Dienstag, 23. April 2024

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Linken-Politikerin zur Opel-Krise
"Wir brauchen klare Einhaltungen der Zusagen von PSA"

Der französische Opel-Eigentümer PSA solle seine Zusage, zwei Modelle am Standort Eisenach zu bauen, einhalten. Das forderte die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Linke, im Dlf. Damit würde die Auslastung des Werkes gewährleistet, "und auf diese Zusagen werden wir natürlich pochen", sagte Wolf.

Katja Wolf im Gespräch mit Stephanie Rohde | 21.04.2018
    Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Linke) steht vor dem Rathaus in Eisenach (Thüringen).
    Katja Wolf, Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach, fordert den Opel-Mutterkonzern PSA auf, die Zukunftsfähigkeit des Werkes in ihrer Stadt zu sichern (picture alliance/dpa-Zentralbild/Michael Reichel)
    Stephanie Rohde: Um den Sparkurs bei Opel ist ein Machtkampf entbrannt, der sich vor allem am Opel-Werk in Eisenach entzündet, wie Wolfgang Hentschel berichtet hat. Welche Folgen könnte das für den Standort Eisenach haben? Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Katja Wolf von der Linken. Sie ist Oberbürgermeisterin von Eisenach und saß vorher im Thüringer Landtag. Guten Morgen!
    Katja Wolf: Guten Morgen, ich grüße Sie!
    Rohde: Opel als Marke ist wichtig für Ihre Stadt, wie besorgt sind Sie in diesen Tagen um den Standort Eisenach?
    Wolf: Die Nachrichten, die wir bisher ja nur als Spekulation kennen, sind natürlich schon in einem Maße besorgniserregend, dass das nicht mehr einfach weggesteckt werden kann, sowohl für die Stadt nicht als auch für die gesamte Region.
    Rohde: Opel ist ja seit über einem Jahrzehnt nicht wirklich profitabel, ist es nicht nachvollziehbar, dass die PSA jetzt auch Zugeständnisse von den Mitarbeitern verlangt, um eben die Arbeitsplätze langfristig zu retten?
    Wolf: Für uns ist völlig nachvollziehbar, dass PSA versucht, die Rentabilität insgesamt der Marke zu erhöhen, und dass man jetzt auch dran geht, an allen möglichen Stellen zu schauen, wo man auch so drehen kann, dass die Frage der Wirtschaftlichkeit sich anders darstellt, ist aus unserer Sicht völlig nachvollziehbar. Deswegen waren wir gesprächsbereit, deswegen haben wir uns auch zusammengesetzt als Stadt Eisenach mit der Landesregierung und Opel selbst, um zu schauen, wo können wir unseren Beitrag leisten, wo können wir Unterstützung leisten.
    Möglich, vernünftige Synergien zu schaffen
    Rohde: Was haben Sie denn in der Hand oder was können Sie anbieten in diesem Dialog?
    Wolf: Es sind schon verschiedene Stellschrauben, wo wir sagen als Stadt, es ist durchaus möglich, Synergien zu schaffen, und das ist in dem Bereich Energie. Das geht theoretisch bis hin zu solchen Fragen wie Werksfeuerwehr und in der Frage der Flächen, wo geht die Reise hin, wo kann man gegebenenfalls hier als Stadt und als Land auch unterstützend tätig werden.
    Rohde: Was heißt das konkret, das verstehe ich noch nicht ganz.
    Wolf: Das heißt konkret, dass wir uns sehr intensiv zusammengesetzt haben und sehr intensiv geschaut haben, wo ist es möglich, auch als Stadt ein deutliches Signal für das Werk zu geben, also an einem Beispiel genannt: Opel ist verpflichtet, unter anderem eine Werksfeuerwehr bereitzustellen, und da zu schauen, ist es möglich, dass unsere Berufsfeuerwehr gemeinsam mit der Werksfeuerwehr vernünftige Synergien schafft, das ist aus meiner Sicht eine ganz logische und eben auch aus Stadtsicht ganz vernünftige Herangehensweise. Dass jetzt dieser Streit auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden soll und dass jetzt noch mal in dieser Weise auf dem Rücken der Beschäftigten Druck ausgeübt wird, ist aus meiner Sicht nicht verständlich.
    Rohde: Es ist aber ja so, dass die PSA mit Abfindungen, mit Altersteilzeit und mit Vorruhestand lockt, und der Betriebsrat, der hat gestern geklagt, dass Opel inzwischen die Leute weglaufen, weil die Abfindungen so attraktiv sind. Sorgen jetzt einige Opel-Mitarbeiter dafür, dass der Standort Eisenach für Opel immer entbehrlicher wird und vielleicht leichter geschlossen werden kann am Ende?
