
Distickstoffmonoxid (N₂O), bekannt als Lachgas, sorgt nicht nur für schmerzfreie Zahnbehandlungen, sondern auch für gravierende Klimaprobleme. Noch alarmierender: Es gibt bislang keine Technologie, um der Atmosphäre N₂O zu entziehen.
Lachgas als unterschätztes Klimaschwergewicht
Lachgas ist nach Kohlendioxid (CO₂) und Methan (CH₄) das drittwichtigste Treibhausgas. Es trägt nach CO₂ und CH₄ am stärksten zur vom Menschen verursachten Erderwärmung bei. Es ist nicht nur sehr klimawirksam, sondern auch sehr langlebig.
Zwar wird Lachgas in deutlich geringeren Mengen freigesetzt, doch sein Erwärmungspotenzial ist 265- bis 300-mal höher als das von CO₂, auch bleibt es über ein Jahrhundert in der Atmosphäre. Dadurch hat es eine enorme Auswirkung auf das Klima. Zusätzlich zerstört es die Ozonschicht.

Seit der vorindustriellen Zeit ist die Konzentration laut einer aktuellen Studie des Forschungsverbunds Global Carbon Project unter Leitung des Boston College um fast 25 Prozent gestiegen, von etwa 270 ppb (Teile pro Milliarde) im Jahr 1750 auf 336 ppb im Jahr 2022.
In den Jahren 2020 und 2021 wurde so viel Lachgas emittiert wie noch nie seit Beginn der Messungen. Die Meeresbiologin Claudia Frey von der Universität Basel beschreibt Lachgas daher als „das übersehene Schwergewicht unter den Treibhausgasen“.
Globale Emissionen steigen – China führt die Liste an
Seit der Industrialisierung nehmen die Konzentrationen jedes Jahr zu. Laut dem Global Carbon Project sind die weltweiten menschengemachten N₂O-Emissionen in den vergangenen 40 Jahren (1980–2020) um rund 40 Prozent gestiegen.
In vielen Schwellenländern sind die Werte deutlich gestiegen. Seit den 2010er-Jahren ist China der weltweit größte N₂O-Emittent. Es trägt rund ein Fünftel zu den globalen Emissionen bei und leistet einen erheblichen Beitrag zum jüngsten Anstieg.
Europa hat seine Emissionen seit den 1980er-Jahren um etwa 30 Prozent reduziert – vor allem durch politische Maßnahmen gegen übermäßigen Düngereinsatz.
Lachgas entsteht überall dort, wo Mikroorganismen Stickstoffverbindungen zersetzen. In Böden geschieht dies vor allem durch Dünger und Tierdung. Dabei entsteht N₂O als Nebenprodukt.
Der starke Anstieg der Lachgasemissionen geht auf den Menschen zurück. Nach Angaben des Global Carbon Project stammen rund drei Viertel der vom Menschen verursachten Emissionen aus der Landwirtschaft.
Hauptursache ist der intensive Einsatz stickstoffhaltiger Düngemittel. Pflanzen nehmen den Stickstoff nicht vollständig auf. Der Überschuss gelangt in den Boden, wo Mikroorganismen Nitrat zersetzen und N₂O freisetzen.
Lachgas entsteht jedoch nicht nur auf Feldern. Stickstoff aus Böden gelangt in Grund- und Oberflächengewässer, verschlechtert die Wasserqualität und setzt dort Lachgas frei.
Außerdem gelangt Stickstoff über die Luft in andere Ökosysteme (atmosphärische Deposition) und erhöht dadurch die N₂O-Emissionen der Meere. „Der Mensch bringt große Mengen künstlichen Nitrats in die Umwelt“, erklärt Claudia Frey.
Ozeane produzieren immer mehr Lachgas
Ozeane sind die zweitgrößte natürliche Quelle für N₂O. Besonders viel entsteht in Sauerstoffminimumzonen, also in Gebieten mit sehr niedrigem Sauerstoffgehalt. Diese liegen vor Kontinentalküsten, etwa vor Mexiko oder Kalifornien. Dort nutzen Mikroben Nitrat als Ersatz für Sauerstoff und produzieren dabei Lachgas.
Mit der Erwärmung der Meere breiten sich diese Zonen aus. Dadurch steigt die natürliche Produktion von N₂O. Mehr Lachgas gelangt aus den Ozeanen in die Atmosphäre und verstärkt die Erderwärmung – ein Teufelskreis. „Dadurch kann sich dieser Treibhausgaseffekt noch weiter verstärken. Man darf nicht vergessen, dass unsere Erde zu zwei Dritteln von Ozeanen bedeckt ist“, mahnt Meeresbiologin Frey.
Es gibt jedoch interessante Gegenbeispiele. Im Schwarzen Meer passiert etwas Besonderes: Obwohl in den tiefen, sauerstoffarmen Schichten viel Lachgas entsteht, gelangt fast nichts in die Luft. Es scheint, als bliebe es eingeschlossen. Der Grund: Mikroorganismen bauen das Gas ab, bevor es die Oberfläche erreicht. So wirkt die Natur wie ein biologischer Filter.
Emissions-Reduktion an der Quelle bleibt entscheidend
Es gibt bisher keine technischen Verfahren, um N₂O aus der Atmosphäre zu entfernen. Die einzige Strategie ist daher die konsequente Vermeidung von Emissionen an der Quelle. Die mit Abstand größte vom Menschen verursachte Quelle ist die Landwirtschaft.
Forschende empfehlen drei Schritte: Gezieltes und sparsameres Düngen, das den tatsächlichen Nährstoffbedarf der Pflanzen berücksichtigt, die Anpassung industrieller Prozesse sowie die Verringerung fossiler Brennstoffe, da auch bei deren Verbrennung Lachgas entsteht.
Zusätzlich wird ein globales Messnetz gefordert, das sowohl Emissionen an Land als auch im Ozean kontinuierlich überwacht. Ein solches Netzwerk ist entscheidend, um regionale Unterschiede und Trends frühzeitig zu erkennen. Es zeigt, ob Maßnahmen zur Emissionsminderung wirken und macht neue Risiken wie die Ausbreitung von Sauerstoffmangelzonen in den Ozeanen rechtzeitig sichtbar.
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