Freitag, 29. März 2024

Archiv

Newsblog zum Krieg in der Ukraine
Die Entwicklungen vom 6. bis 10. Juli 2022

+++ Die ukrainische Regierung hat die Zivilisten im besetzten Süden zur Flucht aufgerufen. +++ Die Bundesagentur für Arbeit hat für Ukrainer schon über 140.000 Integrationskurse genehmigt. +++ Die Gaspipeline Nord Stream 1 wird heute wegen Wartungsarbeiten heruntergefahren. +++ Mehr im Newsblog.

10.07.2022
    Ein Journalist fotografiert die Auswirkungen eines russischen Angriffs in der Region Saporischschja im Südosten der Ukraine
    Ein Journalist fotografiert die Auswirkungen eines russischen Angriffs in der Region Saporischschja im Südosten der Ukraine (picture alliance / Dmytro Smoliyenko/ Ukrinform)
    Zu den aktuellen Entwicklungen geht es hier.

    Sonntag, 10. Juli

    +++ Die Ukraine hat gegen die geplante Lieferung der gewarteten russischen Nord-Stream-1-Turbine von Kanada nach Deutschland protestiert.

    In einer Erklärung des Außen- und Energieministeriums in Kiew heißt es, man sei zutiefst enttäuscht über die Entscheidung der kanadischen Regierung, eine Ausnahme von den Sanktionen gegen Russland zu machen. Russland sei auch ohne die Turbine in der Lage, Gas in vollem Umfang zu liefern. Der russische Energiekonzern Gazprom hatte Mitte Juni seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Pipeline reduziert. Begründet wurde das mit der fehlenden Turbine, die nach Wartungsarbeiten sanktionsbedingt nicht aus Kanada zurückgeliefert werden kann. Nun will Kanada die Turbine erst nach Deutschland schicken lassen, statt direkt nach Russland. Kanada argumentierte, ohne die Gasversorgung wären die Deutschen möglicherweise nicht in der Lage, im Winter ihre Wohnungen zu heizen.

    +++ Bei einem russischen Raketenangriffen im Gebiet Donezk sind nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen ums Leben gekommen.

    Der Rettungsdienst sprach von mindestens 15 Getöteten in der Ortschaft Tschassiw Jar. Gouverneur Kyrylenko berichtete, dass mehr als 30 Personen unter den Trümmern eines zerstörten Wohnblocks verschüttet sein könnten. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte den Beschuss von Tschassiw Jar.
    Es teilte weiter mit, dass bei einem Angriff auf die Stadt Slowjansk in der Region Donezk bis zu 100 ukrainische Soldaten getötet worden seien. Bei einem Raketenbeschuss einer als Armeestandort genutzten Keramikfabrik seien zudem mehr als Tausend Granaten für US-Haubitzen vom Typ M-777 zerstört worden. Alle Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

    +++ Der Papst hat erneut ein Ende des "irrsinnigen Krieges" in der Ukraine gefordert.

    Er erneuere seine "Verbundenheit mit dem ukrainischen Volk, das täglich von brutalen Angriffen auf einfache Menschen gequält wird", sagte Franziskus am Sonntag bei seinem Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Er bete für alle Familien, insbesondere für die Opfer, Verwundeten und Kranken.

    +++ Die Bundesregierung hat erleichtert auf die Entscheidung Kanadas reagiert, eine reparierte Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 nach Deutschland zurückzuschicken.

    Bundeskanzler Scholz erklärte, man begrüße den Entschluss der kanadischen Verbündeten. Die Regierung in Ottawa hatte zuvor mitgeteilt, "Siemens Canada" werde eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Genehmigung erhalten. Die Ausnahme von den Sanktionen gegen Russland begründete der zuständige Minister Wilkinson damit, dass Präsident Putin versuche, die Gegner seines Angriffskriegs in der Ukraine mit seiner Energiepolitik zu spalten.

    +++ Die Behörden in Russland haben die Internetseite der Zeitung "Die Welt" blockiert.

    Dies sei auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft erfolgt, berichten russische Nachrichtenagenturen. Die Zeitung verbreitet seit dem Beginn des Angriffs auf die Ukraine Inhalte auf Russisch. Die "Welt" hatte zeitweise auch die russische Journalistin Marina Owsjannikowa beschäftigt, die mit einer Protestaktion gegen den Krieg im Fernsehen bekannt geworden war. Die russische Medienaufsicht unterdrückt große Teile unabhängiger Informationen und hat mehrere Internetseiten deutscher Anbieter gesperrt. Im Februar musste die Deutsche Welle ihr Büro in Moskau schließen und erhielt ein Sendeverbot.

    +++ Bundesverbraucherschutzministerin Lemke will Verbraucher vor Strom- und Gassperren schützen.

    Lemke plädiert für ein Moratorium bei Strom- und Gassperren der Haushalte, sollte es im Zuge der Energiekrise zu weiteren, erheblichen Preissteigerungen kommen. Es könnte passieren, dass die Bundesnetzagentur im absoluten Krisenfall Energieunternehmen erlaube, gestiegene Preise trotz einer Preisgarantie an die Verbraucher weiterzugeben, sagte sie der Zeitung "Bild am Sonntag". Niemandem dürfe in solch einer Situation der Strom oder das Gas abgestellt werden, weil er mit einer Rechnung in Verzug sei.

    +++ Angesichts der Gaskrise ruft Städtetagspräsident Markus Lewe zum Energiesparen auf.

    "Schon jetzt müssen wir alle jede Kilowattstunde einsparen, die möglich ist. Alles gehört auf den Prüfstand, in jedem Haushalt und am Arbeitsplatz", sagt Lewe der Funke Mediengruppe laut einem Vorabbericht. "Auch die Städte lassen keinen Bereich aus: Straßenbeleuchtung schneller umrüsten und nachts reduzieren, weniger warmes Wasser in öffentlichen Gebäuden, Klimaanlagen kürzer laufen lassen und Heizungen besser einstellen. Energie einsparen und Erneuerbare Energien ausbauen haben jetzt Vorrang."

    +++ Kanada erlaubt die Rücksendung der reparierten Turbine für Nord Stream 1 nach Deutschland.

