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Kontrolle und Verfolgung
Parteistiftungen im Ausland unter Druck

Russland, Israel, Ägypten – das sind nur einige der Länder, die in den letzten Jahren Gesetze gegen Nichtregierungsorganisationen verabschiedet haben. Damit sollen Proteste der Bevölkerung von vornherein unter Kontrolle gehalten werden. Betroffen sind auch deutsche, politische Stiftungen. Ihre Handlungsspielräume schwinden.

Von Jens Rosbach | 31.01.2017
    Die Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo am 30.12.2011.
    Ein Gericht in Kairo verurteilte den Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung zu fünf Jahren Gefängnis. (dpa / picture-alliance / EPA/ Khaled Elfiq)
    "Wir erleben weltweit eine richtige Repressionswelle gegenüber Nichtregierungsorganisationen und sozialen Bewegungen. Die Menschen lassen sich politische Willkür, Machtmissbrauch nicht mehr gefallen – gehen auf die Straße und protestieren. Hier schlagen Regierungen zu, um eben Massenproteste im Keim zu ersticken."
    "Autoritäre Regierungen befürchten, dass die Art westliche Demokratie, Pluralismus, für sie machtbedrohend ist. Und das ist dann der Moment, wo man versucht, einheimischer Zivilgesellschaft ausländische Unterstützung zu entziehen – indem man den ausländischen Unterstützern das Leben schwer macht."
    "Also man hat in den Stiftungen eben auch eine wichtige politische Kraft erkannt, die es gilt einzudämmen und vor allem zu kontrollieren."
    Mit Paragrafen gegen zivilgesellschaftliche Initiativen
    Ob in den arabischen Ländern, ob in Russland oder sogar in Demokratien wie in Israel –politische Stiftungen stehen weltweit unter Druck: In den vergangenen drei Jahren wurden in über 60 Ländern Gesetze gegen Nichtregierungsorganisationen verabschiedet – Paragrafen gegen zivilgesellschaftliche Initiativen und ihre internationalen Partner. Brauchen die parteinahen Organisationen eine neue Strategie für ihre Auslandsarbeit?
    Berlin-Tiergarten, bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ein mächtiger Kalkstein-Komplex mit Drehtür, dahinter eine Lobby mit Teppich und braunem Ledersofa. Unter einem Flachbildschirm liegen Broschüren aus, wie: "Die bessere Demokratie" oder "Aufstieg und Fall regionaler Mächte". Mit diesen Themen hat die Adenauer-Stiftung, die der CDU nahe steht, ganz eigene, bedrückende Erfahrungen gemacht – und zwar in Ägypten, nach dem Arabischen Frühling 2011. Frank Priess, stellvertretender Leiter für internationale Zusammenarbeit, berichtet, wie seine Organisation aus dem bevölkerungsreichsten arabischen Land geflogen ist.
    "In Ägypten hat sich Druck aufgebaut über die Presse: Man betreibe eine illegale ausländische Organisation bis hin zu Geldwäsche und andere vorgeschobene Argumente. Obwohl wir in vielen Jahrzehnten in Ägypten arbeiten, mit Regierungsstellen auch, trotzdem ist plötzlich dieser Popanz aufgebaut worden und hat in eine Anklage gemündet."
    Das Kairoer Gericht habe den deutschen Büroleiter der Stiftung – in Abwesenheit – zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, und eine Ortskraft zu zwei Jahren – klagt Priess. Der 59-Jährige steht in seinem kleinen Büro mit Weltkarte an der Wand, Palme und rundem Tisch. Von hier koordiniert er die 80 Auslandsbüros der Adenauer-Stiftung mit fast 600 internationalen Mitarbeitern. Nach seinem Eindruck ist das Drama in Kairo auch eine Folge der sogenannten Farbrevolutionen, die in mehreren Ländern zu Umstürzen geführt haben – zu einem "Regime Change". Wie bei der Orangenen Revolution in Kiew 2004, angeblich unter Mitwirkung ausländischer Stiftungen.
    Andreas Jacobs war Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo.
    Andreas Jacobs war Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo. (dpa / picture-alliance / Konrad-Adenauer-Stiftung)
    "Es hat auch Organisationen gegeben – aus den USA, privat finanziert –, die sich auch durchaus damit gebrüstet haben, solche Veränderungen in Gang gebracht zu haben, was in solchen Fällen dann sicherlich auch kontraproduktiv ist und die eigene Rolle auch völlig überschätzt. Wir begleiten in der Regel Organisationen der jeweiligen Zivilgesellschaft vor Ort. Und auch, wie das im arabischen Raum war, wie das in Nordafrika war, sind das Prozesse, die aus den Gesellschaften selbst kommen. Die Unzufriedenheit ist groß genug, da braucht es nicht irgendwelche NGOs aus dem Westen, die dann dort irgendwelche 'Regime Change'-Aktivitäten organisieren."
