Christoph Heinemann: Mitgehört hat Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, guten Morgen!
Thomas Oppermann: Guten Morgen, Herr Heinemann!
Heinemann: Herr Oppermann, Sie sind Jurist von Ausbildung, was bedeutet eigentlich Unschuldsvermutung?
Oppermann: Unschuldsvermutung bedeutet, dass niemand aufgrund bloßer Behauptungen oder Vermutungen verurteilt werden darf und so lange wie er nicht in einem strafrechtlichen, einem rechtsstaatlichen Verfahren überführt ist, auch nicht als Straftäter gilt. Das ist der Kern der Unschuldsvermutung, das ist eine rechtsstaatliche Errungenschaft, und die gilt auch für Christian Wulff.
Heinemann: Also auch für den ersten Mann im Staat. Und was folgt daraus für Christian Wulff?
Oppermann: Man muss unterscheiden: Die Unschuldsvermutung ist das eine, die gilt für alle, aber davon unabhängig hat Wulff sich inzwischen politisch völlig untragbar gemacht als Bundespräsident. Er hat bei zahlreichen Gelegenheiten die Grenzen nicht eingehalten, die von jedem Amtsträger gefordert werden. Wenn ein einfacher Bauamtsleiter einer kommunalen Behörde sich beispielsweise Hotelaufenthalte vorfinanzieren lassen würde, dann würde gegen ihn sofort ermittelt. Das ist völlig klar, und deshalb muss Wulff hier behandelt werden wie alle anderen auch. Alle sind vor dem Gesetz gleich, das muss jetzt auch der erste Mann im Staat erfahren.
Heinemann: Brauchen wir einen Heiligen in Schloss Bellevue?
Oppermann: Ich glaube, wir brauchen dort keinen Heiligen, wir brauchen dort aber eine Person, die sich an Gesetz und Recht hält. Und wir brauchen eine Person, die so agiert, dass nicht ständig Zweifel auftreten, ob er die Grenzen überschritten hat. Und die Art, auch wie Christian Wulff sich gegen die Vorwürfe verteidigt hat, dass er versucht hat, sich immer wieder rauszureden, er hat auch nie zu den Dingen, die er gemacht hat, richtig gestanden. Er hat versucht, sie zu relativieren, zu bagatellisieren. Er hat immer wieder von Freundschaften gesprochen, wo es um Leute ging, die Bürgschaften vom Land wollten, die klare finanzielle und politische Interessen hatten. Das hat er alles nie richtig verstanden, glaube ich, und deshalb ist er als Bundespräsident eigentlich nicht mehr tragbar.
Heinemann: Herr Oppermann, wenn das Amt demnächst zu besetzen wäre - wir wissen es ja nicht -, würden Sie dann Joachim Gauck noch einmal fragen?
Oppermann: Zunächst, wir haben ja über unseren Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel der Bundeskanzlerin angeboten, wenn jetzt in kurzer Zeit zum zweiten Mal ein Bundespräsident zurücktreten muss, dass wir dann bereit sind, gemeinsam darüber zu sprechen, ob wir jetzt nicht einen vielleicht überparteilichen Kandidaten finden, den alle tragen können. Ich glaube, das wäre gut, wenn wir jetzt einen solchen Präsidenten bekämen. Das Angebot gilt nach wie vor, wir selbst haben keine Mehrheit, auch nicht mit den Grünen zusammen. Und deshalb wäre es jetzt eigentlich vernünftig, sich darüber zu unterhalten: Wer kann nach zwei Präsidentenrücktritten dieses Amt in Deutschland so ausfüllen, wie es die Verfassung erfordert?
Heinemann: Zum Beispiel Joachim Gauck?
Oppermann: Ich halte Joachim Gauck persönlich für eine ganz ausgezeichnete Persönlichkeit. Er ist im Grunde genommen eine Werbeveranstaltung für die Demokratie. Kaum einer kann Demokratie so gut erklären und für Demokratie so begeistern wie Joachim Gauck. Aber ob er noch mal in ein Rennen geht, das muss zunächst besprochen werden zwischen SPD und Grünen, und darüber muss auch Gauck selber noch mal nachdenken. Im Augenblick reden wir nicht über Personen, sondern wir müssen im Augenblick erst mal klären, dass der Bundespräsident auf sein Amt verzichtet.