    Der für natürliche Ressourcen zuständige Minister Wilkinson teilte mit, man werde "Siemens Canada" eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Genehmigung erteilen, die Turbine zurückzubringen. Ohne die Versorgung mit Erdgas würde die deutsche Wirtschaft in große Schwierigkeiten geraten. Und die Deutschen selbst liefen Gefahr, im Winter nicht heizen zu können, erklärte Wilkinson. Mitte Juni hatte Russland den Ausfall einer Turbine als Grund für die Drosselung seiner Gaslieferungen über die Nord-Stream-Pipeline angeführt.
    Rohre und Schilder mit der Aufschrift "Nord Stream 1" sind an der Empfangsstation der Ostseepipeline in Lubmin in Mecklenburg Vorpommern zu sehen.
    Die Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 in Lubmin, Mecklenburg Vorpommern. (John Macdougall / AFP)
    Die Ostseepipeline Nord Stream 1, die zuletzt wichtigste Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland, wird morgen abgeschaltet. Grund sind jährlich wiederkehrende Wartungsarbeiten, die der Betreiber bereits vor längerer Zeit angekündigt hatte. Wie die Betreibergesellschaft Nord Stream AG mitteilte, sollen die Arbeiten bis zum 21. Juli dauern. In dieser Zeit werde kein Gas nach Deutschland befördert.

    +++ Die Ukraine benötigt nach Einschätzung von Verteidigungsminister Resnikow eine andere Raketenabwehr als das israelische System "Iron Dome".

    "Selbst Iron Dome schützt nicht zu 100 Prozent. Es wurde gegen langsam und niedrig fliegende Raketen gemacht, die eher in Garagen angefertigt werden." Vor Marschflugkörpern und ballistischen Raketen schütze Iron Dome nicht, sagte Resnikow. Die Ukraine müsse ein System der Luftverteidigung entwickeln oder es von ihren Partnern erhalten.

    +++ Nach Abzug russischer Soldaten von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer ist nach Angaben aus Kiew wieder ein Gütertransport über die Donau möglich.

    Ein Seitenarm der Donau sei wieder frei. Die Schifffahrt südwestlich von Odessa werde fortgesetzt, teilte die ukrainische Hafenbehörde mit. Eine Vielzahl von Schiffen warte auf die Durchfahrt. Neben drei ukrainischen Donauhäfen liegen ein Hafen der Republik Moldau und zwei rumänische Häfen unmittelbar an der Donau-Mündung.

    +++ Die US-Regierung sagte der Ukraine weitere humanitäre Unterstützung zu.

    US-Außenminister Blinken kündigte nach dem G20-Außenministertreffen in Bali an, dass die Vereinigten Staaten umgerechnet 361 Millionen Euro an zusätzlicher humanitärer Hilfe bereitstellen werden. Die USA gelten als wichtigstes Geberland für die Ukraine.

    Samstag, 9. Juli 2022

    +++ Großbritannien hat ein neues Programm zur militärischen Ausbildung ukrainischer Soldaten begonnen.

    Wie das Verteidigungsministerium mitteilte, hat eine Gruppe von insgesamt 10.000 unerfahrenen Freiwilligen aus der Ukraine erste Übungen absolviert. Das mehrwöchige Militärtraining basiert auf der britischen Grundausbildung für Soldaten und umfasst den Umgang mit Waffen, erste Hilfe, militärische Taktik und Kriegsrecht. Das Programm markiere die nächste Phase britischer Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte in ihrem Kampf gegen die russische Aggression, erklärte Verteidigungsminister Wallace.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Botschafter seines Landes in Deutschland, Melnyk, entlassen.

    Das Präsidialamt in Kiew veröffentlichte ein entsprechendes Dekret. Bereits vor wenigen Tagen hatten Medien über eine mögliche Rückkehr Melnyks nach Kiew berichtet. Wie die "Bild"-Zeitung und die "Süddeutsche Zeitung" schrieben, solle der 46-Jährige ins ukrainische Außenministerium wechseln. Melnyk hatte den Posten als Botschafter in Berlin seit 2015 inne. Er hatte häufig mit deutlichen Worten von der Bundesregierung gefordert, die Ukraine nach der russischen Invasion stärker mit Waffen zu unterstützen. Auch für positive Äußerungen über den ukrainischen Nationalistenführer Bandera wurde Melynk zuletzt scharf kritisiert. Banderas Truppen hatten im Zweiten Weltkrieg mit den deutschen Nationalsozialisten zusammengearbeitet und sich am massenhaften Mord an Juden beteiligt.
    Andrij Melnyk, der bisherige Botschafter der Ukraine in Deutschland
    Andrij Melnyk, der bisherige Botschafter der Ukraine in Deutschland (picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

    +++ Nach wochenlangen Bemühungen haben Kanzleramt und Bundesverteidigungsministerium in Norwegen einen Hersteller gefunden, der größere Mengen an Munition für den deutschen Flugabwehrpanzer "Gepard" herstellen kann.

    Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Spiegel". Bereits in der kommenden Woche soll die Munition auf einem Bundeswehr-Schießplatz in Schleswig-Holstein getestet werden. Durch den Nachschub stehe der Abgabe von 30 "Gepard"-Systemen an die Ukraine nichts mehr im Wege, zitiert das Nachrichtenmagazin Regierungskreise. Die ersten Panzer sollen noch in diesem Monat an die Ukraine geliefert werden. Der Hersteller der "Gepard"-Panzer trainiert bereits ukrainische Soldaten in Deutschland im Umgang mit dem Kriegsgerät.
    Hintergrund für den Munitionsmangel ist, dass die speziellen 35mm-Geschosse hierzulande nicht mehr produziert werden. Deutschland hätte der Ukraine daher bislang nur weniger als 60.000 Schuss liefern können. Eine Lieferung von Munition aus Südafrika war nicht zustande gekommen, weil die Schweiz, wo die Munition hergestellt worden war, die Zustimmung verweigert hatte.

    +++ Der frühere russische Präsident und heutige Vizechef des russischen Sicherheitsrates, Medwedew, sieht die internationale Bedeutung seines Landes durch den Ukraine-Krieg gestärkt.

    Die "militärische Spezialoperation" in der Ukraine habe eine Aufgabe bereits erfüllt, schrieb Medwedew im Nachrichtendienst Telegram. "Mit Russland wird nun ernsthaft gerechnet. Wie mit der Sowjetunion. Und in mancher Hinsicht sogar noch ernsthafter, dem Sanktionspaket nach zu urteilen." Vor einiger Zeit sei dies noch anders gewesen, so Medwedew weiter. Da sei Russland zwar Teilnehmer der G8-Treffen der größten Industriestaaten der Welt gewesen, aber nicht zu bestimmten Treffen der übrigen sieben Teilnehmer eingeladen worden, wenn wirtschaftliche und verteidigungspolitische Fragen der westlichen Länder erörtert worden seien.

