Donnerstag, 28. März 2024

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Lehre vom Denken
"Ein altes Interesse an Philosophie ist neu entfacht"

Politik und Fake News, Sex und Luther, Kunstmarkt und Kapitalismus sind Themen der phil.Cologne, die immer mehr Besucher anlocken. Nach den Worten des Philosophen Stefan Gosepath ist seine Disziplin von der eigenen Renaissance selbst überrascht. Er sagte im Dlf, deutsche Philosophen verließen gerade ihren Elfenbeinturm und stießen auf neue öffentliche Räume.

Stefan Gosepath im Gespräch mit Maja Ellmenreich | 11.06.2017
    Der Philosoph und Autor Stefan Gosepath
    Der Philosoph und Autor Stefan Gosepath (imago )
    Die Fragen der Philosophie - etwa nach Wahrheit, Gerechtigkeit, Lebenszielen - habe es in der Gesellschaft schon immer gegeben; allein das Angebot habe bislang gefehlt, sagte der Philosoph Stefan Gosepath im Deutschlandfunk. Dieser Markt werde jetzt mit Festivals und Zeitschriften stärker bedient. "Wir wollen alle hoffen, dass das nicht ein Hype ist, der ganz schnell wieder vorbei ist, weil es ein Überangebot gibt."
    "Charakteristisch für diese Fragen ist auch, dass es nicht die eine einfache Antwort gibt, die man irgendwo im Lexikon nachschlagen kann und dann ist die Frage beantwortet, sondern die Fragen stellen sich immer wieder und verlangen immer wieder neue situative Antworten." Wobei es aus Sicht Gosepaths keine Antwort gibt, "die die Frage ruhig stellt". Dieses Wechselspiel sei vielmehr endlos.
    Bedürfnis nach Entschleunigung
    Das gestiegene Interesse an philosophischen Themen sei auch begründet im Gefühl, dass sich die Welt immer schneller drehe, und dem Bedürfnis nach Entschleunigung. Neben einer leichten Überforderung, etwa mit dem Weltgeschehen, gebe es in der Gesellschaft eine große Enttäuschung. "Nach dem Fall der Mauer hat man den Eindruck gehabt, jetzt könnte eine friedliche Entwicklung eintreten, indem wir für den Wohlstand der Menschheit eintreten, und auf einmal kommen all die alten Probleme - Bürgerkriege, Kriege, autoritäre Staaten, die ihre Interessen durchsetzen - wieder zurück. Und das ist eine gewisse Frustration und da artikuliert sich vielleicht stärker das Gefühl noch mal: Was waren denn jetzt die eigentlichen, grundlegenden Fragen, nach denen wir handeln sollen und wie müssen wir die beantworten und wie müssen wir die umsetzen?"
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.