    Einstufung als "ausländische Agenten"
    Doch das einflussreiche Nachbarland Russland interpretiert die Revolution in der Ukraine – wie auch in Georgien und in Kirgisien – bis heute anders. 2012 unterschrieb Präsident Wladimir Putin ein Gesetz, das russische Nichtregierungsorganisationen, die internationale Gelder erhalten, als "ausländische Agenten" einstuft. Anschließend hätten viele autoritär regierte Länder, wie Ägypten, Aserbaidschan oder China, nachgezogen – analysiert die Adenauer-Stiftung.
    Der Kreml in Moskau
    Die russische Regierung stuft russische Nichtregierungsorganisationen als "ausländische Agenten" ein. (dpa/Jens Kalaene)
    "Das haben viele beobachtet, wie Russland mit Zivilgesellschaft umgeht. Und ist sicherlich auch in dem einen oder anderen Fall kopiert worden, gerade was die Gesetze angeht."
    So klagen Stiftungsleiter, Experten und Regierungsvertreter unisono über Hürden für deutsche Organisationen – weltweit:
    "Die Regierungen haben die Möglichkeit, durch bürokratische Auflagen, durch Visa-Bestimmungen, durch Geldtransfer-Bestimmungen, die Arbeit mehr oder minder gegen null zu fahren."
    "Und dann gibt es auch mal einen Anruf, oft ist das alles sehr informell, ob die Stiftung sich das nicht noch mal überlegen möchte, dieses Programm durchzuführen. Das ist eher die sanfte Methode."
    "Wenn die dortigen Mitarbeiter nicht mehr arbeiten können, weil sie verfolgt werden, dann muss man sich schon Alternativen überlegen."
    Nordafrika, Tunesien. Ein neugebautes Mietshaus in der Innenstadt von Tunis. In den unteren Stockwerken sitzen eine türkische Nachrichtenagentur und verschiedene Arztpraxen. Darüber hat die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung ihr Büro. Die Stiftung, die den Grünen nahe steht, engagiert sich mit einem siebenköpfigen Team für die junge tunesische Demokratie – und: für Ägypten.
    Bab El Bhar - das französische Tor in Tunis.
    Die Heinrich-Böll-Stiftung engagiert sich von Tunis aus für Ägypten. (dpa / picture-alliance / Kyodo/MAXPPP)
    Da das Kairoer Militärregime in- und ausländische NGOs verfolgt, muss die Heinrich-Böll-Stiftung im Nachbarland arbeiten. So organisierte Regionalleiter Joachim Paul von Tunesien aus Treffen mit ägyptischen Demokratie-Aktivisten. Die Begegnungen fanden in der Regel außerhalb Ägyptens statt, sind aber dennoch voller Gefahren. Wie im Sommer 2015, als Paul Kairoer Regimekritiker nach Berlin einlud – kommen durften sie jedoch nicht.
    "Denen wurde der Pass entzogen, die wurden an der Ausreise gehindert und die Büros dieser Menschenrechtsorganisationen oder anderen NGOs wurden durchsucht, die wurden komplett überwacht. Wir haben kommuniziert hauptsächlich mit Messenger-Diensten, von denen die Aktivisten ausgingen, dass der ägyptische Geheimdienst die noch nicht komplett geknackt hat. Wir haben quasi dann von Tunis mit unseren Partnern und Freunden verschlüsselte Nachrichten mit diesen Diensten hin- und hergeschickt."
    Brisante Treffen
    Wie brisant selbst persönliche Treffen unter vier Augen sind, erfuhr Paul kurz darauf, Ende 2015 – als er sich mit einem Aktivisten in Kairo traf, klandestin in einem Café.
    "Wir haben uns extra in dem Café so vor zwei großen Lautsprecherboxen hingesetzt, im Fernsehen wurde Fußball übertragen. Wir mussten uns quasi anschreien, um uns überhaupt noch verstehen zu können. Aber der Sinn der Sache ist natürlich klar: Dass man am Nachbartisch nicht hören kann, was wir sprechen."
    Die Kontaktperson der Heinrich-Böll-Stiftung war der Menschenrechtler Ahmad Abdallah. Einige Monate später, im Frühjahr 2016, verschwand er dann plötzlich.