    +++ Russische Truppen haben ihre Angriffe auf die Region Donezk in der Ostukraine fortgesetzt.

    Dabei wurden nach ukrainischen Angaben mindestens fünf Menschen getötet. Vor allem die Stadt Slowjansk werde massiv beschossen, hieß es. Auch aus dem Süden der Ukraine werden Explosionen gemeldet.

    +++ Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau im Osten der Ukraine erneut westliche Waffen zerstört.

    In der Nähe der Ortschaft Tschassiw Jar im Gebiet Donezk sei ein Hangar mit von den USA gelieferten M777-Haubitzen getroffen worden, sagte Ministeriumssprecher Konaschenkow in Moskau. Demnach wurden dort auch zahlreiche ukrainische Soldaten getötet. Auch im Gebiet Mykolajiw im Süden des Landes, in der Region Dnipropetrowsk um die Millionenstadt Dnipro sowie anderen Teilen des Landes seien bei Artillerie- und Raketenangriffen zahlreiche ukrainische Soldaten getötet sowie Militärtechnik und teils Munitionslager zerstört worden, sagte Konaschenkow. Auch ausländische Kämpfer seien ums Leben gekommen.
    Ein stark beschädigtes Haus in der Region Donezk. DIESES FOTO WIRD VON DER RUSSISCHEN STAATSAGENTUR TASS ZUR VERFÜGUNG GESTELLT.
    Von Anfang an war die Eroberung der Region Donezk das erklärte politische Ziel Russlands (picture alliance/dpa/TASS | Valentin Sprinchak)

    +++ Ein Bericht der Vereinten Nationen macht die ukrainische Armee mitverantwortlich für einen Angriff russischer Rebellen auf ein Pflegeheim Anfang März.

    Ukrainische Soldaten hätten wenige Tage zuvor Stellung in dem Gebäude nahe Sjewjerodonezk bezogen, teilte das UNO-Kommissariat für Menschenrechte mit. Dadurch habe es die Einrichtung mit 71 Bewohnern und 15 Angestellten zu einem militärischen Ziel gemacht. Prorussische Rebellen hatten das Gebäude in Stara Krasnjanka in der Region Luhansk am 11. März unter Beschuss genommen. Mindestens 22 Menschen hätten überlebt, die genaue Zahl der Toten sei noch nicht geklärt, hieß es. Der UNO-Bericht beruht den Angaben zufolge auf Zeugenaussagen überlebender Angestellter und auf Informationen von Angehörigen der Bewohner.

    +++ Der CDU-Außenpolitiker Kiesewetter hat Russland im Ukraine-Krieg leere Drohungen vorgehalten.

    Moskau könne sich eine weitere Eskalation nicht leisten, sagte er im Deutschlandfunk. Die Sanktionen wirkten "dramatisch". Vier Millionen Russen hätten das Land bereits verlassen. Er sprach von einer "Scheinstärke" Moskaus. Die russischen Streitkräfte verzeichneten "ungeheure" Verluste. Zudem sehe man, dass ihre Arsenale langsam erschöpft seien. Man müsse der deutschen Bevölkerung deutlich machen, dass es noch etwas Durchhaltevermögen brauche. Nach Kiesewetters Worten geht es um ein bis zwei Jahre. In dieser Zeit müsse man die Ukraine so weit unterstützen, dass sie stark genug werde, um mit Russland Verhandlungen zu führen. Dazu tue die Bundesregierung zu wenig, so der CDU-Politiker.
    "Die Sanktionen wirken dramatisch"

    +++ Russland beordert dem britischen Militärgeheimdienst zufolge Reservisten aus dem ganzen Land in die Nähe der Ukraine.

    Sie würden mit Mehrzweckpanzern transportiert und sollten offenbar für künftige Offensiven zur Verfügung stehen, heißt es in einem Bericht des Verteidigungsministeriums in London.

    +++ Der Gouverneur der Region Luhansk im Osten der Ukraine warnt davor, dass sich die Lebensbedingungen in der Stadt Sjewjerodonezk massiv verschlechtern.

    Das russische Militär hatte Sjewjerodonezk und das benachbarte Lyssytschansk vor kurzem erobert und kontrolliert seitdem nach eigenen Angaben die gesamte Region Luhansk. Der ukrainische Gouverneur Hajdaj sagte der Nachrichtenagentur AP, Sjewjerodonezk stehe am Rande einer humanitären Katastrophe. Die russischen Besatzer hätten die gesamte kritische Infrastruktur zerstört und seien nicht in der Lage, irgendetwas zu reparieren.

    +++ Nach eigenen Angaben begutachtet der ukrainische Präsident Selenskij die vorderen Verteidigungslinien in den Regionen Dnipropetrovsk und Krywyj Rih.

    Zudem besucht er ein Krankenhauses in Dnipro, in dem verwundete Soldaten behandelt werden.

    +++ Bundeswirtschaftsminister Habeck hat mit Nachdruck vor Engpässen bei der Gasversorgung im kommenden Winter gewarnt.

    Der Grünen-Politiker sagte im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks, es werde ernst, wenn es nicht gelinge, die Speicher vollzubekommen und weitere Versorgungswege - etwa über schwimmende Terminals - zu etablieren. Habeck hatte zuletzt die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die noch keine staatlichen Eingriffe in den Gasmarkt vorsieht. Der Minister betonte, die sogenannte Notfallstufe müsse ausgerufen werden, wenn es eine Unterversorgung mit Gas gebe. Habeck bezeichnete es als "ultima ratio", dass dann der Staat entscheiden müsse, wo die Versorgungssicherheit zu gewährleisten sei und wo nicht. Wörtlich sprach der Minister von einem "politischen Albtraumszenario", das man nach Kräften verhindern müsse.
    Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, gibt eine Pressekonferenz zur Novelle des Energiesicherungsgesetzes
    Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) (picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)

    Freitag, 8. Juli 2022

    +++ Die USA haben weitere Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt.

