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Lang-Lkw auf Autobahnen
Öko-Liner oder Monster-Trucks?

Seit Anfang des Jahres sind Lang-Lkw für den Regelbetrieb in Deutschland zugelassen. An den bis zu 25 Meter langen Fahrzeugen scheiden sich die Geister: Die einen befürchten, dass noch mehr Güter auf der Straße transportiert werden - die anderen, vor allem Spediteure, sehen Vorteile.

Von Katja Scherer |
    Ein MAN-Lang-LKW des Typs TGX 26.480 6X2-2 LL steht mit einer Gesamtzuglänge von 25 Metern in den Räumen der Messe München.
    Ein Lang-Lkw steht mit einer Gesamtzuglänge von 25 Metern in den Räumen der Messe München. (imago / Stephan Görlich)
    "So, das ist der Anhänger für den Gigaliner."
    Michael Wiesemann steht auf dem Hof der Spedition Georgi Transporte in Mörfelden bei Frankfurt. Seit einem halben Jahr fährt er einen Lang-Lkw. Das sind Lastwagen, die bis zu 25,25 Meter lang sind – sechseinhalb Meter mehr als bisherige Fahrzeuge. Wiesemann schwingt sich auf den Fahrersitz seines Lkw. Er muss zum Flughafen, dort abladen, dafür aber zunächst auf dem engen Hof ausparken:
    "Jetzt geht’s los, jetzt schauen sie mal her. Normalerweise hat man hier schon Schwierigkeit zu wenden, mit so einem normalen. Aber ich komm' ganz normal rum. Aber der hat einen ganz normalen Wendekreis!"
    Lang-Lkw seit Januar im Regelbetrieb zugelassen
    Monster-Truck, Gigaliner, Ökotruck – Lang-Lkw haben mittlerweile viele Namen, schmeichelhafte und weniger schmeichelhafte. Seit Januar sind die Fahrzeuge in Deutschland im Regelbetrieb zugelassen; das heißt, sie dürfen von Speditionen dauerhaft auf dafür zugelassenen Strecken eingesetzt werden. Aktuell sind rund 11.600 Streckenkilometer bundesweit freigegeben, 70 Prozent davon Autobahnen; dazu kommen Zufahrtswege und Überlandstraßen. Befürworter der Lang-Lkw argumentieren, dass durch die überlangen Fahrzeuge Lastwagen normaler Größe eingespart würden: Das verringere Abgase und senke die Straßenbelastung. Umwelt- und Bahnverbände dagegen rechnen mit einer Verlagerung von zusätzlichem Verkehr auf die Straße – und einer in der Summe negativen Ökobilanz der Fahrzeuge. Deutsche Umwelthilfe, BUND und Allianz Pro Schiene haben im April beim Verwaltungsgericht Berlin Klage eingereicht:
    Ein Gigaliner der Spedition Krüger und Voigt fährt bei Zarrentin (Mecklenburg-Vorpommern) mit einer Sondergenehmigung von der Autobahn auf eine Landstraße. 
    Ein Gigaliner im Nordosten unterwegs. (picture alliance / ZB / Jens Büttner)
    "Wir hoffen, dass wir diesen verkehrspolitischen Wahnsinn des Ministers juristisch jetzt noch stoppen können. Und wenn das juristisch nicht zu stoppen ist, dann hoffen wir auf die nächste Bundesregierung, die diesem Spuk ein Ende bereitet", sagt Dirk Flege, Geschäftsführer des Vereins Allianz pro Schiene. Die mündliche Verhandlung darüber soll kommendes Jahr stattfinden.
    Schulungen für die Fahrer
    Die Spedition Georgi hat insgesamt sechs Lang-Lkw in Betrieb. Fahrer Michael Wiesemann erinnert sich noch gut an seine Bedenken, als sein Chef ihn vor einigen Monaten bat, auf eines der Fahrzeuge umzusteigen:
    "Zuerst wollte ich nicht, aber ich muss ehrlich sagen, ich fahre ihn jetzt ein halbes Jahr und es ist, als hätte ich ihn immer gefahren."
