10 Jahre OpenAI
Von einer Non-Profit-Organisation zum Treiber des KI-Booms

Als OpenAI 2015 gegründet wurde, konnte niemand dessen rasante Entwicklung vorhersehen. Aus einer gemeinnützigen Organisation zur Erforschung Künstlicher Intelligenz wurde dank des Chatbots ChatGPT die wertvollste nicht-börsennotierte Firma der Welt.

    Das Logo des Chatbots ChatGPT des Unternehmens OpenAI ist auf einem Smartphone zu sehen.
    Für Hunderte Millionen Menschen ist ChatGPT zu einem Begleiter im Alltag geworden (imago / photothek / Thomas Trutschel)
    Vor 10 Jahren wurde OpenAI als Non-Profit-Organisation zur Erforschung und Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz gegründet – explizit zum Wohl der gesamten Menschheit, teilte man damals mit. Frei von finanziellen Verpflichtungen wollte man sich auf die positiven Auswirkungen der Technologie für die Menschheit konzentrieren und auch alle Forschungsergebnisse mit der Welt teilen, so die Selbstdarstellung.
    Der von OpenAI entwickelte Chatbot ChatGPT ging Ende 2022 online und löste schnell einen weltweiten KI-Boom aus. Noch nie hat sich eine Anwendung so rasant verbreitet: Mittlerweile nutzen wöchentlich hunderte Millionen weltweit das Tool. Seit OpenAI angekündigt hat, nun doch gewinnorientiert arbeiten zu wollen, gibt es jedoch Sorgen hinsichtlich der ursprünglichen Ziele Gemeinwohl und Transparenz.  
    Die Geschichte von OpenAI ist eine des Erfolgs. Doch wegen Urheberrechtsverletzungen, Vorwürfen der Ausbeutung von Arbeitskräften, dem immensen Energieverbrauch der Künstlichen Intelligenz und Fragen mentaler Gesundheit mancher ChatGPT-Anwender ist das Unternehmen auch in der Kritik.  

    Inhalt

    Schwierige Anfänge und Streit im Vorstand 

    Bei der Gründung von OpenAI am 11. Dezember 2015 verkündete das Startup, man wolle künstliche Intelligenz so vorantreiben, dass sie der gesamten Menschheit nutzt, ohne dabei durch die Notwendigkeit finanzieller Renditen eingeschränkt zu sein.
    Weil Künstliche Intelligenz im Extremfall irgendwann den menschlichen Intellekt erreichen könnte, sei es wichtig bei ihrer Erforschung darauf zu achten, dass sie nicht zu einer Gefahr für die Menschheit werde, heißt es weiter. Deswegen habe man sich entschlossen, die Forschungsergebnisse öffentlich zu machen. Die Forschungseinrichtung müsse ein gutes Ergebnis für alle über ihre eigenen Interessen stellen.  
    Zu den Gründern gehörten 2015 der Computerwissenschaftler Ilya Sutskever, der Unternehmer Greg Brockman, der Informatiker Sam Altman und Elon Musk. Musk und Altman leiteten den Vorstand des Startups.  
    Die Anfänge verliefen schleppend, erinnert sich Brockman. Greifbare Ergebnisse habe es kaum gegeben. Das lag auch am Geld: Selbst das Startkapital von einer Milliarde US-Dollar reichte nicht aus für die erforderlichen Rechenkapazitäten für die KI-Entwicklung. Es sei ungewiss gewesen, wie lange die Firma überhaupt existieren würde, so Brockman: "Es war sehr schwierig, Leute dazu zu bringen, riesige Schecks für ein gemeinnütziges Vorhaben auszustellen." 
    Im Vorstand gab es Streit. Musk war frustriert über den zähen Fortschritt und wollte mehr Macht, um die Entwicklung voranzutreiben. Die anderen Gründer lehnten ab und 2018 kam es zum Bruch: Musk verließ OpenAI. Damit verlor das Startup auch einen wichtigen Geldgeber. Sam Altman wurde alleiniger Chef. 