    Zu dem neuen Paket im Umfang von rund 400 Millionen US-Dollar gehören nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums vier Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, eintausend Artilleriegeschosse sowie Radargeräte und Ersatzteile. Mit den neuen Raketenwerfern verfügen die ukrainischen Streitkräfte dann über zwölf Himars-Systeme. Die Sprecherin des Pentagon wies in diesem Zusammenhang Angaben des russischen Militärs zurück, wonach zwei Exemplare zerstört wurden. Alle an die Ukraine gelieferten Himars seien weiterhin im Einsatz, betonte sie. - Himars-Raketenwerfer können mehrere präzisionsgelenkte Raketen gleichzeitig auf Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung abfeuern. Sie erlauben der ukrainischen Armee aus größerer Entfernung Angriffe auf die russische Armee, ohne selbst in Reichweite der russischen Artillerie zu sein.
    Ein Mehrfachraketenwerfer Himars (High Mobility Artillery Rocket System) des US-Militärs im Gelände
    Ein Mehrfachraketenwerfer Himars (High Mobility Artillery Rocket System) des US-Militärs im Gelände (Keizo Mori/imago images/UPI Photo)

    +++ Der Gouverneur der ostukrainischen Region Luhansk, Hajdaj, hat vor einer Katastrophe in der von Russland eroberten Stadt Sjewjerodonezk gewarnt.

    Demnach hat das russische Militär die gesamte kritische Infrastruktur in der Stadt zerstört. Es gebe weder Wasser, noch Strom oder ein funktionierendes Abwassersystem, während in den überhitzten Wohnungen Leichen verwesten, so Hajdaj. Er warf den russischen Streitkräfte vor, wahllosen Artilleriebeschuss einzusetzen, um ihre Gewinne in Luhansk zu sichern. Moskau hatte zuletzt erklärt, die russischen Soldaten hätten die vollständige Kontrolle über Luhansk erkämpft. Die ukrainische Seite behauptete hingegen, ihre Soldaten hielten weiterhin einen kleinen Teil der Provinz.

    +++ Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben mehrere Ziele in den von russischen Truppen kontrollierten Gebieten erfolgreich angegriffen.

    Nach Beschuss habe es Explosionen in Waffenlagern der Angreifer bei Schachtarsk in der ostukrainischen Region Donezk sowie bei Nowa Kachowka im südukrainischen Gebiet Cherson gegeben. Dabei seien auch zahlreiche russische Soldaten getötet worden. Dagegen sprachen die von den Invasoren eingesetzten moskautreuen Behörden von einem gescheiterten Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf ein Wasserkraftwerk am Fluss Dnipro. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

    +++ Russlands Präsident Putin hat die westlichen Staaten vor weiteren Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts gewarnt.

    "Die Fortsetzung der Sanktionspolitik kann zu noch schwerwiegenderen, katastrophalen Folgen auf dem Weltenergiemarkt führen", sagte Putin bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit des Kabinetts. "Sanktionen gegen Russland werden für die Länder, die sie verhängen, weitaus größere Verluste bedeuten", bekräftigte er erneut. "Die Europäer versuchen, die russischen Energieressourcen zu ersetzen, aber das Ergebnis solcher Aktionen ist vorhersehbar: ein Anstieg der Gaspreise auf dem Markt und ein Anstieg der Energiekosten für die Endverbraucher", sagte er weiter. Westliche Länder haben Moskau seit Beginn des Militäreinsatzes in der Ukraine am 24. Februar mit zahlreichen Sanktionen belegt.

    +++ In der ostukrainischen Kriegsregion Donezk haben die prorussischen Separatisten den Weg für die Hinrichtung von drei zum Tode verurteilten ausländischen Kämpfern frei gemacht.

    Ein Moratorium zur Vollstreckung der Todesstrafe wurde von dem international nicht anerkannten Parlament der abtrünnigen Region aufgehoben. Das Moratorium, also das Aussetzen der Todesstrafe, hätte aufgrund einer zum 1. Juli in Kraft getretenen neuen Strafprozessordnung eigentlich noch bis 2025 gegolten. Die Möglichkeit der Vollstreckung der Todesstrafe diene zur Abschreckung bei Schwerstverbrechen, hieß es auf der Parlamentsseite. Im Juni waren zwei britische und ein marokkanischer Staatsbürger zum Tode verurteilt worden. Sie hatten auf Seiten der ukrainischen Armee gegen die von Russland unterstützten Separatisten gekämpft.
    Zwei britische Staatsbürger und ein marokkanischer Staatsbürger sitzen hinter Gittern in einem Gerichtssaal in Donezk.
    Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. (AP/dpa/dpa-Bildfunk)

    +++ In Moskau ist ein russischer Politiker wegen seiner Kritik am Krieg gegen die Ukraine zu sieben Jahren Straflager verurteilt worden.

    Das ist die bislang härteste Strafe, die in Zusammenhang mit dem Thema verhängt wurde. In der Urteilsbegründung des Gerichts heißt es, der Abgeordnete des Bezirksparlaments der Hauptstadt habe vorsätzlich falsche Informationen über den Einsatz der russischen Streitkräfte verbreitet. Der 60-Jährige hatte in einer Sitzung des Parlamentsvorstandes von "Krieg" gesprochen und nicht wie offiziell vom Kreml vorgegeben von einer "militärischen Spezial-Operation". Da die Äußerungen im Internet veröffentlicht wurden, wertete das Gericht seine Worte als "öffentlich verbreitet" und damit als strafbar. In Russland ist die Bezeichnung "Krieg" für die Offensive der Armee in der Ukraine gesetzlich untersagt.

    +++ Bundesaußenministerin Baerbock hat dem russischen Außenminister Lawrow Gesprächsverweigerung vorgeworfen.

    Anlass war, dass er das G20-Treffen auf Bali nach seinem eigenen Redebeitrag verlassen und sich die anderen nicht mehr angehört hatte. Lawrows Verhalten unterstreiche, dass es auf russischer Seite derzeit keinen Millimeter Gesprächsbereitschaft gebe, kritisierte Baerbock.

    +++ Ein neuer Ratgeber soll Ehrenamtliche bei ihrem Engagement für Geflüchtete aus der Ukraine unterstützen.

    Veröffentlicht hat die Broschüre die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Auf 58 Seiten wird Basiswissen mit Informationen zur Bedeutung des Ehrenamts, zu Integrationsangeboten und juristischen Themen wie Aufenthaltsberechtigungen vermittelt. Der Ratgeber ist in Kooperation mit dem Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern erschienen.

    +++ Beim Treffen der G20-Außenminister auf Bali hat die indonesische Präsidentschaft ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine angemahnt.