    Zur Vorbereitung machte er eine Tagesschulung: Wie ist der Lkw aufgebaut? Wie muss man bremsen? Zudem habe er mit einem Fahrlehrer geübt.
    "Zuerst als wir auf dem Hof gedreht haben, da dachte ich, da kommst du nie rum. Und er meinte, mach mal, fahr mal. Naja und so ist man dann aufgebaut worden. Das war prima."
    Investitionen rechnen sich für Speditionen
    Die erste richtige Fahrt im Lang-Lkw war für den gebürtigen Berliner dennoch aufregend:
    "Das erste Mal bin ich nach Hamburg gefahren, und ich weiß, da ist es sehr sehr eng, als ich da ankam, ich hab wirklich geschwitzt. Aber wenn man das einmal drin hat, dann klappt's."
    Hans-Jörg Schnorrenberg leitet den Innovationsbereich bei Georgi Transporte. Ein Lang-Lkw kostet ihn in der Anschaffung etwa 180.000 Euro und damit rund 50.000 Euro mehr als ein herkömmlicher Lkw. Für die Spedition lohne sich der Einsatz der Lang-Lkw trotzdem, sagt er:
    "Für uns macht es schon Sinn, denn zwei Gigaliner ersetzen drei herkömmliche Lkw, das heißt also pro zwei Gigaliner brauchen wir einen normalen Lkw weniger und somit auch einen Fahrer weniger."
    Weniger Fahrer, Sprit und andere Kosten
    Zudem sparen die Speditionen Sprit und damit weitere Kosten, wenn sie einen normalen Lkw ersetzen können. Das wiederum komme nicht nur seinem Gewinn, sondern letztendlich auch der Umwelt zu Gute, rechnet Schnorrenberg vor. Denn mit dem Sprit werden auch Abgase eingespart:
    "Wir haben jetzt einen Durchschnittsverbrauch von 33 Litern mit dem Lang-Lkw, der normale Lkw hat 29 Liter. Das heißt, bei der derzeitigen Kilometerleistung spart ein Lang-Lkw ca. 200 Liter Diesel die Woche pro 100 Kilometer."
    Ein Gigaliner ("Lang-LKW") der Spedition Gustke startet am 20.05.2015 in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) zu seiner ersten offiziellen Fahrt nach Hamburg. Gigaliner haben eine Gesamtlänge von bis zu 25,25 Metern mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen und sind damit 6,50 Meter länger als ein herkömmlicher Lkw. Diese Fahrzeuge dürfen nur mit Sondergenehmigungen zum Einsatz kommen. Foto: Bernd Wüstneck/dpa
    Ein sogenannter Gigaliner. (picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    Daher der Name "Öko-Truck". Ganz so einfach ist die Rechnung allerdings nicht. Denn Lang-Lkw sind in der Bilanz nur dann umweltfreundlicher, wenn durch sie "normale" Lkw wegfallen. Im Vergleich zur Bahn aber schneiden Lastwagen aus ökologischer Sicht schlecht ab; das zeigen Berechnungen des Bundesumweltministeriums. Während die Bahn durchschnittlich 24 Gramm Treibhausgase pro Tonnenkilometer ausstößt, sind es beim Lkw mehr als vier Mal so viel. Wenn also, wie Kritiker befürchten, durch die Lang-Lkw viele Gütertransporte von der Schiene auf die Straße abwandern und damit der Lkw-Verkehr insgesamt zunimmt, könnte die Schadstoff-Bilanz der neuen Fahrzeuge in der Summe eben doch negativ ausfallen. Die Bundesregierung unterlaufe mit der Regelzulassung der Lang-Lkw also die angestrebte Verkehrswende, kritisiert Dirk Flege von der Allianz pro Schiene:
    Noch mehr Verkehr befürchtet
    "Diese sogenannten Gigaliner oder Lang-Lkw haben enorme Kostenvorteile aus Lkw-Sicht heraus und das führt eben genau dazu, dass der Lkw-Verkehr einen Riesen-Vorteil bekommt gegenüber der Güterbahn und das obwohl die Politik immer sagt, wir müssen mehr Güter auf die Schiene bringen und das, obwohl die Politik immer sagt, wir wollen das Klima schützen."
