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Leitzins-Erhöhung der Fed
Ende der Ära des billigen Geldes?

Die amerikanische Notenbank Fed hat den Leitzins erhöht - das könnte vielleicht dazu führen, dass auch die Europäische Zentralbank etwas früher als erwartet zu einer strafferen Geldpolitik zurückkehrt. Doch noch ist für Sparer im Euroraum keine Entspannung angesagt.

Von Brigitte Scholtes | 15.12.2016
    Die Präsidentin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, während einer Pressekonferenz.
    Die Präsidentin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen, äußert sich zur Leitzinserhöhung. (picture alliance / dpa / EPA / Michael Reynolds)
    Eigentlich sind steigende Leitzinsen ja Gift für die Aktienmärkte. Doch die gestrige Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank hat zumindest in einigen europäischen Ländern die Aktienkurse zunächst beflügelt: Die Zinserhöhung der Federal Reserve, der Fed, auf die man lange gewartet habe, sei schon in den Kursen verarbeitet, sagen Experten. Und hinzukommt: Die Börsianer schauen schon ins nächste Jahr, so auch Martin Lück, Chefinvestmentstratege für Deutschland beim Vermögensverwalter Black Rock:
    "Wir denken, dass die Aktieninvestments die interessantere Anlagekategorie sind, dass die Risiken im Moment im Rentenbereich doch erheblich sind vor dem Hintergrund wieder steigender Zinsen und eventuell auch einer deutlich aggressiveren Fiskalpolitik in den Vereinigten Staaten durch die neue Administration, die jetzt ins Amt kommt."
    An den Rentenmärkten hatte man sich schon vor der Zinsentscheidung darauf eingestellt, sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz:
    "Die langfristigen Zinsen haben diese geldpolitische Entscheidung schon in gewissem Sinne vorweggenommen. Die Amerikaner haben einen großen Zinsvorteil gegenüber uns Europäern, und dann wird eben eine Währung stark."
    Deutschland würde von Euro-Abwertung profitieren
    Denn wegen der höheren Zinsen am langen Ende haben Investoren schon begonnen, ihre Gelder in den amerikanischen Währungsraum umzuschichten. Diese Zinsdifferenz zum Euroraum dürfte sich noch weiter ausweiten. Das schwächt den Euro, der fiel heute um zwei Cent auf etwa 1,04 Dollar. Das kommt der europäischen Exportwirtschaft zugute, erklärt Martin Lück von Black Rock:
    "Deutschland, das es am wenigsten bräuchte, würde noch stärker profitieren von einer weiteren Euro-Abwertung. Südeuropa wird es aber sicherlich auch helfen, und vor allen Dingen wird es auch helfen einer Normalisierung der Inflationsrate, weil bisher im Grunde auch die expansive Geldpolitik in Europa hauptsächlich über den Wechselkurs überhaupt gewirkt hat bei einer Stabilisierung der Inflationsrate."
    Noch ist an eine Zinswende in Europa nicht zu denken
    Das könnte vielleicht doch dazu führen, dass die Europäische Zentralbank etwas früher als erwartet zu einer strafferen Geldpolitik zurückkehren könnte, doch für das kommende Jahr, das hatte deren Präsident Mario Draghi aber in der vergangenen Woche deutlich gemacht, ist an eine Zinswende sicher noch nicht zu denken, auch wenn der schwache Euro die Preise im Euroraum treiben könnte. Doch dürfe man auch dessen Nachteile nicht vergessen, mahnt Michael Heise von der Allianz:
    "Er bedeutet auch höhere Importpreise, teureres Öl, teureres Benzin, teurere Reisen ins Ausland, weniger Konsum. Und er kann auch dazu führen, dass Unternehmen nachlässig werden dabei, ihre Produktivität zu steigern, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Und wenn das Wechselkurspendel dann irgendwann mal zurückschwingt, was es tun wird, dann kommt das böse Erwachen und Unternehmen können existenzgefährdet sein."
    Für Sparer im Euroraum ist noch keine Entspannung angesagt. Das gilt auch für die in den Vereinigten Staaten. Denn die Geldpolitik in den USA bleibt noch locker. Doch die Fed hat ja drei weitere Zinsschritte angekündigt. Erst wenn sie diese tatsächlich vollzieht, wird der Zinsabstand zwischen dem Euroraum und den USA deutlicher spürbar.