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Besuch bei WM-Gastgeber Katar
Innenministerin Faeser bringt „Sicherheitsgarantie“ mit

Kurz vor dem Start der Fußball-Weltmeisterschaft ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ins Gastgeberland Katar gereist. Zurückgekommen ist sie mit einer "Sicherheitsgarantie" für Fußball-Fans. Was bedeutet das? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Nele Hüpper | 02.11.2022
Nancy Faeser wird am Flughafen von Doha empfangen. Sie läuft vom Flugzeug weg über einen roten Teppich.
Sportministerin Faeser will bei ihrem Besuch in Katar vor allem die Menschenrechtslage thematisieren. (Britta Pedersen / dpa)

Warum ist Nancy Faeser nach Katar gereist?

In ihrer Rolle als Bundesministerin für Inneres und Heimat fällt auch der Sport in Faesers Ressort und damit auch die kommende Weltmeisterschaft in Katar. Im WM-Gastgeberland, das aufgrund von Menschenrechtsverletzungen in der Kritik steht, wollte Faeser sich nun einen Überblick über die Lage vor Ort verschaffen. Ebenfalls Teil der Reisedelegation war DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Nicht mit dabei war hingegen die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg. Sie hatte den knapp 23-stündigen Besuch in Katar abgesagt.

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Für zusätzliche Brisanz sorgte unter der Woche einen Aussage Faesers im ARD-Magazin „Monitor“. Faeser sagte mit Blick auf die Menschenrechtssituation in Katar: „Für uns als Bundesregierung ist das eine total schwierige Vergabe. Es gibt Kriterien, an die sich gehalten werden muss, und dann wäre es besser, dass das nicht in solche Staaten vergeben wird.“ Daraufhin bestellte die katarische Regierung den deutschen Botschafter nach Doha ein. Die katarische Regierung hatte die Bundesregierung ausdrücklich davor gewarnt, sich in innere Angelegenheiten einzumischen.

Was ist das Ergebnis des Besuchs?

In Katar traf sich Faeser unter anderem mit dem katarischen Innen- und Premierminister Scheich Chalid bin Chalifa Al Thani. Vor ihrem Besuch sagte Faeser, es für sie wichtig gewesen, "darauf hinzuwirken, dass aus Deutschland jeder, der hier zur Fußball-Weltmeisterschaft kommt, egal ,wo er herkommt, egal, an wen oder was er glaubt, oder egal, wen er liebt, hier in Katar auch sicher ist". Al Thani habe Faeser diese „Sicherheitsgarantie“ für Fußball-Fans in Katar gegeben.
Diese Zusage liege auch schriftlich beim Fußball-Weltverband FIFA vor. Öffentlich wurde die Sicherheitsgarantie nicht gegeben. Das Gespräch zwischen Faeser und Al-Thani fand hinter verschlossenen Türen statt. Auch eine Pressekonferenz gab es nach dem Besuch nicht.
Faeser kündigte zudem an, das Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Japan von der Tribüne aus zu verfolgen.

Warum braucht es so eine „Sicherheitsgarantie“?

Homosexualität gilt in Katar als „schwere Sünde“, ist strafbar. Die homophobe Gesetzgebung betrifft auch Ausländer. 2016 soll ein polnischer Social-Media-Aktivist wegen Homosexualität zwei Monate im Gefängnis in Katar gesessen haben, 1996 wurde laut US-Außenministerium ein amerikanischer Staatsbürger zu 90 Peitschenhieben verurteilt. Laut Piara Powar vom Fußball-Antidiskriminierungsnetzwerk Fare gibt es zu strafrechtlichen Verfolgungen katarischer Bürger noch weniger Hinweise.
Diese „Sicherheitsgarantie“ ist eine Zusage der katarischen Regierung – ändert aber nichts an der strukturell verankerten Diskriminierung in der Gesellschaft. Dass es solche Diskriminierungen nicht gibt, ist für die FIFA eigentlich eine Voraussetzung für die Vergabe eines Turniers. Noch im Mai dieses Jahres hatte der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al Thani, bekräftigt, dass alle Menschen bei der WM willkommen seien, aber zugleich auch gesagt: „Wir erwarten Respekt für unsere Kultur.“ Und das bedeutet: keine Regenbogenflaggen. Die würden den Fans "zu ihrem Schutz" abgenommen, sagte ein hochrangiger Sicherheitsbeamter aus Katar im April.

Warum ist Kritik an Katar für Deutschland heikel?

Die Bundesregierung befindet sich aktuell in einem Balanceakt. Auf der einen Seite ist die Kritik am WM-Gastgeber aufgrund der Menschenrechtsverletzungen. Auf der anderen Seite steht eine mögliche Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Katar. Es geht darum, unabhängiger von russischem Gas zu werden.
Das Emirat hat sehr große Flüssiggasvorkommen. Wirtschaftsminister Robert Habeck und auch Kanzler Olaf Scholz waren für Gespräche schon vor Ort. Noch fließt kein Gas von Katar nach Deutschland, ob die Verträge überhaupt zu Stande kommen, ist fraglich.