    Wird es durch den Lang-Lkw eine Verlagerung von der Schiene auf die Straße geben? Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat einen fünfjährigen Feldversuch zum Einsatz von Lang-Lkw durchgeführt und geht davon aus, dass keine Verlagerung stattfindet. Denn die Lang-Lkw seien für ganz andere Frachten geeignet als Güterwagons, sagt Projektleiter Marco Irzig:
    "Wenn man sich die Güter anschaut, die mit dem Lang-Lkw transportiert werden und die die mit der Bahn transportiert werden, dann gibt es da nur eine ganz kleine Schnittmenge. Die Bahn ist halt gut, wenn's um lange Strecken mit schwergewichtigen Gütern geht; der Lang-Lkw dagegen ist besser für leichte, voluminöse Transporte."
    Konkurrenz zur Bahn noch unsicher
    Das würde bedeuten, dass mit der Bahn schon jetzt keine Güter mehr transportiert werden, die überhaupt für eine Verlagerung in Frage kommen. Allerdings: Exakte Zahlen darüber zu finden, welche Güter auf der Schiene unterwegs sind, ist schwierig. Und andere Experten wie Michael Schreckenberg, Professor für Verkehrsphysik an der Universität Duisburg-Essen, rechnen wie die Umweltverbände durchaus mit einer Verlagerung:
    Ein Triebwagen der Abteilung -Cargo- der Schweizer Bundesbahn im Bahnhof von Basel
    Ein Triebwagen der Schweizer Bundesbahn im Bahnhof von Basel ( imago / Norbert Schmidt )
    "Es ist sehr schwer abzuschätzen, wie viele Prozent am Ende zusätzlich auf der Straße landen, aber ich schätze mal, das etwa zehn bis zwanzig Prozent realistisch sind, was dann den Straßenverkehr natürlich auch nochmal stärker belastet."
    Auswirkungen auf den Straßenverkehr
    Fahrer Michael Wiesemann folgt den Autobahnschildern. Es ist ein Dienstagmorgen; gerade ebbt der Berufsverkehr ab.
    "So, wir fahren jetzt auf die Autobahn - da ist eine ganz enge Stelle, aber wir kommen da wunderbar durch!"
    Wie sich der Einsatz von Lang-Lkw auf den Straßenverkehr auswirkt, muss sich noch herausstellen. Marco Irzig von der Bundesanstalt für Straßenwesen hat dazu während der fünfjährigen Testphase zahlreiche Untersuchungen angestellt. Kritiker bemängeln, dass an dieser Testphase nur maximal 160 Fahrzeuge beteiligt waren. Irzig ist sich dennoch sicher, dass seine Untersuchungen zu einem klaren Ergebnis führen: Der Lang-Lkw habe im Straßenverkehr keine Nachteile.
    Michael Wiesemann nähert sich der Autobahnauffahrt. Seine Tachonadel zeigt 30 Stunden-Kilometer an:
    "So, hier kommt die Baustelle, die ganz enge, hier haben die anderen Probleme, ich nicht."
    Große Geländewagen wirken wie Spielzeug-Autos
    Selbst große Geländewagen wirken aus der Fahrerkabine betrachtet wie Spielzeug-Autos. Als Herrscher der Fahrbahn fühlt sich der gebürtige Berliner dennoch nicht – weder gegenüber PKW--Fahrern noch gegenüber seinen Kollegen in normalen Lastzügen:
    "Det is'n Klischee, was man sich eigentlich gar nicht erlauben darf."
    Lastwagen sind an der Raststätte Hannover-Garbsen (Niedersachsen) an der Bundesautobahn 2 abgestellt.
