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Mehr Geld für Studenten

Die Bafög-Sätze und -Freibeträge sollen erhöht werden, fordern der Deutsche Gewerkschaftsbund und das Deutsche Studentenwerk. Es ist einer von zehn Punkten in ihrem Eckpunktepapier zur Reform der Ausbildungsförderung. Kurz vor der Wahl soll dies ein Appell an alle Parteien sein.

Von Verena Herb |
    "Politisch gewollt ist von allen Parteien die Erhöhung der Studierquote. Und wenn man das will, dann muss man natürlich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen"

    Konstatiert Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, DSW, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Gemeinsam mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund hat das DSW – quasi als Anleitung – zehn Eckpunkte aufgeführt, wie das BAföG reformiert werden kann. Zentrale Forderung: die Ausweitung der Leistungen.

    "Das betrifft vorrangig die Erhöhung der Fördersätze und der Freibeträge, weil schon jetzt der durchschnittliche Bafög-Förderbedarf gesunken ist. Und auch die Gefahr droht, dass auch die Zahl der Förderberechtigten wieder sinken wird, wenn die dringend notwendige Anpassung nicht erfolgt."

    Lag die Zahl der Bafög-Empfänger in den 70er-Jahren noch bei knapp 50 Prozent, ist sie nach Aussage von DGB und DSW auf unter 20 Prozent gesunken. Viele potentielle Studieninteressierte aus finanziell schwächeren Schichten nähmen kein Studium auf, da sie gerade eben so keinen Anspruch mehr auf Bafög haben – die Eltern aufgrund ihres Einkommens jedoch auch nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Studentenwerks-Generalsekretär Meyer auf der Heyde:

    "Wir haben schon jetzt rund 190.000 bis 200.000 Studierende nach unserer Sozialerhebung, die zu wenig oder nicht den ihnen zustehenden Elternunterhalt bekommen. Wir vermuten, dass die Eltern zu wenig verdienen, um diesen Elternunterhalt auch den Kindern gewährleisten zu können. Und das würde natürlich ausgeglichen durch eine Erhöhung der Freibeträge bei den Elterneinkommen."

    Der Vorschlag hier: Zehn Prozent Erhöhung im kommenden Jahr. Die Bundesregierung hatte in ihrem im Januar vorgelegten Bafög-Bericht keinen Vorschlag für eine Erhöhung gemacht, obwohl die Experten da bereits einen Inflationsausgleich von fünf bis sechs Prozent für nötig erachtet hatten. Erst mit dem Amtsantritt von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka im Februar dieses Jahres wurden erneut Gespräche mit den Bundesländern aufgenommen, die das Bafög zu 35 Prozent mitfinanzieren, um über eine mögliche Reform zu beraten.

    Zuletzt habe man in der vergangenen Woche zusammengesessen, ließ die CDU-Ministerin daraufhin heute per Pressemitteilung verbreiten und bekräftigte, es seien gute Voraussetzungen geschaffen, zu Beginn der kommenden Legislaturperiode zu einer Verständigung zwischen Bund und Ländern über eine Bafög Reform zu kommen. Konkreter wurde Wanka allerdings nicht.

    Anders Gewerkschaftsbund und Studentenwerk und machen weitere konkrete Vorschläge für eine Reform. So plädieren sie für eine Bologna-kompatible Gestaltung des Bafög: Es müsse eine kontinuierliche Förderung beim direkten Übergang vom Bachelor- ins Masterstudium gewährleistet sein und ein nach einer längeren Berufstätigkeit aufgenommenes Masterstudium gefördert werden.

    In diesem Zusammenhang sei auch eine Abschaffung der Altersgrenze von 30 beziehungsweise 35 Jahren notwendig. Denn wenn Bund und Länder mehr Berufstätige für ein Studium gewinnen möchten, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken, sei das ein wichtiges Kriterium, so Achim Meyer auf der Heyde. Außerdem bekräftige er die Forderung, das Schüler-Bafög auszubauen,

    "denn wir wissen, die Selektivität, die sich ja beim Hochschulzugang zeigt, ist im Wesentlichen verursacht in früheren Bildungsstufen. Das heißt, wir müssen es wieder stärker ermöglichen, dass Schüler auch ohne Probleme mit dem Geldbeutel die Schule besuchen bis zum Abitur und dann ein Studium aufnehmen können."

    Der Zeitpunkt des Eckpunktepapiers – vier Tage vor der Bundestagswahl – ist bewusst gewählt: Man wolle allen möglichen Koalitionären in die Wiege legen, das Bafög nicht aus dem Blick zu verlieren – antwortet der Generalsekretär des Studentenwerks diplomatisch. Die Reaktionen von SPD und Grünen folgen prompt: Schwarz- Gelb habe seit Jahren eine überfällige Bafög-Reform verschleppt, poltert Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen. Und Yasemin Karakasoglu, in Peer Steinbrücks Kompetenzteam zuständig für Bildung und Wissenschaft, verspricht: Die SPD wolle das Bafög zu einem zentralen Element der Wissenschaftspolitik machen.