    Wolf: Na ja gut, dass es in geringem Maß auch eine Anpassung im Bereich der Mitarbeiter geben kann und wird und die sozialverträglich passieren kann, ist für uns jetzt auch nicht überraschend. Dass man sozusagen mit Sprintprämien und Abfindung an dieser Stelle agiert, ist für uns für die Zukunftsfähigkeit des Werks ein Stückchen besorgniserregend, aber auf der anderen Seite natürlich auch jetzt ungewöhnlich. Die Arbeitsmarktsituation in Eisenach ist zurzeit relativ günstig, von daher ist es auch nicht überraschend, dass Mitarbeiter dieses Angebot nutzen. Der Knackpunkt aus meiner Sicht ist die Frage der Zukunftsfähigkeit des Werkes, und das bedeutet eben, welche Modelle kommen zukünftig nach Eisenach und welche Auslastung wird für das Werk angestrebt. Das sind gerade die Fragen, die für uns die Zukunftsfragen sind.
    "Wir werden auf die Zusagen pochen"
    Rohde: Sie haben gerade gesagt, die Situation am Arbeitsmarkt sind ganz okay aus. Anfang 2018 hatte Eisenach, so wie ich das gelesen habe, 7,3 Prozent und damit die höchste Arbeitslosenquote in der Region. Was bedeutet das für eine so strukturschwache Region wie Eisenach, gerade wenn ein Werk voraussichtlich weniger produzieren wird, davon muss man ja ausgehen.
    Wolf: Gut, eine klassisch strukturschwache Region ist Eisenach nicht, aber wir reden jetzt natürlich über Größenordnungen, die für eine Stadt und für eine Region nicht verkraftbar sind. Wir reden über einen Arbeitsplatzabbau, wo man ja nicht vergessen darf, dass wir nicht über Opel reden, sondern am Ende über eine ganze Branche. In dem Moment, wo ich Arbeitsplätze bei Opel abbaue und im Besonderen im Bereich der Schichten Einschnitte vornehme, bedeutet das eins zu eins natürlich weitergereicht, dass wir auch über Zulieferer reden. Und da wird natürlich eine Größenordnung für eine Stadt und eine Region erreicht, wo ich äußerst, äußerst sorgenvoll hinschaue, was da passiert.
    Rohde: Was könnten Sie denn tun, haben Sie schon darüber nachgedacht, andere Arbeitgeber vielleicht an den Standort Eisenach zu locken?
    Wolf: Na gut, im Moment ist ganz vieles noch Spekulation. In dem Moment, wo wir noch keine konkreten und keine klaren Aussagen bekommen, was mit dem Werk geplant ist, in dem Moment ist es natürlich sehr schwer zu reagieren. Und in dem Moment, wo alles noch ein bisschen Tauchstation im Besonderen von PSA ist, ist es für uns auch schwer, mit einem entsprechenden Partner sich an einen Tisch zu setzen. Von daher ist meine Erwartung ganz klar: Wir brauchen die klaren Einhaltungen der Zusagen von PSA. Es gab die Zusagen, es soll zwei Modelle am Standort geben, das würde die Auslastung des Werkes bedeuten, und auf diese Zusagen werden wir natürlich pochen.
    Kampfesbereite Region
    Rohde: Und wenn das nicht passiert?
    Wolf: Dann ist die Region kampfesbereit.
    Rohde: Das heißt?
    Wolf: Wir werden am Dienstag eine Demonstration in Eisenach erleben, wo alle zusammen an einem Strang ziehen, wo die Mitarbeiter die Unterstützung sowohl der Stadt als auch der Landesregierung kriegen, und wir werden deutlich machen, dass die Erwartung sehr, sehr deutlich gemeinsam geäußert wird, dass PSA die Zukunftsfähigkeit des Werkes sichert.
    Rohde: Sie selbst sind die erste Oberbürgermeisterin, die nicht Opel fährt, sondern BMW. Haben Sie selbst sich eigentlich schon von Opel verabschiedet?
    Wolf: Die Aussage ist so nicht richtig. Privat fahre ich weiterhin Opel, und das ist auch völlig richtig so.
    Rohde: Aber als Dienstwagen.
    Wolf: Als Dienstwagen ist für mich die Frage der Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt stehend. Natürlich habe ich mich nicht von der Marke verabschiedet. Die Stadt fährt weiterhin Opel, wir stehen zu Opel und sind an der Stelle natürlich auch eine Unterstützung für unseren Standort – wobei man nicht vergessen darf, dass wir in Eisenach auch ein BMW-Werk haben, das gehört zur Wahrheit dazu.
    Rohde: Das sagt die Oberbürgermeisterin von Eisenach, Katja Wolf von der Linken, hier in den "Informationen am Morgen" im Deutschlandfunk. Vielen Dank für Ihre Zeit!
    Wolf: Ich bedanke mich auch, einen schönen Tag!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.