    Lastwagen an der Raststätte Hannover-Garbsen. Parken mit einem Gigaline ist da nicht so einfach. (dpa/Holger Hollemann)
    Trotzdem erlebt Wiesemann immer wieder, dass er auf Raststätten angesprochen wird:
    "Die Unterhaltungen, die ich bisher hatte, haben mit negativen Bemerkungen angefangen. Und wenn ich dann erklärt habe, wie das eigentlich funktioniert und wie so ein Lkw aufgebaut ist, dann waren die negativen Reaktionen eigentlich weg."
    Michael Wiesemanns Fahrerkabine ist mit modernster Technik ausgestattet: Spurhalteassistent, Rückwärtsfahrkamera, automatischer Abstandhalter. Technologische Hilfen, die viele ältere Lkw nicht haben. Plötzlich staut sich der Verkehr und Michael Wiesemann tritt auf die Bremse:
    "Der Warner hat mir angezeigt: Stopp. Dann haben wir Stopp gemacht. Das Auto reagiert sofort."
    Gewicht verteilt sich auf mehr Achsen
    Haben Lang-Lkw einen anderen Bremsweg als herkömmliche Lastwagen? Machen sie mehr Lärm? Alles Fragen, die Verkehrsexperte Marco Irzig mit 'Nein' beantwortet. Auch die Belastung für Straßen und Brücken steige durch die Lang-Lkw nicht, da sich das Gewicht der Fahrzeuge auf mehr Achsen verteilt:
    "Durch den Lang-Lkw, der sagen wir mal Kartoffel-Chips transportiert, der hat vielleicht sechs, sieben Achsen und wenn man den vollpackt, kommt der so auf 35 Tonnen. Der normale Lkw hat nur 4-5 Achsen und hat nicht 35, sondern vielleicht 25 oder 23 Tonnen. Deswegen ist das ein Nullsummenspiel, dass ich halt einmal 35 Tonnen auf 7 Achsen verteile und einmal 25 Tonnen auf 5 Achsen. Dann bin ich jedes Mal im Schnitt bei 5 Tonnen pro Achse und das ist wie gesagt, ein Nullsummenspiel."
    Auch Lang-Lkw dürfen nur 40 Tonnen wiegen
    Dazu kommt, dass selbst vollbeladene Lang-Lkw maximal nur 40 Tonnen wiegen dürfen – genau wie Lastwagen herkömmlicher Länge auch. Umweltverbände befürchten jedoch, dass diese Vorgabe bald fallen könnte. In Dänemark und den Niederlanden etwa dürfen schon jetzt Lastwagen mit bis zu 60 Tonnen Gesamtgewicht auf den Straßen unterwegs sein; in Schweden sind sogar 64 Tonnen erlaubt.
    Marco Irzig von der Bundesanstalt für Straßenwesen hält das für Panikmache: Über eine Zulassung von 60-Tonnern werde in Deutschland nicht einmal diskutiert. Die einzige Herausforderung für Lang-Lkw im Straßenverkehr sei die Parksituation. Michael Wiesemann kann das bestätigen:
    "So wie ich das sehe, wird’s kompliziert. Das sieht von hier aus schon voll aus."
    Probleme bei Parkplätzen an der Autobahn
    Wiesemann fährt auf einen einfachen Rastplatz an der Autobahn. Um seinen Lkw zu parken, muss er entweder einen Platz für Schwertransporter finden, oder seinen Anhänger abkoppeln und separat abstellen. Dazu bräuchte er dann sogar zwei freie Parkbuchten:
    "Wenn jetzt meine Pause vorbei wäre, hätte ich ein Problem, aber ein paar Kilometer weiter kommt eine Tankstelle."
