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Luxemburgs Banken
Schluss mit der Geheimniskrämerei

Am 1. Januar fällt das Bankgeheimnis: Dann meldet Luxemburg dem deutschen Fiskus automatisch Zinserträge, die von deutschen Sparern erzielt werden. Sorgen um seine Existenz macht sich der Finanzsektor des Großherzogtums trotzdem nicht.

Von Tonia Koch | 30.12.2014
    Moselbrücke von Perl (Deutschland) nach Schengen (Luxemburg).
    An der deutsch-luxemburgischen Grenze wird verstärkt auf Schwarzgeld kontrolliert. (dpa / picture-alliance / Romain Fellens)
    Unweit der deutsch-luxemburgischen Grenze hat der Zoll eine Kontrollstelle aufgebaut. Aus einem fahrenden Dienstfahrzeug werden die Autos einzeln aus dem fließenden Verkehr herausgewinkt und auf einen Parkplatz geleitet.
    "Einen wunderschönen Tag, Zollkontrolle. Die Ausweise bitte, der Herr und die Dame."
    Er sei auf dem Weg zum Arzt, sagt der Fahrer und habe es deshalb eilig. Daniel Schirra nickt, dann fährt er ruhig, aber unbeirrt fort.
    "Bitte zeigen sie mir alles mitgeführte Bargeld, Schecks, Edelmetalle oder dergleichen in einem Wert von 10.000 Euro und mehr an. Ich mache Sie gleichzeitig darauf aufmerksam, dass sie im Falle einer Nicht- oder Falschanzeige ordnungswidrig handeln."
    Größere Geldsummen stecken weder im Portemonnaie, noch in den Jackentaschen noch im Kofferraum der Limousine, der überwiegend mit Kleidern, Akten und ein paar Lebensmitteln gefüllt ist. Viel hat der ältere Herr für die zeitraubende Schwarzgeld-Kontrolle zwar nicht übrig, aber was hilft's, in der aktuellen Situation seien neben Geduld auch noch andere Tugenden gefragt.
    "Es geht darum, ehrlich und glaubhaft zu bleiben."
    Damit hat so mancher Steuerzahler seine Probleme. Im abgelaufenen Jahr gab es in Deutschland so viele Selbstanzeigen wie noch nie. Das hängt vor allem daran, dass es für reumütige Steuersünder teuer werden kann, wenn sie weiter warten. Ab dem 1. Januar 2015 informiert Luxemburg den deutschen Fiskus automatisch über Zinserträge, die von deutschen Sparern im Großherzogtum erzielt werden. Bereits vor anderthalb Jahren hatte die luxemburgische Regierung angekündigt, das Bankgeheimnis aufzugeben. Dadurch blieb den Geldhäusern und ihren Kunden ausreichend Zeit, sich vorzubereiten, sagt Serge de Cillia, Geschäftsführer der Luxemburgischen Bankenvereinigung:
    "Weil, tausende von Kunden haben ihr Konto geschlossen, haben sich ihr Geld überweisen lassen oder haben das Geld eingepackt und sind zurück in ihr Heimatland gegangen. Dadurch braucht man nicht mehr so viele Kundenberater. Es sind in einer ganzen Reihe von Häusern Sozialpläne mit den Gewerkschaften unterschrieben worden, es hat in der Tat Arbeitsplätze gekostet."
    Massensterben der Banken ist ausgeblieben
    Wie viele genau könne nicht exakt beziffert werden, sagt de Cillia. Die Statistik-Behörde Statec spricht jedoch in einer Studie etwa von 1.000 Jobs, die der Abschaffung des Luxemburger Bankgeheimnisses zum Opfer gefallen sind. Amerikaner und Europäer hatten diese neue Offenheit erzwungen, ernsthaft geschadet hat sie dem Finanzsektor nicht. Nach wie vor verdienen 44.000 Menschen dort ihr Geld. Auch das prophezeite Massensterben der Banken sei ausgeblieben, so de Cillia:
    "Also, die Pessimisten haben im April 2013 vorausgesagt, dass bis Ende 2014 40 Banken verschwinden würden. Das ist nicht eingetroffen, im Gegenteil. Es sind noch zusätzliche Institute nach Luxemburg gekommen."
    Mit den Banken hat sich auch die Struktur der Kundschaft verändert. Für den deutschen Handwerksmeister oder das deutsche Rentnerehepaar habe der Finanzplatz Luxemburg an Attraktivität verloren, für Großkunden allerdings nicht, freut sich Finanzminister Pierre Gramegna. Und gerade das sei doch ein Beweis dafür, dass mit Kompetenz mehr auszurichten sei als mit Geheimniskrämerei:
    "Was aber auch klar ist, ist, dass das Bankgeheimnis über die letzten Jahre ein Hindernis geworden ist, dass verschiedene Geschäfte gar nicht nach Luxemburg gekommen sind, weil wir ein Bankgeheimnis hatten. Die Zentralstellen der Banken, die Mutterhäuser, haben manchmal gesagt, das würden wir sehr gern in Luxemburg machen, aber wegen des Images des Bankgeheimnisses ist es nicht ideal."
    Pierre Gramegna ist erst seit einem Jahr Finanzminister. Ihm kann man nicht vorwerfen, dass die Luxemburger Politiker so lange gebraucht haben, um die sicheren Häfen für Schwarzgeld und Steuerhinterzieher in Luxemburg zu schließen. Gramegna wird sich jedoch an der Bewältigung der aktuellen Krise messen lassen müssen. Es geht um steuerliche Vorteile, die Luxemburg multinationalen Konzernen gewährt. Ein Teil dieser steuerlichen Absprachen, die auch "rulings" heißen, wird derzeit von der EU-Kommission auf ihre Vereinbarkeit mit europäischen Rechtsregeln überprüft. Ähnlich wie beim Bankgeheimnis stand Luxemburg bei der Aufklärung der Zusammenhänge monatelang auf der Bremse. Die Regierung weigerte sich, Unterlagen nach Brüssel zu schicken und riskierte sogar eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Inzwischen aber wächst die Einsicht.
    "Ich glaube, die Lage ändert sich, weil jetzt alle Länder aufgefordert werden."
    Die EU-Kommission prüft auch das Finanzgebaren anderer EU-Staaten, das war das Signal für die Luxemburger, ihre Blockadehaltung aufgegeben.