Im ersten Halbfinale des Mountain West Turniers qualifizierte sich Colorado mit 3:1-Sätzen gegen San Diego für das Endspiel. Das zweite Halbfinale - fand nicht statt. Denn Boise weigerte sich, gegen die Mannschaft von San José anzutreten. Der Grund: Im Team von San José spielt eine Trans-Athletin. Fairness und Sicherheit seien deshalb nicht gewährleistet, so die Begründung des Teams, das lieber eine Niederlage einsteckte und auf die Chance verzichtete, sich für die US-Meisterschaften zu qualifizieren.
San José stand damit automatisch im Finale. Und weiter mitten im neusten Kulturkampf der USA, angeheizt von Donald Trump. Republikaner investierten knapp 100 Millionen Dollar in Anti-Trans-Wahlkampfspots. Trump schwor: Als Präsident werde er keine Männer im Frauensport erlauben: „We will of course keep men out of women's sports, I promise.“
Das Drama um die Mannschaft von San José begann im April. Eine konservative Website outete eine Spielerin der Volleyball-Frauenmannschaft als Trans-Athletin. Das habe selbst einige ihrer Mannschaftskolleginnen überrascht, erklärte Co-Kapitänin Brooke Slusser in einem Fernsehinterview. "So viele Gefühle kamen hoch: Wut, Traurigkeit, Reue darüber, dass ich ausgerechnet an diesem College gelandet bin."
Spielerin fühlt sich durch Schlagkraft bedroht
Im September schloss Slusser sich einer Klage gegen den Athletik-Verband der US-Colleges – NCAA – an. Dessen Politik zu Trans-Menschen verstoße gegen das Gesetz zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen im College-Sport, argumentieren die Klägerinnen.
Seit zwei Jahren erlaubt die NCAA den jeweiligen Ligen selbst zu entscheiden, ob sie Trans-Sportlerinnen in Frauenmannschaften erlauben. Die Volleyball-Liga lässt das zu, solange ihre Testosteronwerte nicht über dem Durchschnittswert von Männern ihres Alters liegen. Spielerin Slusser sagt, sie fühle sich durch die Schlagkraft ihrer Mannschaftskameradin bedroht.
"Fairness und Sicherheit – das sind die Gründe, warum es Männer und Frauenmannschaften gibt. Diese Person kann viel höher springen als wir, ihre Aufschläge sind so viel stärker als unsere. Ihre Bälle haben mich ein paar Mal erwischt und ich hatte wochenlang einen blauen Fleck auf meinem Oberschenkel."
Mit mangelnder Sicherheit begründeten auch vier Teams aus der Liga ihre Entscheidung, in dieser Saison nicht mehr gegen San José anzutreten. Die Mannschaft steht auf Rang zwei der Liga – mit 12 Siegen und sechs Niederlagen. Sechs der Siege kamen durch den freiwilligen Rückzug der Gegnerinnen.
Eil-Klage wegen Teilnahme der Trans-Athletin
Mit einer Eil-Klage wollten Slusser und andere die Teilnahme der Trans-Athletin am Regionalturnier von Mountain West verhindern. Ihr Anwalt Bill Bock erklärte dazu in einem Fernsehinterview: "Im Sport gibt es nur eine Art Frauen. Sport sollte nach Geschlecht geteilt sein. Frauen tragen die Hauptlast dieser irrigen Vorstellung, dass wir Trans-Personen überall integrieren müssen. Die einzig faire Lösung für alle im Sport ist, eine separate Kategorie für sie zu schaffen."
Das ist allerdings nicht praktikabel. Es gibt rund eine halbe Million US-College Athletinnen und Athleten in 24 Sportarten. Davon sind 40 als transgender Menschen registriert.
Das Thema ist komplex und verdient einfühlsame und auf Fakten basierende Diskussionen, sagt Ashland Johnson. Sie leitet "The Inclusion Playbook", eine Organisation, die unter anderem den Athletik-Verband der US-Colleges berät. Johnson wirft Mannschaften, die sich weigern, gegen San José zu spielen, vor, auf Druck von außen zu reagieren.
"Sie verändern ihre Position nur, wenn sie mit Tausenden von Hass-speienden E-Mails überrollt werden. Vielen dieser Menschen geht es nicht um Frauen im Sport. Sonst würden sie sich für das einsetzen, was Athletinnen schon lange fordern: mehr Geld, bessere Trainingsbedingungen und bessere Ausstattung."
Trans-Spielerin seit mehr als zwei Jahren im Team
Die Klage gegen die Teilnahme der Trans-Athletin am West Mountain Turnier wurde abgewiesen. Die Klägerinnen könnten nicht nachweisen, dass ihnen durch die Teilnahme irreparabler Schaden zugefügt werde, heißt es im Urteil. Der Richter verwies außerdem darauf, dass die Trans-Spielerin seit mehr als zwei Jahren Mitglied der Mannschaft ist. Ein akuter Anlass, sie von Spielen auszuschließen, sei nicht gegeben. Die West Mountain Volleyball-Liga äußerte sich zufrieden mit dem Urteil: Wir freuen uns darauf, das Turnier wie geplant durchzuführen und damit unsere jungen Athletinnen und ihren Wettkampfgeist zu feiern.