    "Ahmad Abdallah wurde nämlich auch verhaftet, war mehrere Monate im Gefängnis aus politischen Gründen, das hatte aber nichts mit uns zu tun."
    Hoffnung auf bessere Zeiten
    Das aktuelle Ägypten-Konzept der Böll-Stiftung: keine direkten Kontakte zu Oppositionellen mehr, um sie nicht zu gefährden. Und Infoveranstaltungen zumeist in Europa. Überwintern lautet die Taktik der deutschen Demokratieförderer, auf bessere Zeiten hoffen.
    Barbara Unmüßig, Co-Präsidentin der Heinrich-Böll-Stiftung am 08.03.2010 während einer internationalen Fachtagung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.
    Barbara Unmüßig ist Co-Präsidentin der Heinrich-Böll-Stiftung. (dpa / picture-alliance / Claudia Esch-Kenkel)
    Barbara Unmüßig, Co-Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, erinnert an Myanmar, wo diese Strategie zum Erfolg führte.
    "Myanmar war ja über viele, viele Jahre eine Militärdiktatur. Wir haben myanmarischen, also burmesischen, Studentinnen und Studenten die Möglichkeit gegeben, in Thailand zu studieren. Diese Studierenden sind natürlich längst fertig mit ihrem Studium und haben die Gelegenheit genutzt, als Myanmar sich anfing zu öffnen, in Nichtregierungsorganisationen, teilweise auch in staatlichen Organisationen, zu arbeiten. Und darüber freue ich mich."
    Ausländische Bürger, die mithilfe deutscher Gelder studieren können und an Demokratie-Seminaren teilnehmen – für die Stiftungen Garanten einer friedlichen Entwicklung. Unmüßig befasst sich schon länger mit sogenannten "Shrinking Spaces" – schrumpfenden Möglichkeiten für NGOs. Sie hält Universitäts-Vorträge und verfasst Thesen-Papiere dazu. Unkonventionelle Lösungen müssten her, fordert die studierte Politologin. So plane die Böll-Stiftung Kurse für ausländische Oppositionelle anzubieten, damit diese sich im Internet abhörsicher austauschen können.
    "Es gibt für Stiftungsarbeit keine Blueprints."
    Ob Seminare zum Thema fairer Wahlkampf, zu Frauenrechten oder zur Integration von Einwanderern – auch die konservative Adenauer-Stiftung sucht nach Wegen, um den "Demokratie-Export" fortzuführen. Frank Priess kann dabei auf jahrzehntelange Erfahrungen seines Hauses zurückgreifen. Beispiel Mexiko: Das Land wurde bis Anfang der 90er Jahre von einer Quasi-Staatspartei regiert; die Adenauer-Stiftung musste dort von heiklen politischen Themen abrücken und auf ungefährliche Ersatzprojekte ausweichen.
    "Da haben wir auch mal angefangen über Management-Ausbildung. Das hat die Möglichkeit gegeben, dass wir einen Kollegen hatten, der dort tätig war, der auch Netzwerke aufbauen konnte. Und das war natürlich so ein bisschen die Eintrittskarte in das Land. Nachdem sich das Land liberalisiert hatte, gab‘s auch Möglichkeiten, sich dann unsere eigenen Tätigkeitsfelder mehr zu erschließen."
    Politische Auslandsarbeit als Gratwanderung
    Die politische Auslandsarbeit – eine Gratwanderung. Sollen wir in einem repressiven Land weiter arbeiten – oder gefährden wir dadurch lokale Partner? Diese Fragen müssen sich deutsche Akteure immer wieder stellen. Und: Verscherzen wir es uns nicht ganz und gar mit Problem-Staaten, wenn die Repressalien offen benannt werden? Während die Grünen-nahe Böll-Stiftung und die CDU-nahe Adenauer-Stiftung offen über ihre Schwierigkeiten sprechen, schweigt die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung lieber. Eine Interviewanfrage zum Thema "Behinderungen im Ausland" wird mit folgenden Worten abgelehnt:
    "Leider habe ich nur die Antwort für Sie, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung es derzeit nicht für opportun hält, zu diesen Fragen öffentlich Stellung zu nehmen."
    Logo der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin
    Die Friedrich-Ebert-Stiftung will sich nicht zum Thema "Behinderungen im Ausland" äußern. (dpa / picture alliance / Tim Brakemeier)
    "Ja, das ist leider so – eine völlig unterschiedliche Praxis", meint Barbara Unmüßig von der Böll-Stiftung. Sie verfolgt einen anderen Kurs in der Öffentlichkeitsarbeit.