    Umstrukturierung und Durchbruch mit ChatGPT 

    Doch die Suche nach Geld ging weiter. 2019 wurde Altman fündig: Er konnte Microsoft überzeugen, groß zu investieren. Um den Einstieg von weiteren Geldgebern zu ermöglichen, leitete OpenAI später eine Veränderung seiner Struktur ein: In die gemeinnützige Organisation sollte eine gewinnorientierte eingebettet werden. 
    Damit folgte die Firma dem Druck der Investoren: Allein 2025 flossen 40 Milliarden US-Dollar in OpenAI. Unternehmen wie Softbank, die Geld in Tech-Unternehmen stecken, knüpften ihre Investitionen an die Bedingung, dass die Umwandlung in ein profitorientiertes Unternehmen gelingt. Der Prozess gilt seit November 2025 als abgeschlossen. 
    Die 2019 eingeleitete Veränderung der Strategie zahlte sich aber schon 2022 aus: Als die Firma Ende des Jahres ihr Produkt ChatGPT online stellte und gleich am ersten Tag Hunderte Tausend User verzeichnete, rückte das bis dato außerhalb der Szene kaum bekannte Forschungslabor in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und löste einen weltweiten Boom um Künstliche Intelligenz aus. KI wurde massenkompatibel und kinderleicht nutzbar. 
    Mit diesem Erfolg habe man nicht gerechnet, sagt Nick Turley, Head of ChatGPT: "Wir dachten, wir bringen eine Demo raus, also einen Prototyp, den die Leute ausprobieren können. Und dann, einen Monat später, schalten wir es wieder runter." 
    Laut Angaben von OpenAI nutzen pro Woche weltweit aktuell 800 Millionen Menschen ChatGPT. In Deutschland nutzen laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage rund zwei Drittel der Befragten KI. Das meistgenutzte Tool ist ChatGPT. Häufig, um Texte zu schreiben oder zu verbessern, für die Nachhilfe oder als Suchmaschine. Die Menschen besprechen mit ChatGPT aber auch sehr viel persönlichere Themen. Besonders für junge Menschen ist KI zum alltäglichen Begleiter geworden. 

    Wofür wird OpenAI kritisiert? 

