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Nach dem Misstrauensvotum
May will die Lähmung überwinden

Das Misstrauensvotum hat die britische Premierministerin überstanden. Eine Lösung für den Brexit-Streit ist damit immer noch nicht gefunden. Schon am Montag muss Theresa May einen Plan B vorlegen und fordert das Parlament zur konstruktiven Mitarbeit auf. Auch Oppositionschef Jeremy Corbyn gerät unter Druck.

Von Jörg Münchenberg | 17.01.2019
    Das Foto zeigt die britische Premierministerin Theresa May.
    Die britische Premierministerin Theresa May (imago / Xinhua / Tim Ireland)
    Der große politische Knall ist ausgeblieben. Am Ende fehlten der Opposition 19 Stimmen für ein erfolgreiches Misstrauensvotum gegen Theresa May, 306 Abgeordnete stimmten für den Antrag von Labour, 325, so der Speaker des Unterhauses, dagegen.
    Das Abstimmungsergebnis war so erwartet worden, trotz der krachenden Niederlage von Theresa May bei der Abstimmung im Unterhaus über den Brexit Deal nur einen Tag zuvor. Denn selbst die Tory-Rebellen und Brexit-Hardliner haben kein Interesse an Neuwahlen, so wie sie Labour-Chef und Oppositionsführer Jeremy Corbyn zuvor noch einmal in der Debatte eindringlich eingefordert hatte:
    "Das ist ein beispielloser Vorgang. Die Regierung hat die Unterstützung und das Vertrauen des Parlaments verloren. Sie sollte deshalb zurücktreten".
    Labour-Chef Jeremy Corbyn
    Labour-Chef Jeremy Corbyn (imago / ZUMA Press)
    Breite Unterstützung für May - selbst von ihren schärfsten innerparteilichen Kritikern
    Doch stattdessen breite Unterstützung für May selbst von ihren schärfsten innerparteilichen Kritikern. Er liege bei der Europapolitik oft mit ihr überkreuz, meinte etwa der Brexit-Hardliner Mark Francois, doch in erster Linie sei er zunächst ein Konservativer.
    Weil aber auch die nordirische DUP, parlamentarischer Mehrheitsbeschaffer für die Tories, der Premierministerin ihre Unterstützung zugesichert hatte, konnten die Reihen erfolgreich geschlossen werden. Zumal auch May Neuwahlen kategorisch ablehnt:
    "Ich glaube, dass wäre das Schlimmste, was wir machen können. Das würde Spaltung bedeuten, wenn wir Einheit brauchen. Chaos, wenn wir Sicherheit brauchen. Und Verzögerung, obwohl wir Fortschritte benötigen".
    Montag muss Plan B vorliegen
    Wie also kann die politische Lähmung im britischen Unterhaus beim Brexit überwunden werden? Diese Frage stand auch nach dem abgeschmetterten Misstrauenvotum sofort wieder im Vordergrund der politischen Diskussion. May hatte bereits parteiübergreifende Gespräche angekündigt, muss sie doch am kommenden Montag einen Plan B vorlegen. Nach dem Abstimmungserfolg jetzt wurde sie etwas konkreter:
    "Wir müssen Lösungen finden, die mehrheitsfähig sind. Deshalb werde ich mehrere Treffen mit wichtigen Parlamentariern und Regierungsvertretern in den nächsten Tagen haben. Es wird individuelle Treffen mit den Chefs der im Parlament vertretenen Parteien geben. Und die beginnen in dieser Nacht".
    Steven Bray demonstriert vor dem Labour- Parteitag gegen den Brexit.
    Szene vor einem Labour- Parteitag - Der Brexit ist bei der Arbeitspartei sehr umstritten (Deutschlandfunk / Friedbert Meurer)
    Die Opposition will den politischen Druck weiter hoch halten
    Immerhin auch ein vorsichtiges Angebot an den Labour-Chef, den May bislang bei der Lösungssuche konsequent ignoriert hat. Jeremy Corbyn hat direkte Gespräche zunächst abgelehnt, er fordert eine vorherige Absage der Regierung an einen Brexit ohne Deal. Gleichzeitig steht der Oppositionsführer unter verschärfter Beobachtung in den eigenen Reihen.
    Denn inzwischen haben sich 71 Labour-Abgeordnete in einem offenen Brief für ein zweites Brexit-Referendum ausgesprochen, was Corbyn bislang ablehnt. Von den Konservativen ganz zu schweigen. Gleichzeitig will die Opposition den politischen Druck weiter hoch halten - ein neuerliches Misstrauensvotum gegen die Regierung sei jederzeit möglich, heißt es drohend bei Labour.