Christiane Kaess: Was kann der Luftverkehr für den Klimaschutz leisten? Darum geht es heute bei der ersten nationalen Luftfahrt-Konferenz in Leipzig. Politik, Branchenvertreter, Gewerkschaften kommen heute zusammen. Silke Hahne aus unserer Wirtschaftsredaktion, wie stark steht die Branche unter Zugzwang, mehr fürs Klima zu tun?
Silke Hahne: Nun, der Blick aufs Fliegen hat sich innerhalb des letzten Jahres schon stark verändert. Letzten Sommer haben wir noch viel über Verspätungen, Flugausfälle und verlorene Gepäckstücke berichtet. Jetzt wird debattiert, ob Fliegen überhaupt, und wenn ja, auf welchen Strecken okay ist. Politisch steht die Branche also durchaus unter Druck, allerdings ändert das bisher wenig an den Passagierzahlen: Da hat es keine signifikanten Einbrüche gegeben.
Und offenbar hat die Branche davor auch keine Angst, wie es vorab von Verbänden und Unternehmen schon verlautet haben: Sie erwarten global betrachtet immer mehr Nachfrage, vor allem wegen Wohlstandszuwächsen zum Beispiel in Asien. Um vor diesem Hintergrund den CO2-Ausstoß zu reduzieren und langfristig Richtung Null zu drücken, setzt die Branche auf alternative Kraftstoffe, die emissionsfrei wären, sofern sie denn mit Strom aus erneuerbaren Energien produziert würden - viel Konjunktiv also. Dieses Ziel ist noch weit weg, die Branche pocht deshalb jetzt auf finanzielle Unterstützung dafür: Sie wünscht sich Subventionen vom Bund für die Forschung.
Luftverkehrssteuer vorrangig für Klimaschutz
Kaess: Wie wahrscheinlich ist es, dass die Unternehmen sich mit dieser Forderung durchsetzen?
Hahne: Es sieht tatsächlich ganz gut aus. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte jetzt der Deutschen Presseagentur, dass er die Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer für Forschung, Innovation und Klimaziele genutzt wissen will - damit stellt er sich hinter eine Forderung des Luftfahrt-Verbandes BDL. Zuletzt hat der Staat 1,2 Milliarden Euro mit dieser Steuer eingenommen.
Scheuer sagt nun, sein Ministerium wolle fördern statt verbieten. Und er wolle nicht, dass das Billig-Fliegen siegt, sondern Qualität. Das klingt fast deckungsgleich mit Äußerungen von Lufthansa-Chef Carsten Spohr in der Süddeutschen Zeitung. Sowohl Spohr als auch Scheuer dürften sich darüber im Klaren sein, dass Steuern nicht zweckgebunden sind, die Einnahmen also nicht einfach einem bestimmten Zweck gewidmet werden können. Aber bei so viel Einigkeit zwischen Industrie und Politik ist es natürlich vorstellbar, dass es etwa zu so einer Umwandlung in eine Gebühr kommt. Eher unwahrscheinlich scheint inzwischen die Einführung einer Kerosin-Steuer, die das Auftanken in Deutschland teurer machen würde. Die Luftfahrtbranche warnt vor sogenannten nationalen Alleingängen und meint, die Reduktion von Emissionen lasse sich nur international steuern.
Emissionshandel - mit begrenzter Wirkung
Kaess: Und welche internationalen Instrumente gibt es?
Hahne: Zum Beispiel den Europäischen Emissionshandel, seit Anfang 2012 gehört auch der innere-europäische Luftverkehr dazu. Die Krux: Was die Airlines nicht an CO2 verbrauchen, können sie an andere Emittenten verkaufen, die dann das Treibhausgas ausstoßen dürfen. Außerdem waren die Zertifikate lange Zeit sehr billig, es gab große Überkapazitäten - und die Luftfahrt hat lange Zertifikate zugekauft, insgesamt stiegen ihre Emissionen bis 2018. Ab dem kommenden Jahr haben sich 80 Prozent der Branche einer freiwilligen Kompensation angeschlossen, Corsia nennt sich das Programm. Oberhalb des Niveaus von 2020 muss jedes zusätzliche Gramm CO2 darin auch mit Zertifikaten kompensiert werden, die Erlöse sollen in Klimaprojekte fließen. Salopp gesagt werden irgendwo Bäume gepflanzt, um den CO2-Ausstoß wieder auszugleichen.