    Autos und Lkw fahren auf der A2 im Sonnenuntergang, aufgenommen am 16.04.2015 bei Helmstedt (Niedersachsen). Foto: Thomas Eisenhuth/dpa | Verwendung weltweit
    Autos und Lkw auf der A2. (dpa-Zentralbild)
    Zurück auf der Autobahn. Von rechts kommen an einer Einfahrt Autos aufgefahren. Doch ein schwarzer Passat kann sich nicht schnell genug einordnen:
    "So und er hier, der PKW, der hat gedacht, er kann gleich rein und dann hat er gemerkt, der ist ja doch länger und ist eine Weile auf der Standspur gefahren."
    Ängste bei Pkw-Fahrern befürchtet
    Erst nach einigen hundert Metern kann der Passat einfädeln; keine akute Gefahrensituation. Dennoch zeigten solche Momente, dass der Faktor Mensch unberechenbar bleibe, sagt Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen:
    "Je mehr LKW einer gewissen Größe wir haben und auch, wenn sie dann vernetzt sind und auch zusammen fahren können, wird das bei den normalen PKW-Fahrern Ängste erzeugen."
    Er fordert eine bessere Aufklärung der Autofahrer, etwa durch Informationskampagnen. Führende Hersteller von LKW-Anhängern gehen davon aus, dass die Zahl der Lang-Lkw in Deutschland in diesem Jahr auf etwa 340 Fahrzeuge steigen wird. Die Spedition Georgi will zumindest vorerst keine weiteren Fahrzeuge anschaffen. Einerseits, weil die Fahrzeuge nur auf den dafür zugelassenen Strecken und nicht grenzüberschreitend eingesetzt werden dürfen. Andererseits seien viele Kunden in der Industrie noch nicht darauf eingestellt, sagt Innovationsmanager Hans-Jörg Schnorrenberg:
    "Nicht jede produzierende Firma hat schon den Bedarf, dass sie schon gleich einen Gigaliner auslasten kann komplett. Also, das wird noch eine Weile dauern, bis sich dann auch produzierende Firmen ein Stück weit umgestellt haben."
    Menge der zu transportierenden Güter steigt
    Wie viele Lang-Lkw mittelfristig auf deutschen Straßen unterwegs sein werden, ist daher unklar. Die Bundesanstalt für Straßenwesen geht davon aus, dass es bis 2030 nur gut tausend Fahrzeuge sein werden. Logistik-Experte Schreckenberg rechnet dagegen mit deutlich mehr:
    "Wenn sich der Markt dann erst einmal erschließt, mit den Lang-Lkw Dinge zu transportieren, wird man sehen, dass es sehr viel mehr Güter gibt, die man so auf die Straße bringen kann."
    Ein fahrender Güterzug hat Autos der Marke VW geladen
    Güterzug mit Autos. (imago stock&people / Robert Michael)
    Denn Eines sei offensichtlich, so Schreckenberg: Die Menge an Gütern, die transportiert werden muss, wächst. Und egal ob Privathaushalte oder Industriebetriebe: Alle wollen ihre Waren möglichst binnen Stunden direkt bis vor die Tür geliefert haben. So viel Schnelligkeit und Flexibilität könne die Bahn gar nicht leisten, sagt Schreckenberg:
    "Das größte Problem beim Schienenverkehr ist die Verladung, das heißt, ich muss an einen Startpunkt liefern, dort wird verladen. Und ich muss am Zielpunkt auch wieder verladen, um es an einen Endpunkt zu bringen. Das sind die Dinge, die Zeit und Geld kosten. Das spare ich, wenn ich einen Lkw habe, der mich wirklich vom Anfang bis zum Ende transportieren lässt."
    Ansprüche an den Güterverkehr haben sich geändert
    Das zeigt: Letztendlich steht hinter der Debatte um den Lang-Lkw ein strukturelles Problem. Die Ansprüche an den Güterverkehr haben sich geändert – und die Speditionsbranche ist darauf deutlich besser vorbereitet als die Bahn: Fahrzeuge und Strukturen haben sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt: Leichtbau-Lastwagen ermöglichen es, mehr Ladung zu transportieren; eine verbesserte Aerodynamik senkt den Kraftstoffverbrauch und moderne Managementsysteme sorgen dafür, dass die Fahrzeuge im Dauereinsatz sind. Die deutsche Bahn dagegen tut sich mit Innovationen schwer:
    "Die Innovation auf der Schiene ist durchaus beschränkt."
