
In Nizza ist am 13. Juni die 3. UN-Ozeankonferenz (UNOC3) der Vereinten Nationen zu Ende gegangen. Helfen die vereinbarten Selbstverpflichtungen den Weltmeeren?
Das wurde in Nizza vereinbart – eine Einordnung
Die UN-Bildungsorganisation UNESCO will 10.000 Handelsschiffe dafür gewinnen, wissenschaftliche Meeresdaten zu erheben. Mehrere Staaten mit langen Küstenlinien wollen ihre Schutzgebiete ausweiten. Stiftungen, Unternehmen, Regierungen und staatliche Entwicklungsbanken haben versprochen, bis zu 35 Milliarden Euro zu investieren.
Das sind ein paar der rund 2.500 Selbstverpflichtungen und Finanzzusagen anlässlich der Nizza-Konferenz. Sie sollen dazu beitragen, das UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer 14 bis zum Jahr 2030 zu erfüllen: Die Entwicklung einer nachhaltigen Meereswirtschaft, die das Leben unter Wasser nutzt, es aber auch schützt.
Alle Zusagen sind freiwillig: Was umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Trotzdem gilt die UNOC3 als Erfolg. Denn sie hat mehreren völkerrechtlich verbindlichen Abkommen erheblichen Rückenwind verschafft. Allerdings komme es jetzt auf die Umsetzung an, sagt Nicolas Entrup von der Umweltorganisation Ocean Care.
Ausweisung von Schutzgebieten, Kampf gegen die Überfischung
Überhitzt, versauert, überfischt, vermüllt – das größte Ökosystem der Erde ist durch den Menschen enorm belastet. Deshalb fordern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler viel mehr Meeresgebiete, in denen keine wirtschaftliche Ausbeutung stattfindet.
Der Weltnaturvertrag von Montreal sieht vor, dass ein Drittel der Meeresfläche bis zum Jahr 2030 unter Schutz gestellt werden soll, mal mehr, mal weniger streng. Derzeit beträgt der Anteil acht Prozent. Mit den Ankündigungen von Nizza wird diese Zahl auf fast elf Prozent steigen. Nicht immer sind diese Meeresparks gut gemanagt. In der EU wird in manchen Schutzgebieten immer noch die umweltschädliche Grundschleppnetzfischerei praktiziert. Umweltorganisationen kritisieren die Deklaration von Nizza im Bereich Fischerei als viel zu lau.
Mehr Hoffnung auf Ratifizierung des UN-Hochseeschutzabkommens
Allerdings können Frankreich und Costa Rica als Ausrichter der UN-Konferenz einen wichtigen Erfolg einfahren: Die Ratifizierung des UN-Hochseeschutzabkommens BBNJ hat in Nizza an Fahrt aufgenommen. Es gilt als sicher, dass es Anfang 2026 Inkrafttreten kann. Mit dem Abkommen wird es eine juristische Grundlage geben, in internationalen Gewässern gemeinsam verwaltete Schutzgebiete einzurichten und besser gegen die illegale Fischerei vorzugehen.
Ob das ebenfalls der Ratifizierung harrende Fischerei-Abkommen der Welthandelsorganisation WTO noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht werden kann, blieb in Nizza ungewiss – viele Entwicklungsländer fühlen sich in dem Abkommen benachteiligt.
Tiefseebergbau
Der „Freiheit der Meere“ auf der Hohen See setzt das UN-Seerechtsabkommen UNCLOS Grenzen. Dort ist festgelegt, dass der Tiefseeboden als gemeinsames Erbe der Menschheit zu betrachten ist. Bergbaulizenzen darf deshalb nur die internationale Meeresbodenbehörde ISA (International Seabed Authority) mit Sitz auf Jamaika vergeben, die wiederum durch die 170 Mitgliedsstaaten der UNCLOS gesteuert wird.
Die USA sind kein Mitglied, haben das Abkommen aber bisher weitgehend respektiert. US-Präsident Trump versucht jetzt allerdings, per US-Dekret den umstrittenen kommerziellen Abbau von Rohstoffen in internationalen Gewässern voranzutreiben. Völkerrechtler wie der Hamburger Professor für Internationales Seerecht, Alexander Proelß, stufen dies als völkerrechtswidrig ein
Wissenschaftler warnen vor den gravierenden Umweltfolgen in der Tiefsee. Während einige UN-Mitglieder, vor allem kleinere und ärmere Inselstaaten im Pazifik, den kommerziellen Tiefseebergbau als wirtschaftliche Chance sehen, fordert eine Gruppe von 37 Ländern, ihn noch auszusetzen, solange die Umweltfolgen nicht ausreichend erforscht sind. Zu letzteren zählen große Industriestaaten wie Deutschland, Kanada, Frankreich oder Australien.
Trumps Vorstoß lehnten in Nizza jedoch alle Regierungen ab. In der Abschlusserklärung wird die Rolle der Internationalen Meeresbodenbehörde gestärkt.
Plastikmüll
Mindestens 23 Millionen Tonnen Kunststoff landen derzeit pro Jahr als Müll in den Weltmeeren. Bis 2040 wird sich diese Belastung voraussichtlich verdoppeln. Eine UN-Plastikkonvention könnte eine Kehrtwende bringen. Über deren Inhalte werden die UN-Mitgliedsstaaten im August 2025 in Genf verhandeln. Einige erdölexportierende Länder wie Russland, Saudi-Arabien und der Iran vertreten die Position, es reiche, das Einsammeln und Recycling von Plastik zu verbessern, das meist aus Rohöl hergestellt wird.
Beobachter rechnen damit, dass sich die jetzige US-Regierung im August deren Position anschließen wird. Unter Führung Frankreichs nutzen dagegen Umweltminister aus 100 Ländern die Bühne der UNOC3, um ein umfassendes Plastikabkommen einzufordern. Zentraler Punkt: Eine UN-Plastikkonvention müsse vorgeben, künftig die Kunststoffproduktion zu reduzieren, weil sich die Mengen nicht mehr bewältigen ließen. „Wir geben unsere Forderung nicht auf“, erklärte Frankreichs Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher in Nizza.
Schiffsverkehr
Die Abschlussdeklaration von Nizza bekräftigt die Notwendigkeit, Schiffe bis 2050 auf klimafreundliche Treibstoffe umzurüsten. Damit stärkten die Konferenzteilnehmer ein weiteres internationales Abkommen. Anfang April hatten sich die Mitgliedsstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO auf eine Mindeststeuer für fossile Abgase von Schiffen geeinigt – die erste Abgabe ihrer Art.
Demnach soll eine Mindeststeuer von rund 88 Euro für jede Tonne Kohlendioxid fällig werden, die Schiffe ausstoßen. Die neuen Regeln sollen frühestens 2028 in Kraft treten. Die USA hatten wegen dieser Vereinbarung abgelehnt, an den Beratungen teilzunehmen.
So geht es weiter
„Auf der Konferenz war ein ehrliches Bekenntnis der Staaten zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meere zu erkennen“, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von BUND, Greenpeace, Misereor und weiteren. Das Ergebnis müsse sich nun daran messen lassen, wie ambitioniert die Mitgliedstaaten die Beschlüsse in nationale Politik umsetzten.
Bei den Verhandlungen der Internationalen Meeresbodenbehörde im Juli 2025 könne die neue Bundesregierung dann zeigen, dass es ihr mit der Forderung nach einer Aussetzung des Tiefseebergbaus ernst sei, erklärte Greenpeace-Meeresbiologin Franziska Saalmann.