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Libyen
Terror der Islamisten

Seit der langjährige Herrscher Muammar Gaddafi 2011 mit Hilfe der NATO gestürzt wurde, ist Libyen zu einem Tummelplatz bewaffneter Milizen geworden. Die Übergangsregierung verfügt über keine funktionierenden Sicherheitskräfte. Sie ist machtlos - und inzwischen selbst auf der Flucht.

Von Martin Zagatta | 27.08.2014
    Rauch über Tripolis
    Inmitten der schweren Kämpfe in Libyen, hier Tripolis, hat das neue Parlament seine Arbeit aufgenommen. (picture alliance / dpa / Sabri Elmhedwi)
    "Gott ist groß", rufen die schwerbewaffneten Kämpfer, nachdem sie den Flughafen von Tripolis erobert haben. Mindestens 200 Menschen sollen bei den wochenlangen Gefechten getötet worden sein, bei denen ein islamisches Milizenbündnis jetzt die Oberhand gewonnen hat.
    Die Islamisten ziehen – so wird berichtet – plündernd und brandschatzend durch die Hauptstadt, aus der die Ausländer, aber auch viele Libyer längst schon geflohen sind. Selbst für das neugewählte Parlament ist Tripolis inzwischen viel zu gefährlich geworden. Die Abgeordneten tagen deshalb mehr als 1000 Kilometer entfernt auf einem Hotelschiff in der abgelegenen Hafenstadt Tobruk nahe der ägyptischen Grenze. Da bei der Wahl im Juni moderate Kräfte eine Mehrheit erreicht haben, ist auch das Parlament auf der Flucht vor den Extremisten, die sich blutige Kämpfe liefern mit nationalistischen, eher liberal ausgerichteten Milizen. Verbände der Al-Kaida-nahen Ansar-al Scharia haben inzwischen auch ganze Viertel in Benghasi unter ihre Kontrolle gebracht, in der früheren Rebellenhochburg.
    Das Parlament auf der Flucht
    "Wir wollen das neue Parlament zum Teufel jagen", sagt ein Demonstrant in Benghasi, der es den Abgeordneten verübelt, dass sie jetzt die Vereinten Nationen zum Eingreifen aufgefordert haben. Seit der langjährige Herrscher Muammar Gaddafi 2011 mit Hilfe der NATO gestürzt wurde, ist Libyen zu einem Tummelplatz bewaffneter Milizen geworden. Die Übergangsregierung ist machtlos, da sie über keine funktionierenden Sicherheitskräfte verfügt – und inzwischen selbst auf der Flucht. Ministerpräsident Abdullah Al-Thani hat sich ebenfalls nach Tobruk abgesetzt, nach dem die Islamisten, so sagt er auch sein Haus in Tripolis angezündet haben.
    "Der Ministerpräsident ist seines Amtes enthoben worden", erklärt der Sprecher des alten, noch von Islamisten dominierten Parlaments, das eigentlich gar nicht mehr existiert. Doch eine Gruppe von Abgeordneten des früheren Nationalkongresses hat sich jetzt noch einmal zusammengetan, um eine neue, den Islamisten genehme Regierung einzusetzen – ein illegales Vorgehen, ein Verfassungsbruch, meint Ministerpräsident Thani. Er und auch die neugewählten Abgeordneten können nun aber nur darauf hoffen, dass Khalifa Haftar sie schützt, ein einst abtrünniger General , der eigene Milizen aufgebaut hat, um die Islamisten zu bekämpfen.
    Unterstützung der Islamisten von außen
    Mit einer Operation, die er "Würde" nennt, will Haftar – so sagt er - Libyen vor den Terroristen bewahren. In der Region um die Hafenstadt Bengasi liefern sich seine Verbände heftige Gefechte mit den Islamisten. Unklar ist, ob es auch Kampfjets des Generals waren, die jetzt Angriffe auf die in Tripolis vorrückenden Extremisten geflogen haben. Die USA hegen den Verdacht, dass die Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate oder des Nachbarlands Ägyptens in die Kämpfe in Libyen eingegriffen hat. Beide Länder bestreiten das. Doch vor allem in Kairo, vor allem in Ägypten ist die Befürchtung groß, dass der Terror der Islamisten auch auf das eigene Land übergreifen könnte.