Euro Staatsschulden.
    Die Liste der neuen schwarz-roten Ausgabenwünsche soll von bisher geschätzten 50 Milliarden Euro pro Jahr auf unter zehn Milliarden Euro zusammengestrichen werden. Eine Einigung wird in der finalen Runde der Parteispitzen kommende Woche erwartet, hieß es nach den Beratungen der Chef-Unterhändler, des amtierenden Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) sprach sich für den Abbau von Steuersubventionen aus. "Ich hätte mir gewünscht, dass wir da mehr konkretisieren, jetzt in den Koalitionsverhandlungen", sagte Kühl im Deutschlandfunk. "So muss das im Laufe der Legislaturperiode passieren."
    Bislang haben sich CDU, CSU und SPD unter anderem auf eine Frauenquote in Aufsichtsräten großer börsennotierter Unternehmen und einen einheitlichen Mindestlohn geeinigt. Noch offen ist aber, ab wann er gelten und wie hoch er sein soll. Bei der Rente sollen Mütter bessergestellt werden, die vor 1992 Kinder geboren haben. Ein besserer Schutz vor Altersarmut wird für Geringverdiener und erwerbsgeminderte Beschäftigte angestrebt.
    Hauptausschuss soll Geschäfte im Parlament übernehmen
    Da der Bundestag vor zwei Monaten gewählt, seine Arbeit aber wegen der langwierigen Koalitionsverhandlungen noch nicht aufgenommen hat, soll nun ein neu geschaffener Hauptausschuss die Funktionsfähigkeit des Parlaments in der Übergangsphase sicherstellen. Union und SPD seien sich einig, bei einer Sondersitzung des Bundestags am 28. November ein solches Gremium zu beantragen, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
    Ein Hauptausschuss soll die Funktionsfähigkeit des Bundestags sichern.
    Ein Hauptausschuss soll die Funktionsfähigkeit des Bundestags sichern. (dpa / picture-alliance)
    Die Oppositionsfraktionen sind in dieser Frage skeptisch. Am Montag hatten Union und SPD einen Antrag der Linken zur sofortigen Einsetzung von neun Fachausschüssen abgelehnt. Die Grünen enthielten sich. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt beklagte die derzeitige Passivität des Bundestages. "Was da jetzt passiert ist der Versuch, das Parlament kalt zu stellen. Das ist vor allen Dingen eine Situation, die der Demokratie nicht wahnsinnig nützt und in der das Parlament nicht arbeiten kann, weil zwei potenzielle Partner ewig lange in riesigen Runden miteinander diskutieren und eine Show aufführen", sagte die Grünen-Politikerin im ARD-Fernsehen.
    Der Ausschuss wird laut Lammert 40 bis 42 Abgeordnete verschiedener Fachgebiete umfassen. Hinzu komme eine etwa gleichgroße Zahl an Stellvertretern. Der Hauptausschuss werde seine Arbeit einstellen, wenn sich die Fachausschüsse konstituiert hätten. Dies werde vermutlich in der ersten Sitzungswoche im Januar der Fall sein. Bereits am 19. Dezember solle zwei Tage nach der geplanten Kanzlerinnenwahl Anzahl und Größe der Ausschüsse festgelegt werden.