Kommentar zur Steuerschätzung
Lindner, der Spielverderber

Der Bund wird im kommenden Jahr wahrscheinlich mehr Steuern einnehmen als gedacht. Grund zum Jubeln ist das aber nicht, wie auch der Finanzminister erklärt. Unser Kommentator hätte da eine Idee, wie man noch mehr rausholen könnte.

Von Gregor Lischka | 26.10.2023
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)
Höhere Steuereinnahmen, aber "keine neuen Verteilungsspielräume". Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist gerne der Spielverderber, kommentiert Gregor Lischka. (IMAGO / Emmanuele Contini / IMAGO / Emmanuele Contini)
Die Steuereinnahmen des Bundes steigen im kommenden Jahr: Schätzungsweise 3,8 Milliarden Euro hat Bundesfinanzminister Lindner mehr zur Verfügung als noch vor ein paar Monaten gedacht. Das lässt manchen Regierungspolitiker jetzt vielleicht aufhorchen - die Wunschliste der Koalitionäre ist ja schließlich noch lang:
  • Ein Klimageld wurde eigentlich versprochen - und könnte die Deutschen mit der Klimaschutzpolitik versöhnen.
  • Steuersenkungen für mittlere und kleine Einkommen könnten dem privaten Konsum auf die Sprünge helfen - und damit auch der schwächelnden Konjunktur einen Schub verleihen.
  • Steuersenkungen auf Grundnahrungsmittel würden auch den Ärmsten zu Gute kommen - und nebenbei auch noch die Inflation bekämpfen.

Wohlstand vieler ist gesunken

Theoretisch vorstellbar sind viele sinnvolle Projekte. Wer jetzt aber glaubt, dass die Steuer-Mehreinnahmen in Milliarden-Höhe dafür neue Spielräume eröffnen, der hat sich geschnitten. Denn Bundesfinanzminister Lindner hat schon deutlich gemacht, dass er gerne der Spielverderber ist.
Dafür hat er einige gute Argumente auf seiner Seite: Die steigenden Steuer-Einnahmen in Deutschland resultieren ja eben nicht aus einer steigenden Wirtschaftsleistung. Will heißen: Die Mehreinnahmen kommen nicht zustande, weil in Deutschland mehr Wohlstand erwirtschaftet worden wäre, den man jetzt verteilen könnte. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Die Mehreinnahmen kommen auch deshalb zustande, weil die Preise und damit auch die Abgaben an den Staat gestiegen sind. Der Wohlstand vieler Menschen ist aber gesunken.

Finanzielle Spielräume ließen sich schaffen

Nein, diese Steuer-Mehreinahmen werden Christian Lindner nicht dazu veranlassen, sich jetzt die Spendierhosen anzuziehen. Und neue Schulden werden ebenfalls keine neuen Spielräume für all die theoretisch vorstellbaren, sinnvollen Projekte schaffen. Dabei hat Christian Lindner auch das Recht auf seiner Seite. Die Schuldenbremse mag manch ein Politiker von den Grünen und der SPD aus gutem Grund für ökonomischen Mumpitz halten, aber: Sie gilt. Es waren die Sozialdemokraten, die sie selber vor gut 14 Jahren miteingeführt haben. Und in gewisser Weise spielt auch EZB-Chefin Christine Lagarde in die Karten von Christian Lindner. Staatsausgaben auf Pump zu finanzieren, ist durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank deutlich teurer geworden.
Wer also auf mehr finanzielle Spielräume hofft, der muss sie auch wirklich schaffen. Zum Beispiel indem man anderer Stelle spart oder eben die Steuern erhöht. Jährlich werden in Deutschland zum Beispiel zwischen 200 bis 400 Milliarden Euro vererbt: Leistungslose Einkommen, auf die oft kaum Steuern fällig werden. Das könnte man ändern. Aber auch da sollte sich kein Ampel-Politiker allzu großen Hoffnungen machen: Christian Lindner ist gerne der Spielverderber.