    Verletzungen des Urheberrechts 
    Der rasante Aufstieg von OpenAI verläuft nicht ohne Kontroversen. Für das Training des Sprachmodells ChatGPT verarbeitet die Firma ohne Erlaubnis unzählige urheberrechtlich geschützte Texte, Bilder und Videos aus dem Netz – und wird deswegen von Verlagen und Autoren verklagt. Sie werfen der Firma systematischen Diebstahl im großen Stil vor und sehen ihr geistiges Eigentum verletzt. 
    Auch die Musikrechteverwertungsgesellschaft GEMA klagte und bekam Recht: OpenAI habe zu Unrecht deutsche Liedtexte zum Training von ChatGPT genutzt und damit das Urheberrecht verletzt, lautete das Urteil des Landgerichts München. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob OpenAI in Berufung geht, ist noch offen. 
    Arbeitsbedingungen der menschlichen KI-Trainer
    Die Fütterung der KI mit Daten verlagern Konzerne wie OpenAI, Meta oder Google oft in den globalen Süden, in Länder wie Brasilien, die Philippinen, Indien oder Kenia. Das liegt auch an den dortigen niedrigen Löhnen. Doch die Firmen wollen damit auch die Verantwortung für die Beschäftigten in diesen Bereichen abgeben.
    Viele dieser Data Worker arbeiten nämlich unter prekären, teils traumatisierenden Bedingungen, wenn sie beispielsweise Texte herausfiltern, die nicht in den Chatbot eingespeist werden sollen. Dazu gehören auch sexuelle Inhalte, in denen es um Vergewaltigungen oder um sexuelle Gewalt gegen Minderjährige geht.
    Die psychische Belastung solch einer Arbeit ist hoch und kann krank machen. Beschäftigte des von OpenAI beauftragten Unternehmens Samasource in Kenia hatten sich beklagt, weder auf diese Art von Arbeit vorbereitet worden zu sein, noch währenddessen Unterstützung bekommen zu haben. 
    Energieverbrauch und CO2-Ausstoß von Rechenzentren 
    Sowohl Entwicklung als auch Betrieb von KI-Programmen erfordern viel Rechenleistung. Große Tech-Konzerne investieren deswegen hunderte Milliarden US-Dollar in neue Rechenzentren. Diese verbrauchen große Mengen Energie sowie Wasser, um die Geräte zu kühlen. Um den riesigen Strombedarf zu decken, will Microsoft einen schon stillgelegten Atomreaktor wieder hochfahren. Tech-Konzerne entwickeln auch neue Mini-Atomkraftwerke.  
    2024 gab OpenAI Pläne bekannt, neue riesige Rechenzentren in mehreren US-Bundesstaaten bauen zu wollen. Im selben Jahr haben KI-Rechenzentren etwa zwei bis vier Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verursacht. Prognosen gehen davon aus, dass dieser Ausstoß neun Prozent pro Jahr wachsen wird. Das betrifft natürlich nicht nur OpenAI, sondern alle großen Firmen, die an der Entwicklung von KI beteiligt sind.  
    Engagement in der Rüstungsindustrie 
    2025 nahm OpenAI einen Auftrag des US-Verteidigungsministeriums im Wert von 200 Millionen US-Dollar an. Das Unternehmen soll die Systeme des Pentagons verbessern. Es gehe dabei um kritische nationale Sicherheitsherausforderungen sowohl im Bereich der Kriegsführung als auch im Unternehmensbereich, teilte das Ministerium mit. 
    2024 ging OpenAI bereits eine Zusammenarbeit mit dem Rüstungskonzern Anduril ein. Laut der Nachrichtenagentur Reuters sollen KI-Modelle die Fähigkeiten zur Abwehr von Drohnen verbessern.
    Mentale und physische Gesundheit junger ChatGPT-Nutzer 
    In den USA greifen einer aktuellen Studie zufolge mehr als 70 Prozent der Jugendlichen auf Chatbots zurück, wenn sie Gesellschaft suchen, die Hälfte davon regelmäßig. Manche davon wenden sich mit konkreten und sehr persönlichen Problemen an die KI und wollen Ratschläge zu Themen wie Drogen, Alkohol, Selbstverletzungen oder Liebeskummer. 
    ChatGPT sprach gegenüber den Forschern, die sich als 13-jährige ausgegeben hatten, zwar Warnungen vor riskanten Aktivitäten aus, lieferte aber schließlich ausführliche Antworten, etwa einen "Party-Plan" mit einem Mix aus Alkohol und hohen Dosen an Ecstasy, Kokain und anderen illegalen Drogen. 
    Für Jugendliche mit angeblichen Suizidabsichten formulierte ChatGPT auch Abschiedsbriefe an die Eltern, wie aus der Studie der gemeinnützigen US-Organisation Center for Countering Digital Hate (CCDH) hervorgeht.
    Selbst OpenAI-CEO Sam Altman spricht davon, dass sich die Menschen zu sehr auf ChatGPT verließen. Man untersuche das "blinde Vertrauen" in die Technologie, das unter jungen Leuten sehr verbreitet sei und versuche zu verstehen, was man dagegen tun könne.  
    In den USA wurde OpenAI 2025 von den Eltern eines Teenagers verklagt, der Suizid begangen hatte. Sie werfen der Firma vor, dass ChatGPT ihren Sohn dabei unterstützt habe, sich das Leben zu nehmen.  
    Sie stützen sich dabei auf Gesprächsverläufe, die sie auf dem Smartphone des 16-Jährigen gefunden hatten. OpenAI kündigte nach Bekanntwerden der Klage verbesserte Maßnahmen zur Suizid-Prävention an und räumte ein, die bisherigen Vorkehrungen, könnten bei längeren Unterhaltungen versagen. OpenAI hat als Reaktion mittlerweile eine Kindersicherung für ChatGPT angekündigt.

    rja