    Differenzen müssten am Verhandlungstisch gelöst werden und nicht auf dem Schlachtfeld, sagte Außenministerin Marsudi zum Auftakt der Beratungen. Zur Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer gehört auch Russland. Dessen Außenminister Lawrow nahm zunächst an dem Treffen teil, verließ aber nach seiner Rede die Beratungen. Kritik am Vorgehen in der Ukraine wies Lawrow in seiner Ansprache zurück. Vielmehr habe sich der Westen verrannt und stünde einem Friedensschluss zwischen Russland und der Ukraine im Weg.
    Bali: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin des Auswärtigen,  spricht zu den Journalisten nach ihrer Teilnahme am G20-Gipfel in Indonesien.
    Bundesaußenministerin Baerbock gibt eine Pressekonferenz bei G20-Gipfel in Bali in Indonesien. (dpa/Britta Pedersen)

    +++ Die Stadt Nürnberg schließt ihre letzte Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine.

    Die Messehalle 3C werde in den kommenden Tagen rückgebaut und stehe dann wieder für ihren eigentlichen Zweck zur Verfügung, erklärte die Verwaltung und begründete den Schritt mit der "aktuellen Lageentwicklung". Den Angaben zufolge bot die Messehalle Platz für bis zu 600 Menschen, wurde jedoch auch in Spitzenzeiten mit nicht mehr als 200 Personen belegt. Sie wurde schon seit Ende April nicht mehr belegt.

    +++ Russland hält nach Angaben seines Botschafters in Großbritannien an dem Ziel fest, den gesamten Donbass zu erobern.

    Ein Rückzug russischer Truppen aus der Südukraine sei unwahrscheinlich, sagte Botschafter Kelin der Nachrichtenagentur Reuters in London. In diesem Fall würde es zu "Provokationen" und zur Erschießung von Menschen kommen, behauptete er. Die Ukraine müsse sich entscheiden, ob sie einem Friedensabkommen mit Russland zustimmen oder die Kämpfe "bis zum Zusammenbruch" fortsetzen wolle.

    +++ Russland hat die Bereitschaft erklärt, die reduzierten Gaslieferungen für Europa nach dem Erhalt einer reparierten Turbine aus Kanada wieder zu erhöhen.

    Der russische Regierungssprecher Peskow wies Vorwürfe zurück, wonach sein Land das Fehlen der Turbine für die Gaspipeline Nord Stream 1 zum Vorwand für reduzierte Lieferungen nehme. Er sagte, man werde den Durchlauf wieder erhöhen, sobald die Turbine zurück sei. Diese befindet sich derzeit zur Wartung in Kanada.
    Der Sprecher der Bundesregierung, Hebestreit, erklärte, es gebe "positive Signale" von der Regierung in Ottawa, dass das Bauteil demnächst wieder nach Russland zurückgebracht werde. Kanada hat die Turbine bislang zurückgehalten, weil es Bedenken hatte, dass eine Auslieferung gegen die Russland-Sanktionen verstoßen könnte.

    +++ Die russische Star-Sopranistin Anna Netrebko ist für ein Gastspiel in Stuttgart nach wie vor nicht willkommen.

    Das Land hält nach Angaben des Finanzministeriums einen Auftritt der Sängerin nicht für vorstellbar, während der Krieg in der Ukraine tobt. Das für den 3. September geplante Netrebko-Konzert auf dem landeseigenen Platz vor dem Neuen Schloss kann demnach nicht stattfinden. Netrebko wird vorgeworfen, sich nicht ausreichend vom russischen Präsidenten Putin zu distanzieren.
    Anna Netrebko singt bei einem Auftritt.
    Die russische Opernsängerin Anna Netrebko ist in Stuttgart unerwünscht. (imago / CTK Photo / Roman Vondrous)

    +++ Russland ist nach Angaben von Außenminister Lawrow bereit, mit der Ukraine und der Türkei über den Export von ukrainischem Getreide zu verhandeln.

    Es sei aber unklar, wann solche Gespräche stattfinden könnten, sagte Lawrow beim G20-Außenministertreffen auf der indonesischen Insel Bali. In der Ukraine lagern Millionen Tonnen Getreide, die nicht exportiert werden können. Das hat in vielen Ländern bestehende Nahrungsmittelkrisen verschärft.

    +++ Bundeskanzler Scholz hat nach eigenen Angaben die Absicht, die Ukraine trotz zunehmender wirtschaftlicher Probleme im eigenen Land so lange wie nötig zu unterstützen.

    "Wir werden so lange solidarisch sein - das ist jedenfalls mein Wunsch - wie das notwendig ist, damit die Ukraine sich verteidigen kann gegen den furchtbaren und brutalen russischen Angriff", sagte der SPD-Politiker im ZDF.

    +++ Die Forderung von CDU und CSU, der Ukraine kurzfristig 200 Transportpanzer vom Typ Fuchs zu liefern, hat im Bundestag keine Mehrheit gefunden.

    Das Parlament stimmte in der vergangenen Nacht gegen einen entsprechenden Entschließungsantrag der Unionsfraktion. Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) hatte davor gewarnt, die Bundeswehr "auszuplündern". Die Bundesrepublik unterstütze die Ukraine mit allem, was möglich und verantwortbar sei. "Aber wir müssen die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gewährleisten", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

    Donnerstag, 7. Juli 2022

    +++ Russland hat nach Darstellung von Staatschef Wladimir Putin in der Ukraine bislang nur einen Bruchteil seiner militärischen Macht demonstriert.

    "Jeder sollte wissen, dass wir im Großen und Ganzen noch gar nicht richtig angefangen haben", sagte Putin in einer Rede vor hochrangigen Abgeordneten. Zugleich sprach er auch zum ersten Mal seit Wochen die Möglichkeit von Verhandlungen an. "Gleichzeitig lehnen wir Friedensverhandlungen nicht ab", sagte er. "Aber diejenigen, die diese ablehnen, sollten wissen, dass es schwieriger für sie wird mit uns zu verhandeln, je länger es dauert." Dem Westen warf Putin vor, "bis zum letzten Ukrainer kämpfen" zu wollen. Das sei "eine Tragödie für das ukrainische Volk", wird der Kreml-Chef weiter zitiert.

    +++ Bei Angriffen der russischen Streitkräfte auf mehrere Städte in der Ostukraine sind nach Angaben der ukrainischen Behörden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden.

    Der Gouverneur der Region Charkiw sprach auf "Telegram" von mindestens drei Toten. Ziele waren den Angaben zufolge auch die Stadt Kramatorsk und das benachbarte Slowijansk. Im Zentrum von Kramatorsk seien Raketen eingeschlagen, teilte der Bürgermeister mit. Dabei habe es Opfer gegeben. Details nannte er nicht. Das ukrainische Militär teilte mit, die russischen Streitkräfte hätten auch die Region Sumy im Nordosten des Landes beschossen und Hubschrauberangriffe geflogen.

