
"Hier sehen wir jetzt den aktuellen Mikroskop-Aufbau. Das ganze Mikroskop – wie Sie sehen – ist zweimal ein Meter groß. Wir würden jetzt eine Messung starten, um den Tumor von normalem Gewebe abgrenzen zu können", erklärt Professor Matthias Kirsch, Leiter der neurochirurgischen Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Dresden, während Laserlicht eine Gewebeprobe unter dem Mikroskop in Schwingung versetzt und ein Scanner das Bild abtastet und die unterschiedliche Streuung des Lichtes registriert.
"Und wir sehen jetzt sofort die Analyse des Gewebes vor uns in verschiedenen Farben, die uns die unterschiedlichen biochemischen Komponenten des Gewebes darstellen. Der Tumor zeichnet sich durch viele Gefäße aus, die wir hier in blau sehen. Da kann man leicht Tumor von normalem Gewebe unterscheiden."
Mit bloßem Auge ist das unmöglich. Dabei unterscheiden sich Tumorzellen in ihrer Zusammensetzung eindeutig von gesunden Zellen. Deshalb streuen sie das Laserlicht auch auf eine andere Weise. Und genau das misst das Mikroskop.
"Der große Vorteil von der Mikroskopie-Technik, die wir anwenden, ist, dass sie erlaubt, ohne weitere Zerstörung des Gewebes - ohne Herausnahme, ohne Färbung - das Gewebe zu unterscheiden und zu beurteilen."
Der nächste Schritt ist die Verkleinerung der Technik
Bisher müssen Ärzte Hirnproben entnehmen und speziell anfärben, um Tumorgewebe zweifelsfrei zu identifizieren. Deshalb hoffen sie, dieses neue Verfahren in Zukunft im Operationssaal einsetzen zu können. Bislang haben die Wissenschaftler Gewebeproben allerdings nur im Labor untersucht.
"Unsere bisherigen Arbeiten haben die Zuverlässigkeit der Methode nachgewiesen. Dennoch sind die aktuellen Mikroskop-Aufbauten nicht in den OP-Saal transferierbar. Wir müssen daher diese Technik weiterentwickeln, dass sie miniaturisiert im Operationsmikroskop oder in ein Endoskop passt, um auch am lebenden Gehirn eingesetzt werden zu können."
Noch sind die Mikroskope zu groß, in ein paar Jahren könnten aber erste klinische Studien mit dieser neuen Technik starten, schätzt Kirsch. Deshalb entwickeln die Mediziner weitere Verfahren. Sie wollen zum Beispiel funktionell wichtige Areale im Gehirn – das Sprechzentrum etwa oder bestimmte Gefühlsareale – während der Operation sichtbar machen. Professor Gabriele Schackert, Direktorin der Klinik für Neurochirurgie der Uniklinik Dresden, nutzt diese Methode bereits für ihre Patienten:
"Man gibt eine Stimulation an der Hand - ja? Man macht da einen kleinen Schmerzreiz wenn sie so wollen, oder einen elektrischen Reiz. Und dann wird in dem korrespondierenden Areal zu diesem Bereich im Gehirn eine vermehrte Durchblutung festgestellt. Und diese können wir auch über ein Kamerasystem wieder darstellen."
So sehen die Operateure, welche Bereiche im Gehirn auf jeden Fall geschützt werden müssen. Vor allem den Zugang zu tiefer liegenden Hirntumoren können sie so besser planen. Schließlich müssen Ärzte immer einen kleinen Kanal freilegen, über den sie den Tumor letztlich herausnehmen. Und auch bei der Überlegung, wie viel Gewebe herausgeschnitten wird, hilft die Methode:
"Wenn wir wissen: Hier ist ein Areal, was für den Patienten essentiell wichtig ist, wie die Sprache oder die Bewegung - im Zweifel, da wir die Grenzen ja nicht erkennen können, lassen wir vom Tumor Gewebe zurück!"
Das oberste Ziel der Chirurgen ist, keinen Schaden anzurichten! Der Patient soll so aus der OP herauskommen, wie er hineingegangen ist. Idealerweise ohne den Tumor, aber auf keinen Fall mit zusätzlichen Behinderungen. Neue Techniken helfen den Ärzten dabei, dieses Ziel noch sichere