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Mordfall Nemzow
Ein Tatverdächtiger soll gestanden haben

Wegen des Mordes an dem russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow haben Ermittler Haftbefehle gegen fünf Personen beantragt. Einer von ihnen, Saur Dadajew, soll seine Tatbeteiligung gestanden haben. Oppositionelle fordern indes öffentliche Ermittlungen, damit auch die Hintermänner zur Rechenschaft gezogen werden.

Von Gesine Dornblüth | 08.03.2015
    Die Zahl der Verdächtigen im Mordfall Nemzow steigt. Wie ein Behördensprecher heute mitteilte, beantragten die Ermittler Haftbefehl gegen fünf mutmaßliche Tatbeteiligte. Mindestens drei von ihnen sollen in der russischen Teilrepublik Inguschetien im Nordkaukasus festgenommen worden sein. Dies geht aus Äußerungen des Sekretärs des Sicherheitsrates der Republik Inguschetien hervor.
    Er machte auch Angaben über die Identität der drei Männer: Demnach sind zwei von ihnen Brüder und haben in den letzten Jahren in Moskau gearbeitet; der dritte hat demnach mehrere Jahre in einer Sondereinheit der Polizei in Tschetschenien, gleichfalls im Nordkaukasus, gedient.
    Das russische Staatsfernsehen sendete ein Interview mit einer Frau in Inguschetien. Es soll sich um die Mutter der tatverdächtigen Brüder handeln.
    "Meine Söhne haben in Moskau gearbeitet, einer fest, einer gelegentlich. Sie haben den Armeedienst absolviert und hatten immer gute Zeugnisse. Dass sie jemanden umgebracht haben, kann ich mir nicht vorstellen."
    Agenturen berichten ferner von einem Vorfall in Groznyj, der Hauptstadt der Teilrepublik Tschetschenien. Dort soll sich ein Mann in die Luft gesprengt haben, als Sicherheitskräfte versuchten, ihn festzunehmen. Auch dieser Mann werde, so heißt es, verdächtigt, am Mord an dem Oppositionspolitiker Boris Nemzow beteiligt gewesen zu sein.
    Ermittlung in Richtung einer politischen Provokation aus dem Ausland
    Die Ermittler verfolgen nach eigenen Angaben mehrere Spuren: zuvorderst die einer aus dem Ausland gesteuerten politischen Provokation, die darauf ziele, die politische Situation in Russland zu destabilisieren; ferner eine islamistische Spur sowie Mord aus persönlichen oder geschäftlichen Motiven.
    Das gewöhnlich gut informierte Online-Portal Kavkazskij Uzel (Kaukasischer Knoten), spezialisiert auf Terror im und aus dem Nordkaukasus, mutmaßt heute, mit der möglichen Beteiligung eines tschetschenischen Sicherheitsbeamten an dem Mord scheide die ausländische Spur aus. Auftraggeber im Ausland würden wohl kaum einen Killer aus Kreisen der tschetschenischen Polizei beauftragen.
    Die russische Opposition hat zurückhaltend auf die Erfolgsmeldungen der Ermittler reagiert. Ilja Jaschin, Parteifreund des ermordeten Boris Nemzow, fordert, dass die Ermittlungen öffentlich geführt werden:
    "Selbst, wenn es der Polizei gelungen sein sollte, die echten Mörder Nemzows festzunehmen, so reicht das nicht aus. Wir werden fordern, dass die Auftraggeber zur Verantwortung gezogen werden. Wenn das nicht geschieht, denken sie, es ist alles erlaubt, und die politischen Morde in unserem Land werden weitergehen."