    +++ Das ukrainische Außenministerium hat im Konflikt um eine Ladung Getreide den türkischen Botschafter in Kiew einbestellt.

    m Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht das russische Schiff "Schibek Scholi", das die Behörden in Ankara auf Antrag der Ukraine kurzzeitig festhielten. Dann durfte es aber doch die türkische Schwarzmeerküste verlassen. Dem türkischen Botschafter solle übermittelt werden, dass diese Entscheidung "inakzeptabel" sei, erklärte das Außenministerium in Kiew und sprach von einem "Diebstahl ukrainischen Getreides" durch ein russisches Schiff. Der Bosporus ist eine wichtige Transitroute für den Schiffsverkehr aus dem Schwarzen Meer.
    Auf dem Außenministerium in Kiew weht eine ukrainische Nationalflagge.
    Das ukrainische Außenministerium in Kiew (picture alliance / Christophe Gateau/dpa)

    +++ Der rumänische Donauhafen Galati kann nach der Reparatur von Breitspur-Bahngleisen in größerem Umfang für den Import von Gütern aus der Ukraine verwendet werden.

    Das teilte Rumäniens Transportminister Grindeanu mit. Galati liegt unmittelbar an der ukrainischen Grenze. Aus dem ukrainischen Donau-Hafen Reni führen die im ex-sowjetischen Raum üblichen Breitspurgleise nach Galati. Wegen des schlechten Zustandes auf rumänischer Seite mussten bisher Waren aus der Ukraine zum Weitertransport umgeladen werden. Rumäniens Gleise haben die westeuropäische Standardbreite. Wegen des russischen Angriffskrieges sucht die Ukraine Ausweichrouten zum Export ihres Getreides - unter anderem über Rumänien.

    +++ Bei einem Luftangriff auf Kramatorsk in der Ost-Ukraine ist nach Angaben eines Reporters der Nachrichtenagentur AFP mindestens ein Mensch getötet worden.

    Mehrere Menschen seien verletzt worden. Kramatorsk ist die Hauptstadt der Region Donezk. Der Bürgermeister bestätigte auf Facebook einen Luftangriff und rief die Menschen auf, in den Schutzräumen zu bleiben. Es würde weitere russische Angriffe befürchtet.
    Kramatorsk, Ukraine: Ukrainische Soldaten rennen vor zerstörten Gebäuden nach einem Anschlag
    Bei einem russischen Luftangriff auf die ost-ukrainische Stadt Kramatorsk soll mindestens ein Mensch getötet worden sein. (AP Photo/Nariman El-Mofty)

    +++ In Russland hat der angekündigte Rücktritt von Großbritanniens Premierminister Johnson Jubel ausgelöst.

    "Die 'besten Freunde der Ukraine' gehen. Der "Sieg" ist in Gefahr!», schrieb der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Ex-Präsident Medwedew, im Nachrichtendienst Telegram. Johnson gilt als einer der engagiertesten Unterstützer der ukrainischen Regierung in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg.

    +++ Ukrainische Soldaten haben auf der Schlangeninsel im Schwarzen Meer wieder die ukrainische Flagge gehisst.

    Der Sprecher der Militärverwaltung des Gebiets Odessa, Brattschuk, veröffentlichte im Nachrichtendienst Telegram entsprechende Fotos, auch auf Twitter sind sie zu finden. Die Flagge trägt die Aufschrift: "Merke dir, die Insel gehört zur Ukraine!!!".

    Redaktionell empfohlener externer Inhalt

    Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

    Die Schlangeninsel liegt etwa 35 Kilometer vor dem ukrainischen Teil des Donau-Deltas. Sie wurde wenige Wochen nach Kriegsbeginn von russischen Soldaten besetzt, vor einer Woche zogen sie allerdings - nach anhaltenden Beschuss durch ukrainische Luftangriffe - wieder ab. Heute früh soll der Anlegesteg der Insel ukrainischen Angaben zufolge erneut von Russland beschossen worden sein.

    +++ Die Türkei hat nach Darstellung der Ukraine ein russisches Schiff mit Getreide an Bord aus der Hafenstadt Karasu auslaufen lassen.

    Das Außenministerium in Kiew bezeichnete das als inakzeptabel. Das Schiff sei mit gestohlenem Getreide aus der Ukraine beladen. Man habe wegen der Angelegenheit den türkischen Botschafter einbestellt. Die Ukraine befürchtet, dass Russland das ukrainische Getreide verkauft und die Einnahmen für sich behält.
    Das unter russischer Flagge fahrende Schiff "Zhibek Zholy" ankert im Schwarzen Meer vor der Küste von Sakarya in der türkischen Region Karasu.
    Das unter russischer Flagge fahrende Schiff "Zhibek Zholy" saß tagelang vor der türkischen Schwarzmeerküste fest und durfte nicht weiterfahren. An Bord: Getreide aus der Ukraine. (OZAN KOSE / AFP)

    +++ Der russische Außenminister Lawrow ist zu einem Treffen der Außenminister der G20-Staatengruppe auf Bali eingetroffen.

    Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine dürfte das Treffen der Gruppe führender und aufstrebender Wirtschaftsmächte überschatten. Es wird damit gerechnet, dass einige Minister aus Protest gegen Lawrows Anwesenheit die Beratungen verlassen könnten. Ein Sprecher des indonesischen Außenministeriums erklärte: "Wir Diplomaten sollten auf verschiedenen Szenarien vorbereitet sein."

    +++ Die Behörden im Gebiet von Donezk haben die Zivilbevölkerung zur Flucht aufgerufen.

    Der Bürgermeister von Slowjansk, Ljach, erklärte, die Menschen sollten mit Bussen und Zügen in den Westen des Landes gebracht werden, um sie vor russischen Angriffen zu schützen.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Russland vorgeworfen, die pädagogische Universität der zweitgrößten Stadt Charkiw mit Raketen beschossen zu haben.

    In einer Videobotschaft sprach er von "Barbarei". Nur ein "Feind von Zivilisation und Menschlichkeit" sei zu solch einer Tat fähig.

    +++ Russlands Krieg gegen die Ukraine ist heute und morgen Thema bei einem Treffen der G20-Außenminister auf der indonesischen Insel Bali.

    Sie wollen sich unter anderem mit den Folgen für die internationale Ernährungssicherheit beschäftigen. Der russische Außenminister Lawrow nimmt an dem Treffen teil. Den G20 gehören neben der EU 19 Industrie- und Schwellenländer an. Die Gruppe steht für gut 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung.