    "Ich publiziere und spreche über das Thema, weil es ein globaler Trend ist, der uns Sorge machen muss. Aber alleine die Tatsache, dass ich diese Verantwortung für unsere Büros habe und die Verantwortung auch für Partner habe, kann nicht bedeuten, dass ich selber Teil dieses Versuchs werde, alle Kritik im Keim zu ersticken und uns alle mundtot zu machen. Das ist ja dann der Erfolg solcher Gesetze, solcher Repressionen, solcher Diffamierungskampagnen von NGOs."
    Keine gegenseitige Stiftungs-Kritik
    Obwohl die politischen Stiftungen in Deutschland miteinander konkurrieren, gilt es eigentlich als tabu, sich gegenseitig zu kritisieren. Gerade, wenn es um die Frage geht, warum die eine deutsche Stiftung dieses oder jenes autoritäre Land verlassen hat, eine andere deutsche Stiftung aber dort geblieben ist.
    "Es ist natürlich auch immer mit dem politischen Spektrum manchmal verbunden – aber das würde ich nicht bewerten wollen", sagt etwa Frank Priess von der Adenauer-Stiftung. Nicole Renvert ist Fellow der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Die Berliner Expertin erklärt das unterschiedliche Vorgehen der Stiftungen in einem Land.
    "Es kann in diesem konkreten Fall zum Beispiel so sein, dass die Ebert-Stiftung gute Kontakte hat zur Regierungspartei und eben die Heinrich-Böll-Stiftung stärkere Kontakte zur Opposition. Wenn dann der Fall eintritt, dass der Böll-Stiftung das Leben schwer gemacht wird durch diese Nähe zu Opposition, dann muss sie überlegen: Wie können wir hier arbeiten oder müssen wir das Land verlassen? Für die Ebert-Stiftung stellt sich aber eben die Frage: Was können wir noch mitgestalten? Da bleiben wir lieber im Land, weil unsere Arbeit ja nicht direkt von diesen Repressionen betroffen ist."
    Wie sensibel die internationale Arbeit ist, wird auch bei den Golfstaaten deutlich. Nach den arabischen Demokratieprotesten wurde die Adenauer-Stiftung 2012 aus den Vereinigten Arabischen Emiraten geworfen – zwar ohne offizielle Begründung, aber wohl aus Furcht vor politischer Einflussnahme. Nun arbeitet sie von Jordanien aus weiter, um die Demokratie am Golf zu fördern. Damit könnte sie aber auch ihr Gastland in Schwierigkeiten bringen, analysiert Nicole Renvert.
    "Jordanien hat ja nicht nur gute Beziehungen zu Deutschland, es hat vor allem eigentlich auch gute Beziehungen zu den Golfstaaten. Und ich würde davon ausgehen, wenn die Signale bekommen, dass diese Stiftungsarbeit von ihren Golfpartnern nicht unbedingt als positiv empfunden werden, dass es dort auch Gespräche von jordanischer Seite mit den Stiftungen geben würde."
    Die Stiftungsarbeit – ein heikles diplomatisches Feld?
    "Vermintes diplomatisches Feld!"
    China lässt Stiftungen überwachen
    Berlin-Kreuzberg, ein tristes Bürohochhaus aus den 30er Jahren. Am Eingang ein Schild mit Adler und dem Schriftzug "Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit". In der zehnten Etage befindet sich das Büro von Hans-Joachim Fuchtel – mit Kuckucksuhr und Kreuz an der Wand. Der CDU-Politiker aus Baden-Württemberg ist parlamentarischer Staatssekretär und hört immer wieder Klagen der parteinahen Stiftungen über Probleme im Ausland – wie in Ägypten, Aserbaidschan oder China. Und Fuchtel reagiert. So sprach er bei seiner China-Reise im Oktober die Regierung auf ihr neues NGO-Gesetz an. Künftig soll die chinesische Polizei die Stiftungen überwachen und Kooperationen mit lokalen Gruppen müssen offenlegt werden. Die deutsche Regierung zeigt sich skeptisch.
    Hans-Joachim Fuchtel, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
    Der CDU-Politiker Hans-Joachim Fuchtel sprach in China das umstrittene NGO-Gesetz an. (imago/Rüdiger Wölk)
    "Mir wurde von meinen Gesprächspartnern immer wieder versichert, das richte sich nicht gegen deutsche Stiftungen, sondern gegen andere Stiftungen anderer Staaten – wobei das nicht näher spezifiziert wurde. Und man würde durch die praktische Zusammenarbeit sehen, dass das auch so sei. Aber das Ergebnis bleibt abzuwarten."
