Manchmal kann Schweigen auch laut sein. Zum Beispiel dann, wenn es darum geht, sich klar abzugrenzen – von der AfD und ihren rechtsradikalen Positionen. Das Schweigen vieler Wirtschaftsbosse dazu ist ohrenbetäubend. Wie sie sich aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehlen, ist zugleich niederschmetternd und empörend. Sie garantieren Zigtausenden Arbeitnehmern die finanzielle Existenz. Deshalb ist wichtig, was sie denken und sagen. Ihr Schweigen schadet den Unternehmen selbst.
Arbeitgeber – und übrigens auch Gewerkschaften – müssen sich klar gegen Rechtspopulismus und die in Teilen extrem rechte AfD positionieren; nicht nur öffentlich, wie es Innenministerin Faeser jetzt zurecht fordert, sondern vor allem im Betrieb. Jedem Mitarbeiter muss klar sein, dass er mit der AfD ein Standortrisiko für Deutschland wählt – weil sie ausländische Fachkräfte verschreckt und die Geschäftsmodelle und Gewinne der eigenen Firma gefährden kann.
Selbst ein unpolitischer Geschäftsführer ist ja am Erfolg seines Unternehmens interessiert. Und die AfD ist eine Anti-Arbeitsplatz-Partei, die zu Protektionismus neigt, mehr Nationalstaat, hohe Hürden für Freihandel. Ja, woher sollen die Gewinne der deutschen Konzerne denn kommen bei dieser eingeschränkten Wirtschaftssicht? Daneben will sie die Grundsteuer streichen, macht jährlich 14 Milliarden Euro weniger für den Staat.
Investieren in die Zukunft ist bei all dem nicht mehr. Wohlstand für alle, den die AfD verspricht? Damit garantiert nicht. Keine Unternehmerin, kein Unternehmer kann diese Positionen der AfD ernstnehmen. Die Partei ist ein wirtschaftspolitischer Blindgänger, den Wirtschaft und Gesellschaft dringend entschärfen müssen. Doch dafür braucht es Mut.
Lieber kein Statement zur AfD
Das Geschäftsrisiko von rechts aber ignorieren viele Unternehmen lieber. Bei der Landtagswahl in Hessen erreichte die AfD zuletzt mehr als 18 Prozent. Was heißen solche Ergebnisse für Firmen und ihren Umgang mit der AfD? Das wollte das Wirtschaftsmagazin Capital von 60 Unternehmen wissen, darunter auch alle DAX-Firmen. Die Antworten der Großkonzerne – ein Witz, denn nicht einmal die Hälfte antwortete überhaupt. Und das ausgerechnet von Unternehmen, die fast täglich mit weichgespülten PR-Statements die E-Mail-Postfächer von Medien fluten. Botschaften zu Themen wie Vielfalt oder nachhaltigem Wirtschaften sind für sie offenkundig gewinnträchtiger als ein Statement gegen die AfD.
Rassismus verstärkt den Fachkräftemangel
Dieser Glaube ist töricht, und er spricht keineswegs für die Führungskompetenz vieler Managerinnen und Manager. Die wirtschaftliche Lage ist ernst: Mehr als eine halbe Million Stellen können Betriebe in Deutschland schon jetzt regelmäßig nicht besetzen. Tendenz: steigend. Das trifft sowohl Handwerker als auch die IT-Branche und die Bauelektrik. Für internationale Top-Firmen wie den Chip-Hersteller Infineon ist es zunehmend schwer, gute Fachkräfte aus dem Ausland vom Standort Deutschland zu überzeugen – auch wegen des Rassismus, den die AfD schürt.
Wenn Unternehmen deshalb aber Mitarbeitende fehlen, die wichtige Komponenten für Zukunftstechnologien herstellen, müssten doch in den Führungsetagen die Alarmglocken schrillen. Schon jetzt beklagen sich die Pessimisten unter ihnen, dass man in Europa immer weiter hinter die USA zurückfalle.
Zum Schluss ein Hoffnungsschimmer: In einer Befragung des arbeitgebernahen IW-Instituts sagen viele Hauptgeschäftsführer von Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden, dass die AfD sehr wohl langfristig ein ökonomisches Risiko sei. Am häufigsten sorgen sie sich um die Fachkräftesicherung, den Bestand des Euros und der EU. Ein Drittel sieht die AfD und ihre Positionen außerdem als potenziellen Spaltpilz innerhalb der Belegschaft. Würden nur mehr von ihnen diese berechtigten Sorgen äußern, wäre das schon ein wichtiges Zeichen.