Kommentar zur WM-Vergabe 2030
Die FIFA öffnet Saudi-Arabien die Tür

Die Fußball-WM 2030 wird in sechs Ländern auf drei Kontinenten stattfinden. FIFA-Präsident Gianni Infantino hat damit eine Lösung gefunden, die nur außerhalb des FIFA-Systems Verlierer produziert, kommentiert Dlf-Redakteur Maximilian Rieger.

Von Maximilian Rieger | 05.10.2023
FIFA-Präsident Gianni Infantino (l.) gestikuliert vor dem Spiel zwischen Argentinien und Saudi-Arabien bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar.
Daumen hoch für Saudi-Arabien? FIFA-Präsident Gianni Infantino (l.) und sein FIFA-Rat haben mit der Entscheidung, die WM 2030 von sechs Ländern auf drei Kontinenten ausrichten zu lassen, den Weg freigeräumt für eine WM 2034 im schwerreichen Golfstaat. (picture alliance / DeFodi Images / Matteo Ciambelli)
Manche Dinge ändern sich nie: Hinterzimmer sind weiterhin die Orte, wo im Weltfußball die Entscheidungen getroffen werden.
Dabei sollten eigentlich die 211 Mitgliedsverbände der FIFA darüber entscheiden, wer die WM 2030 austrägt: Und sie hätten tatsächlich eine Wahl gehabt, zwischen einer Bewerbung aus Südamerika und einer Bewerbung von Spanien, Portugal und Marokko.

FIFA-Präsident Infantino wird von Ja-Sagern hofiert

„Der Bessere möge gewinnen“ – dieses Motto gilt vielleicht auf dem Platz. Aber wo gewonnen wird, da gibt es auch Verlierer. Und in der sportpolitischen Welt von FIFA-Präsident Gianni Infantino soll es keine Verlierer geben – zumindest nicht innerhalb der FIFA.
Und dieses Ziel hat Infantino jetzt erreicht. Der FIFA-Rat – ein Gremium, deren Mitglieder vor allem nicken, wenn der Präsident etwas vorschlägt – hat entschieden: Die beiden Bewerbungen aus Südamerika, Europa und Afrika werden zusammengefasst. Alle können sich als Sieger fühlen.

Infantino stellt mit WM 2030 viele Parteien zufrieden

Die FIFA muss sich nicht vorwerfen lassen, ihre Wurzeln zu missachten. Die WM 2030 wird dort beginnen, wo 100 Jahre zuvor das allererste WM-Spiel überhaupt stattgefunden hat, in Uruguay. Auch Argentinien und Paraguay erhalten je ein Spiel, dürfen sich also WM-Gastgeber nennen, ohne dafür groß investieren zu müssen.
In Spanien, Portugal und Marokko werden die meisten Spiele stattfinden – gerade für das aufstrebende Fußball-Land Marokko ein großer Erfolg. Deswegen haben am Ende auch die Bewerber dem Kompromiss zugestimmt.

Asiatischer Fußballverband: Stimmung pro Saudi-Arabien

Der größte Gewinner sitzt allerdings im Mittleren Osten: Denn die FIFA öffnet mit der WM-Vergabe 2030 die Tür für eine WM in Saudi-Arabien 2034. Aufgrund des Rotationssystems dürfen sich für die WM 2034 nämlich nur Länder aus Asien und Ozeanien bewerben.
Da eine Bewerbung von Neuseeland und den Fidschi-Inseln unwahrscheinlich ist, bleibt nur der asiatische Verband übrig. Und dort gibt es bereits jetzt eine klare Stimmung pro Saudi-Arabien.
Eine Fußball-WM passt zur Strategie des Wüstenstaates, seine Öl-Milliarden dafür einzusetzen, um sich vom Öl unabhängiger zu machen. Und der FIFA sind bis 2034 weitere Hochglanz-Weltmeisterschaften garantiert.

Verlierer heißen Fans, Klima und Homosexuelle

Die Verlierer dieser Entscheidung sind außerhalb des Systems-FIFA zu finden: Die Fans, die um die halbe Welt reisen müssen, wenn Sie ihr Team vor Ort sehen möchten.
Das Klima, weil die FIFA nach der WM in Nordamerika 2026 das nächste Turnier so vergibt, dass ohne Flugzeuge der Spielplan nicht zu halten ist. Homosexuelle, die nach der WM in Katar zum zweiten Mal vor der Frage stehen könnten, ob sie in einem WM-Gastgeberland sicher sein werden.
Aber diese Verlierer haben innerhalb der FIFA keine Stimme. Infantino braucht keine Rücksicht auf sie nehmen. Es gibt auch keine regulatorische Kraft, die ihn dazu zwingen könnte. Und so macht Infantino das, was er am besten kann: Seine Macht erhalten, indem er dem Geld folgt und seine Mitgliedsverbände glücklich macht.