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Nachrichten auf Zuruf

"Spiel jetzt Nachrichten! Spiel jetzt Udo Lindenberg!": Das Radio der Zukunft soll auf Zuruf reagieren. Den Sendersuchlauf wird es nicht mehr geben. Staumeldungen auch nicht - sie werden direkt ins Navigationssystem eingespeist.

Von Michael Castritius | 24.10.2013
    Sender suchen – das wird es so nicht mehr geben. Radio wird digital, die Ultrakurzwelle ist abgeschaltet. Und das nicht etwa, weil die Frequenzen uninteressant werden. Im Gegenteil, sie werden für klassisches Radio zu teuer: Das mobile Internet braucht die Kapazitäten, erklärt Alexander Matheus vom Verband der Elektrotechnik, VDE.

    "Die Frequenzen sind dann zu wertvoll. Sie werden für Mehrwertdienste, für digitale Hochgeschwindigkeitsdienste gebraucht. Auch im Broadcast: wo es dann einen Rückkanal andersherum gibt, aber wo es eben mehr Hochfrequenzkanäle gibt als jetzt."

    Also kein UKW-Radio mehr, aber Unmengen an Datenkanälen. Für Daten, die in beide Richtungen fließen können. Das bisherige Einbahnstraße-Modell -der Radiosender sendet, der Hörer empfängt - wird überwunden.

    So wie wir heute schon vielen Handys sagen können: "Spiel jetzt Udo Lindenberg", werden wir auf Zuruf das ins Autoradio bekommen, was wir gerade brauchen: Spiel "Nachrichten", spiel "Regionale Berichte", spiel "Sportinformationen und danach modernen Jazz". Das Hin- und Her-Schalten entfällt: zwischen dem Infokanal, der keine Musik hat, dem regionalen Sender, der fürchterlichen Pop zwischen den Berichten sendet oder dem Jazzradio, das gar nicht informiert.

    Stattdessen sage ich spontan, was ich hören will, oder programmiere mir im Vorfeld meine Interessen: meine Themen, meine Region, meine Lieblingsmoderatorin, mein Musikgeschmack. Ich kann Beiträge nach Thema, Standort, Länge suchen, und das Radio empfiehlt mir zusätzlich: "Wer diesen Beitrag gehört hat, den interessierte auch dies." Baukasten-Radio also.

    Den Eigen-Mix höre ich dann jeden Morgen im Auto. Ohne Verkehrsfunk, der hat sich erledigt: Stau-Informationen fließen ungehört ins Navigationssystem ein, das die schnellste Ausweichroute wählt. Mandy Garcia vom Fraunhofer-Institut sieht da mehrere Vorteile:

    "Da kann Digitalradio einen ganz großen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem wir alle einfach weniger im Stau stehen. Indem mir das Digitalradio sagt, wo sind grad viele Menschen, und wo bildet sich gerade Stau, und wo kann ich lang fahren, um diesen Stau zu vermeiden. Das kann mir sogar sagen: In welchem Parkhaus finde ich schnell noch einen Parkplatz, da können wir sogar noch etwas Zeit sparen."

    Und unser Auto übermittelt auch ständig Daten an den Verkehrsfunk: wann stehen wir, wo werden wir geblitzt, wo kommen wir zügig vorwärts, wo ist es glatt oder nebelig. Aus all den Daten, die Hörer künftig an die Radiostationen übermitteln, entstehen Profile, die personalisierte Werbung ermöglichen. Während ich im Werbeblock etwa den neuen Männerduft angepriesen bekomme, hört die Frau an der Ampel neben mir im gleichen Werbeblock Produktinformationen über das neuste Chip-Radio. Das könnte sich Pia Fauerbach vom Geräte-Hersteller "pure" so vorstellen:

    "Ein ganz, ganz kleines Medium, das Radio übertragen kann und noch Zehntausende andere Dinge. Sei es, das Bilder direkt auf Kontaktlinsen übertragen werden, mit Texteinblendungen, welcher Song gerade läuft. Oder ein kleiner Mann im Ohr, das es einfach die Geräte in jetziger Form nicht mehr geben wird, sondern dass alles nur noch in Chip-Größe sein wird, vielleicht hat man es irgendwo implantiert und hört es nur noch im Kopf."
    Neue Hörwelten, auf jeden Fall in perfektem Sound, immer und überall.