    Die sechs etablierten parteinahen Stiftungen haben im vergangenen Jahr zusammen rund 325 Millionen Euro aus der Staatskasse erhalten für ihre politische Auslandsarbeit. Und wird es auf dem internationalen Parkett brenzlig, greifen sie auch gern auf die diplomatische Hilfe der Regierung zurück. Staatssekretär Fuchtel legt sich ins Zeug, weil die Stiftungen im Ausland letztlich für Deutschland werben würden.
    "Das, was hier in Deutschland gang und gäbe ist an politischer Kultur, muss nicht in jedem Land das sein, was dort gewünscht wird. Und das muss man dann auch wieder als Demokrat akzeptieren. Aber es geht natürlich darum, dass Grundstrukturen des demokratischen Denkens Fuß fassen, weil das eben doch das erfolgreichste Modell auf der Welt ist."
    "Ich fühle mich da sehr wohl von der Bundesregierung unterstützt", erklärt Barbara Unmüßig von der Heinrich-Böll-Stiftung.
    "Wenn es allerdings zum Schwur kommt, dann bin ich jetzt auch relativ illusionslos, dass man nicht die diplomatischen Beziehungen abbricht zu einem Land, weil eine Stiftung hier nicht mehr arbeiten kann, also da bin ich Realistin. Aber wie gesagt, ich fühle mich da sehr wohl von der Bundesregierung unterstützt!"
    Unabhängigkeit von der Bundesregierung
    Auf der anderen Seite betonen die Stiftungen ihre Unabhängigkeit. Ein Spagat – weiß die Berliner Expertin Nicole Renvert von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
    "Ganz einfach auch deswegen, weil die Stiftungen auch sagen: Wir können viele Dinge im Ausland nur machen, weil wir eben nicht der verlängerte Arm der Bundesregierung sind. Dadurch ist es ihnen eben möglich, mit Kräften auch zu arbeiten, bei denen die offizielle Diplomatie eben keine Zugänge hat."
    Weltweit zeigt sich: mehr zivilgesellschaftliche Proteste – aber auch mehr staatliche Repression. Die politischen Stiftungen müssen umsteuern – etwa auf Nachbarländer ausweichen oder alternative Themen besetzen. Und notfalls müssen sie sich zurückziehen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hofft, dass im Gegenzug ihre Expertise künftig stärker im Inland gefragt ist. So berichtet Frank Priess, zuständig für die internationale Zusammenarbeit, dass die eigene Auslands-Erfahrung hoch im Kurs stehe bei deutschen Politikern.
    "Das Thema Migration und Flucht spielt da eine ganz große Rolle. Plötzlich ist für jeden Abgeordneten interessant, was sich in einem Flüchtlingslager im Libanon oder in Jordanien abspielt. Und wenn dann Organisationen vor Ort sind, die diese Expertise liefern können, dann wird die sehr intensiv nachgefragt."
    Stiftungen haben mittlerweile mehr Konkurrenz
    Nicole Renvert warnt hingegen davor, dass sich die parteinahen Stiftungen bequem zurücklehnen: Im Inland gebe es nämlich längst allerhand fachliche Konkurrenz – durch Unternehmens-Stiftungen, wie von Bertelsmann oder Hertie.
    Berlin: Blick vom Berliner Dom auf die Straße Unter den Linden mit dem Gebäude der Bertelsmann-Stiftung und dem Kronprinzenpalais (r), 
    Die Bertelsmann-Stiftung macht den Parteistiftungen Konkurrenz. (picture alliance / ZB / Peer Grimm)
    "Diese Bonner Zeiten, wo die Stiftungen eben relativ alleine waren mit ihrem Angebot, die sind eben vorbei".
    Der Druck auf die Stiftungen steige, so die Expertin, auch neues, kreatives Personal einzustellen.
    "Über lange Zeit galten die Stiftungen ja als reiner Versorgungsposten von ehemaligen – oft nicht so erfolgreichen – Politikern. Aber bei den Stiftungen sieht man schon, die rekrutieren viele junge Leute, oft Quereinsteiger, das verändert die Kultur der Stiftungen und das tut ihnen sehr gut."
    Nicole Renvert bilanziert: Die Demokratie-Förderung im Ausland wird weiterhin gebraucht. Aber die parteinahen Stiftungen stünden am Anfang eines Umdenk-Prozesses.
    "Die Außenpolitik befindet sich im Flux, im Wandel. Und so müssen sich eben auch die Stiftungen flexibler auf neue Herausforderungen einstellen. Und wenn sie sehen, in bestimmten Ländern werden bestimmte Projekte und Konzepte nicht mehr funktionieren, dann braucht man eben einen Plan B."