    +++ Die ostukrainische Region Luhansk wird nach Darstellung von Gouverneur Hajdaj noch nicht völlig von der russischen Armee kontrolliert.

    Die Kämpfe dauerten in Außenbezirken an, teilte er per Nachrichtendienst Telegram mit. Die ukrainische Armee habe sich nur von jenen Positionen zurückgezogen, die nicht zu halten gewesen seien. Hajdaj warf den Angreifern vor, in der Region verbrannte Erde zu hinterlassen.

    Mittwoch, 6. Juli 2022

    +++ Bundeswirtschaftsminister Habeck hat sich für weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland ausgesprochen.

    "Ich will keinen Hehl daraus machen, dass in meinem Ministerium noch Gedanken sind für weitere Sanktionen", sagte der Grünen-Politiker in München. Man sei noch lange nicht am Ende. Die Sanktionen seien bereits höchst wirksam und träfen Russland hart. Gerade im Bereich etwa von Software-Wartung könne man aber noch mehr machen. Die europäischen Partner müssten sich aber da einig sein.

    +++ Norwegen hat nach eigenen Angaben einen Streit mit Russland über eine Frachtlieferung für russische Bergleute auf Spitzbergen beigelegt.

    Das Außenministerium in Oslo teilte mit, die an der Grenze blockierten Container mit russischer Fracht seien von norwegischen Transportern bis zum Hafen von Tromsö gebracht worden und nun per Schiff unterwegs zu der Inselgruppe in der Arktis. Die Lösung sei nach einem "guten Dialog" mit Russland gefunden worden und bedeute keinen "Rückzieher" Norwegens. Vor dem Hintergrund der Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges hatte Norwegen Mitte Juni an der Grenze zu Russland eine Lkw-Lieferung für russische Bergmänner auf Spitzbergen gestoppt.

    +++ Der Hafen der russisch besetzten Stadt Mariupol im Süden der Ukraine ist einem Agenturbericht zufolge wieder vollständig ausgelastet.

    Die russische Nachrichtenagentur Tass beruft sich in dem Bericht auf Hafenbehörden. Der russische Verteidigungsminister Schoigu hatte vor einem Monat erklärt, dass der Hafen von Minen befreit worden sei und somit für Getreidelieferungen bereit sei. Die Ukraine wirft Russland vor, ukrainisches Getreide gestohlen zu haben. Die Führung in Moskau bestreitet dies.

    +++ Russland richtet seine Wirtschaft darauf aus, bevorzugt das Militär zu beliefern.

    Das Parlament in Moskau billigte zwei Gesetzentwürfe zu "besonderen wirtschaftlichen Maßnahmen". Treten sie in Kraft, erlauben sie der Regierung, Unternehmen zu Lieferungen an die Armee zu verpflichten. Auch Überstunden und Urlaubsverzicht können für die Beschäftigten angeordnet werden. Vize-Regierungschef Borissow hatte zum Auftakt der Parlamentsdebatte für die Gesetzentwürfe geworben. Sie seien nötig, um dem Militär zu helfen in einer Zeit des - so wörtlich - "kollossalen Sanktionsdrucks des Westens".

    +++ Nach Verzögerungen sollen die geplanten deutschen Waffenlieferungen im Ringtausch-Verfahren für die Ukraine nach Angaben von Bundeskanzer Scholz nun in Kürze anlaufen.

    Scholz sagte in einer Fragestunde im Bundestag, die Vereinbarungen mit mehreren Partnerländern hätten sich "jetzt so weit konkretisiert, dass sie unmittelbar mit Auslieferungen verbunden sein werden". Die Bundeswehr werde den beteiligten osteuropäischen Verbündeten "modernisierte Waffen aus deutschen Beständen" zur Verfügung stellen, damit diese eigene Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern könne. Mit diesen sowjetischen Waffen seien die ukrainischen Soldaten besonders vertraut. Der Kanzler sagte den Abgeordneten zu, sie in den nächsten Wochen über die Umsetzung dieser Maßnahme zu informieren.

    +++ Außenministerin Baerbock kündigt Russland auf dem bevorstehenden Treffen der G20-Ressortchefs in Indonesien eine entschlossene Haltung an.

    Der Angriffskrieg in der Ukraine habe weitreichende Folgen für die ganze Welt, erklärte Baerbock vor ihrem Abflug nach Bali. Die Abstimmung und Beratung mit den internationalen Partnern sei wichtiger denn je, dafür biete das zweitägige Treffen der 20 größten Industrie- und Schwellenländer eine sehr gute Gelegenheit. "Wir alle haben ein Interesse daran, dass internationales Recht geachtet und respektiert wird. Das ist der gemeinsame Nenner, und es ist auch der Grund, warum wir Russland nicht einfach die Bühne des Treffens überlassen werden."

    +++ Das Entwicklungsministerium (BMZ) will Städtepartnerschaften von deutschen und ukrainischen Kommunen mit weiteren fünf Millionen Euro unterstützen.

    Entwicklungsministerin Schulze (SPD) sprach in Berlin bei einem hybriden Vernetzungstreffen von einem "deutlichen Zeichen der Solidarität". "Deutsche Kommunen helfen auch ganz konkret, mit Zelten, Verbandszeug, Generatoren oder Feuerwehrautos." Laut Ministerium gibt es bislang 80 Partnerschaften, weitere 41 Kommunen hätten Interesse bekundet. Auch bei der Wiederaufbaukonferenz in Lugano wurde zu solchen internationalen Städtepartnerschaften aufgerufen.

    +++ Der Bürgermeister der Stadt Mykolajiw berichtet von schwerem Beschuss der im Süden der Ukraine gelegenen Stadt.

    Es gebe keine sicheren Zonen mehr in Mykolajiw. "Ich sage den Menschen in der Stadt, dass sie sie verlassen müssen." Die russischen Truppen setzten Mehrfachraketensysteme ein, um die Hafenstadt zu beschießen. Vor dem Krieg hätten etwa 500.000 Menschen in Mykolajiw gelebt, jetzt seien es nur noch halb so viele.

    +++ Angesichts der russischen Angriffe auf die ostukrainische Stadt Slowjansk hat die Regionalregierung die Einwohner zur Flucht aufgerufen.

