Kommentar
Merz und Macron können Europa verändern

Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen den deutsch-französischen Motor wieder zum Laufen bringen. Höchste Zeit. Wenn Deutschland und Frankreich an einem Strang ziehen, kann sich in Europa etwas verändern.

Ein Kommentar von Christiane Kaess |
Zwei Männer in Anzügen halten sich an den Händen und lachen in die Kamera: Präsident Emmanuel Macron empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz.
Gute Stimmung im Élysée-Palast: Präsident Emmanuel Macron empfängt Bundeskanzler Friedrich Merz. (picture alliance / dpa / MAXPPP / Thomas Padilla)
Den deutsch-französischen Beziehungen neuen Elan verleihen, den Reflex wieder aktivieren, alles miteinander abzustimmen, die deutsch-französische Freundschaft als Geschenk: Es sind starke Worte und Bilder, die Emmanuel Macron und Friedrich Merz an diesem Mittwoch bemühten. Sie wollen ihre persönliche Verbundenheit demonstrieren und die Notwendigkeit, den deutsch-französischen Motor wieder ans Laufen zu bekommen.
Dafür ist es höchste Zeit. Denn in den vergangenen Jahren lief dieser im Leerlauf, und das war nicht gut für Europa. Die kühle Art von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz hat Paris entmutigt. Scholz und der französische Präsident widersprachen sich sogar öffentlich bei wichtigen Fragen. Macron, der so viel vorhatte in der EU, fand in Berlin nie den richtigen Ansprechpartner.
Jetzt scheint mit Merz und Macron das perfekte deutsch-französische Paar geboren zu sein. Die beiden Männer sind sich nicht nur vom Typ her ähnlich, sondern schauen, wenn es um Europa geht, in die gleiche Richtung. Auch wenn sie nicht alles verändern können und die Erwartungen nun nicht zu hoch geschraubt werden sollten: Wenn Deutschland und Frankreich an einem Strang ziehen, kann sich in Europa etwas verändern.    

Thema Nummer eins: Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Thema Nummer eins auf der Liste: die Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Berlin und Paris wollen unter anderem einen Rat einrichten, der regelmäßig zusammenkommt. Er soll – wie Macron sagt – „operationelle Antworten“ geben, wie die Hilfe für die Ukraine zu koordinieren. Dieses Gremium existiert bereits, allerdings mit weniger Befugnissen. Es ist wie bei so vielem in den deutsch-französischen Beziehungen: Die Strukturen sind da, aber die Blockaden der vergangenen Jahre müssen abgeräumt werden.
Dass dies auch mit den richtigen Personen zusammenhängt, beweisen die Verteidigungsminister der beiden Länder schon seit Längerem. Bei den komplizierten deutsch-französischen Rüstungsprojekten haben Boris Pistorius und sein französischer Amtskollege Sébastien Lecornu einige Knoten durchschlagen. Das können Macron und Merz jetzt auch tun. Ebenso in anderen Bereichen, in denen sie sich einig sind - wie die EU wettbewerbsfähiger zu machen.

Keine Einigkeit bei Mercosur und Friedenstruppe für Ukraine

Die Unterschiede zeigten sich beim Treffen von Merz und Macron aber auch. Zum Beispiel, dass die französische Regierung das Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten weiter ablehnt. Während Merz der Meinung ist, dass das Abkommen so schnell wie möglich in Kraft treten muss, befürchtet Macron unfaire Konkurrenz für die französischen Landwirte. Ein anderes Beispiel: Zur Unterstützung der Ukraine im Fall eines Friedens ist Macron bereit, Soldaten zur Absicherung zu schicken. Merz will hingegen ohne ein Friedensabkommen mit Russland nichts zu möglichen Sicherheitsgarantien durch Deutschland sagen.
Ein neuer Startpunkt wurde nun zwar gesetzt, aber jetzt müssen den Worten auch Taten folgen. Das wird nicht einfach. Zumal man sich in Paris nach dem holprigen Start des Bundeskanzlers bei seiner Wahl im Bundestag fragt, ob Merz tatsächlich der starke Partner ist, den man sich wünscht. Macron wiederum ist innenpolitisch schon lange stark geschwächt, aber er hat mehr Spielraum in der Außen-, und Verteidigungspolitik. Merz und Macron bleibt auch nicht mehr viel Zeit, um die EU voranzubringen. Der überzeugte Europäer Macron ist nur noch zwei Jahre im Amt. Doch immerhin: Ein Anfang ist gemacht.