    Während Lkw überall und immer fahren, gibt es bei der Bahn vergleichsweise wenige regelmäßig verkehrende Güterzüge. Wer andere Strecken nutzen will, muss das oft tagelang im Voraus anmelden. Die größten Engpässe im Schienennetz gebe es ausgerechnet an wichtigen Verkehrsknotenpunkten wie Köln, sagt Schreckenberg. Die fehlenden Innovationen bei der Bahn sind auch eine Folge fehlender politischer Unterstützung. In Deutschland gilt das Credo "Schiene vor Straße" - allerdings nur auf dem Papier, sagt Schreckenberg.
    Ausbau der Bahnknoten kommt nicht voran
    "Der Grundsatz Schiene vor Straße ist zwar politisch schnell daher gesagt, er wird aber nicht wirklich gelebt. Es ist am Ende so, das zeigen die Entscheidungen des Bundesverkehrsministerium, dass die Straße der Verkehrsträger Nummer 1 ist, insoweit sind das zum Teil jedenfalls Lippenbekenntnisse."
    Nur wenige Güterzüge und Waggons stehen im Lindener Güterbahnhof in Hannover.
    Ein Güterbahnhof in Hannover. Schienen müsste modernisiert werden. (picture alliance / dpa / Holger Hollemann)
    Nicht nur die Senkung der Lkw-Maut im Jahr 2015 war eine klare Entscheidung gegen mehr Schienentransporte. Vor allem fehle es an ausreichend Geld, um zumindest die wichtigsten Trassen und Knotenpunkte auszubauen, sagt der Logistik-Professor. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan sei eine einzige Hommage an den Straßenverkehr:
    "Man sieht, und das ist einer der größten Fehler des Bundesverkehrswegeplans überhaupt, dass der Eiserne Rhein, also die Strecke zwischen Antwerpen und Ruhrgebiet nicht darin steht. Das heißt, sie wird in den nächsten 15 Jahren nicht kommen und alles wird über die Straße laufen und das wird uns noch über Jahrzehnte beschäftigen, denn diese Entscheidung kann man nicht so einfach korrigieren."
    Andere Verkehrspolitik muss her
    Das zeigt: Wahrscheinlich werden künftig noch mehr Güter auf die Straße kommen. Und womöglich wird der Lang-Lkw diese Entwicklung verstärken. Ihn komplett zu verbieten, würde dennoch wenig bringen. Ziel der Politik müsste es stattdessen sein, sowohl den Straßenverkehr nachhaltig zu steuern, als auch dem Bahnverkehr endlich jene Priorität zukommen zu lassen, die er seit Langem haben sollte. Investitionen müssten an den richtigen Stellen ankommen, im Schienen-, nicht im Straßennetz. Und durch höhere Mautgebühren hätten Speditionen einen echten Anreiz, weniger Fahrzeuge einzusetzen. Dann könnte der Lang-Lkw tatsächlich zum "Ökotruck" werden:
    "Ja, jut, jetzt haben wir noch knappe 500 Meter bis zur Abfahrt."
    Fahrer Michael Wiesemann ist mittlerweile wieder auf dem Heimweg. Er verlässt die Autobahn und rollt zurück zu seiner Spedition.
    "So, wir werden hier schon sehnsüchtig erwartet. Vom Ausflug zurück, heil und gesund, ohne Beule, ohne alles."
    Das Rückwärts-Einparken mit dem knapp 26 Meter langen Fahrzeug gestaltet sich dann doch nochmal kniffelig. Wiesemann muss zweimal nachbessern, bis der Anhänger gerade zwischen den weißen Parklinien steht.
    "Schwierig ist das nicht. Das ist nur, wenn man über Eck einparkt, weil man dann ja auch gerade kommen will. Jetzt sieht es gut aus, Ende!"