    Der Gouverneur von Donezk, Kyrylenko, sagte, die Stadt befinde sich in Reichweite russischer Mehrfachraketenwerfer. Die Angriffe zielten darauf ab, die lokale Bevölkerung zu vernichten. Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichten über eingeschlagene Raketen auf dem Marktplatz und in den umliegenden Straßen. Die Stadt steht nach Angaben des Bürgermeistern bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Bei ihrem Vormarsch im Donbass rücken die russischen Truppen nach der Einnahme von Lyssytschansk nun auf Slowjansk und Kramatorsk vor. Es sind die beiden größten Städte in der Region, die noch unter ukrainischer Kontrolle stehen.
    Einwohner der Stadt Slowjansk stehen mit Taschen und Koffern vor einem Bus, um aus der Stadt zu fliehen.
    Nach heftigen Angriffen auf die Stadt Slowjansk versuchen die Menschen, sich in Sicherheit zu bringen. (MIGUEL MEDINA / AFP)

    +++ EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat Vorbereitungen auf einen kompletten Stopp russischer Gaslieferungen angekündigt.

    Vor dem EU-Parlament in Straßburg sagte von der Leyen, die Kommission arbeite an einem europäischen Notfallplan, er werde Mitte des Monats vorgelegt. Man müsse sich auf eine weitere Unterbrechung der Gasversorgung und sogar auf eine vollständige Unterbrechung vorbereiten. Ein Dutzend Mitglieder sind laut von der Leyen bereits von Kürzungen oder vollständigen Kürzungen der Gaslieferungen aus Russland betroffen. Wichtig sei nun, sicherzustellen, dass das Gas im Falle einer vollständigen Unterbrechung dorthin fließe, wo es am dringendsten benötigt werde.

    +++ Die Bundesregierung unterstützt gemeinsam mit dem Deutschen Bühnenverein geflüchtete Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine.

    Dazu werde das neue Hilfsprogramm "U*act" gestartet, teilte Kulturstaatsministerin Roth mit. Das Programm wendet sich demnach an öffentlich getragene Staatstheater, Stadttheater und Landesbühnen in Deutschland sowie an künstlerisch selbst produzierende und Kunst vermittelnde Privattheater. Ziel sei es, geflüchteten ukraninischen Künstlerinnen und Künstlern während ihres Aufenthaltes in Deutschland zu Arbeitsmöglichkeiten zu verhelfen und sie in den Austausch mit der hiesigen Kulturszene zu bringen, sagte Roth.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seinen Appell zur Lieferung moderner Raketenabwehrsysteme bekräftigt.

    In seiner täglichen Videobotschaft sagte er, die Führung in Kiew werde ihre Bemühungen nicht aufgeben, eine ausreichende Zahl dieser Waffen zu erhalten. Selenskyj erklärte, Russland habe erneut Ziele im Land attackiert. Dabei sei ein Teil der Raketen von ukrainischen Luftabwehrkräften abgeschossen worden. Am Rand der Region Luhansk sowie in der Region Donezk kam es nach Angaben des Gouverneurs zu schweren Kämpfen. Die russischen Truppen erlitten demnach Verluste. Die Angaben aus dem Kriegsgebiet lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
    Der ukrainische Präsident Selenskyi sitzt an einem Schreibtisch.
    Der ukrainische Präsident Selenskyi in einer Videoansprache. (HANDOUT / UKRAINE PRESIDENCY / AFP)

    +++ Bei dem Treffen der G20-Außenminister auf Bali in dieser Woche werden die USA Regierungsangaben zufolge auf eine Öffnung der Seewege durch Russland für Getreidelieferungen aus der Ukraine dringen.

    "Die G20-Länder sollten Russland zur Rechenschaft ziehen und darauf bestehen, dass es die laufenden Bemühungen der Vereinten Nationen unterstützt, die Seewege für Getreidelieferungen wieder zu öffnen", sagt Toloui, stellvertretender Staatssekretär für Wirtschafts- und Unternehmensangelegenheiten. Hintergrund ist eine Initiative, die versucht, ukrainische und russische Lebensmittel und Düngemittel auf die Weltmärkte zu bringen. Weiter werde Außenminister Blinken die Energiesicherheit bei der Hauptsitzung der G20-Minister am Freitag und bei bilateralen Treffen auf Bali ansprechen. Blinken trifft am Rande des Gipfels seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi.

    +++ Nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen haben sowohl russische als auch ukrainische Truppen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht in der Ukraine verletzt.

    UNO-Menschenrechtskommissarin Bachelet warf in Genf beiden Kriegsparteien vor, militärische Stellungen in die Nähe ziviler Gebäude verlegt und damit "menschliche Schutzschilde" eingesetzt zu haben. Zudem würden Kriegsgefangene misshandelt und gefoltert, ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden. Auch Fälle von Vergewaltigung und anderer sexualisierter Gewalt seien in russisch- wie in ukrainisch-kontrollierten Gebieten dokumentiert. Die UNO-Menschenrechtskommissarin erklärte, es bestünden "erhebliche Befürchtungen", dass Angriffe der russischen Streitkräfte nicht mit dem humanitären Völkerrecht vereinbar seien. In einem "wesentlich geringeren Umfang" gelte dies auch für ukrainische Truppen im Osten des Landes.
    Ein zerstörter und ausgebrannter Wohn-Block in der Stadt Sjewjerodonezk.
    Ein zerstörter und ausgebrannter Wohn-Block in der Stadt Sjewjerodonezk. (IMAGO / ITAR-TASS / Alexander Reka)

    +++ Der Linken-Politiker Ernst fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland und die Aufnahme von Gesprächen über die Gas-Pipeline Nord Stream 2.

    Der Vorsitzende des Energieausschusses im Bundestag, Ernst, sagte der "Rheinischen Post", die Regierung müsse dafür sorgen, dass die Energiepreise durch ein steigendes Angebot begrenzt blieben. Die Sanktionen gegen Russland wirkten nicht, vielmehr verdiene das Land auf dem Weltmarkt weiterhin gut an seinen Rohstoffen. Zugleich seien die Bundesbürger und die hiesige Wirtschaft die Leidtragenden einer völlig verfehlten Sanktionspolitik, erklärte der Linke-Politiker weiter. Daher müsse man - trotz des völkerrechtswidrigen Ukraine-Krieges - mit Moskau auch darüber reden, Nord Stream 2 gegebenenfalls befristet in Betrieb zu nehmen, wenn die Gasversorgung nicht anders zu gewährleisten sei. Ernst warnte in diesem Zusammenhang, eine Unterbrechung der Gasversorgung könne das industrielle Rückgrat Deutschlands irreparabel schädigen.

    Die bisherigen Entwicklungen im Ukraine-Krieg finden Sie hier.