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Nach Tötung Soleimanis
Iran kündigt Vergeltung und juristische Schritte an

Der Iran hat schwere Vergeltung für den von den USA getöteten General Ghassem Soleimani angekündigt – nur noch nicht welche. Zunächst will die Islamische Republik unter anderem juristisch gegen die USA vorgehen. Aber auch Verbündete Irans werden gegen die USA in Stellung gebracht.

Von Karin Senz | 04.01.2020
Der Oberste Führer des Landes, Ajatollah Ali Khamenei, besucht die Familie von Ghassem Soleimani.
Der Oberste Führer des Landes, Ajatollah Ali Khamenei, besucht die Familie des getöteten Generals Ghassem Soleimani. (AFP Foto/ Khamenei.ir)
Es ist die Zeit der starken Bilder im Iran. Der Oberste Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei besucht die Familie von Ghassem Soleimani. Das Fernsehen ist dabei. Sie sitzen im Kreis, Chamenei neben einem übergroßen Foto des getöteten Generals. Es zeigt ihn lachend in Uniform. Soleimani stand Chamenei nahe. Der Nahost-Experte Renad Mansour ordnet seine Tötung für die Nachrichtenagentur AFP ein:
"Das ist wahrscheinlich eines der bedeutendsten Ereignisse im Nahen Osten seit langer Zeit. Der iranische General Ghassem Soleimani war eine sehr mächtige Persönlichkeit. Die meisten würden sagen, dass er die zweitmächtigste Figur im Iran war. Er war für die regionale Strategie Iran verantwortlich, für den Einfluss im Irak, im Libanon, in Syrien, im Jemen und in anderen Teilen der Region, und er war dabei ein wichtiger Architekt."
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Trump nennt Soleimani den Terrorist Nummer eins. Er habe schon lange auf einer Liste der gefährlichsten Männer der Region weit oben gestanden, heißt es, auch schon bei Trumps Vorgängern. Die wagten sich aber offenbar nicht an diesen Schritt. Der Nahostexperte Mansour sagt:
"Man hätte meinen könne, dass er zu groß und zu mächtig war, um getötet zu werden. Die meisten Menschen hatten damit nicht gerechnet. Ich glaube, die meisten Menschen sind überrascht, dass die Amerikaner beschlossen haben, jemand so Wichtigen auszuschalten."
Nach Ansicht von Experten ist er für den Iran nicht so leicht zu ersetzten. Chamenei ernennt aber noch gestern demonstrativ einen Nachfolger als neuen Kommandeur der Al-Kuds-Eliteeinheit, den bisherigen Vize-General Ismail Gaani.
Juristisches Vorgehen auf internationaler Ebene
Auch Außenminister Muhammad Dschawad Zarif sorgt am Abend für Fernsehbilder. In einem Interview erklärt er in besonnenem Ton:
"Die Islamische Republik behält sich das Recht vor, zu jeder Zeit und auf jede Art zu reagieren. Wir lassen uns nicht in die Verleumdungs-Kampagnen und Erpressungen der USA hineinziehen. Wir werden eine angemessene Antwort geben, wie es der Oberste Führer erklärt hat."
Teilnehmer einer Demonstration rufen Slogans während eines Protestes gegen einen US-Luftangriff im Irak, bei dem der iranische General Soleimani getötet wurde. 
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Der Iran ist geschockt von der Tötung des Kommandeurs der Al-Kuds Brigaden, einer Eliteeinheit der Revolutionsgarden. Das zeigten nicht nur Demonstrationen in mehreren Städten des Landes.
Zarif kündigt an, juristisch auf internationaler Ebene zu reagieren. Denn die USA hätten mit diesem Staatsterrorismus, wie er es nennt, Grundsätze das internationalen Rechts verletzt:
"Die Welt kann nicht akzeptieren und tolerieren, dass ein Land denkt, es kann seine Politik mit Gewalt und durch Verbrechen durchsetzen."
Außerdem habe man den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darüber informiert, dass man sich das Recht auf Vergeltung vorbehalte:
"Die Amerikaner haben in dreierlei Hinsicht einen großen Fehler begangen. Sie haben die Souveränität des Irak verletzt, sie haben internationale Gesetze verletzt und sie haben die Gefühle der Menschen in der ganzen Region verletzt. Die Antwort auf diese Fehler hat die Islamische Republik nicht unter Kontrolle."
"Das gab es seit 2003 nicht mehr"
Damit dürfte er wohl Verbündete des Iran anspielen, beispielweise in Syrien, dem Libanon oder eben dem Irak. Experten halten es durchaus für möglich, dass sie Angriffe auf Amerikaner in der Region verüben. Der Nahostexperte Renad Masour hat noch eine andere Theorie:
"Die Iraner werden sich höchstwahrscheinlich rächen, angefangen bei Drohungen gegen amerikanische Staatsangehörige. Aber sie werden wohl auch Einfluss auf die irakische Regierung ausüben. Die wird wahrscheinlich zum ersten Mal die amerikanischen Truppen auffordern, das Land zu verlassen. Das gab es seit 2003 nicht mehr. Und es könnte wieder Antiamerikanismus geben."
Der hat sich heute schon bei einem Trauerzug in Baghdad für Soleimani und den irakischen Milizenführer Abu Mehdi al-Muhandis gezeigt, der ebenfalls bei dem US-Angriff getötet worden war. Morgen soll Soleimanis Beerdigung im Iran stattfinden. Und die Rufe seiner Anhänger nach Vergeltung werden dann wohl besonders laut zu überhören sein.