Heinemann: Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Danke für das Gespräch und auf Wiederhören!
Oppermann: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Thomas Oppermann: Guten Morgen, Herr Heinemann!
Heinemann: Herr Oppermann, Sie sind Jurist von Ausbildung, was bedeutet eigentlich Unschuldsvermutung?
Oppermann: Unschuldsvermutung bedeutet, dass niemand aufgrund bloßer Behauptungen oder Vermutungen verurteilt werden darf und so lange wie er nicht in einem strafrechtlichen, einem rechtsstaatlichen Verfahren überführt ist, auch nicht als Straftäter gilt. Das ist der Kern der Unschuldsvermutung, das ist eine rechtsstaatliche Errungenschaft, und die gilt auch für Christian Wulff.
Heinemann: Also auch für den ersten Mann im Staat. Und was folgt daraus für Christian Wulff?
Oppermann: Man muss unterscheiden: Die Unschuldsvermutung ist das eine, die gilt für alle, aber davon unabhängig hat Wulff sich inzwischen politisch völlig untragbar gemacht als Bundespräsident. Er hat bei zahlreichen Gelegenheiten die Grenzen nicht eingehalten, die von jedem Amtsträger gefordert werden. Wenn ein einfacher Bauamtsleiter einer kommunalen Behörde sich beispielsweise Hotelaufenthalte vorfinanzieren lassen würde, dann würde gegen ihn sofort ermittelt. Das ist völlig klar, und deshalb muss Wulff hier behandelt werden wie alle anderen auch. Alle sind vor dem Gesetz gleich, das muss jetzt auch der erste Mann im Staat erfahren.
Heinemann: Brauchen wir einen Heiligen in Schloss Bellevue?
Oppermann: Ich glaube, wir brauchen dort keinen Heiligen, wir brauchen dort aber eine Person, die sich an Gesetz und Recht hält. Und wir brauchen eine Person, die so agiert, dass nicht ständig Zweifel auftreten, ob er die Grenzen überschritten hat. Und die Art, auch wie Christian Wulff sich gegen die Vorwürfe verteidigt hat, dass er versucht hat, sich immer wieder rauszureden, er hat auch nie zu den Dingen, die er gemacht hat, richtig gestanden. Er hat versucht, sie zu relativieren, zu bagatellisieren. Er hat immer wieder von Freundschaften gesprochen, wo es um Leute ging, die Bürgschaften vom Land wollten, die klare finanzielle und politische Interessen hatten. Das hat er alles nie richtig verstanden, glaube ich, und deshalb ist er als Bundespräsident eigentlich nicht mehr tragbar.
Heinemann: Herr Oppermann, wenn das Amt demnächst zu besetzen wäre - wir wissen es ja nicht -, würden Sie dann Joachim Gauck noch einmal fragen?
Oppermann: Zunächst, wir haben ja über unseren Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel der Bundeskanzlerin angeboten, wenn jetzt in kurzer Zeit zum zweiten Mal ein Bundespräsident zurücktreten muss, dass wir dann bereit sind, gemeinsam darüber zu sprechen, ob wir jetzt nicht einen vielleicht überparteilichen Kandidaten finden, den alle tragen können. Ich glaube, das wäre gut, wenn wir jetzt einen solchen Präsidenten bekämen. Das Angebot gilt nach wie vor, wir selbst haben keine Mehrheit, auch nicht mit den Grünen zusammen. Und deshalb wäre es jetzt eigentlich vernünftig, sich darüber zu unterhalten: Wer kann nach zwei Präsidentenrücktritten dieses Amt in Deutschland so ausfüllen, wie es die Verfassung erfordert?
Heinemann: Zum Beispiel Joachim Gauck?
Oppermann: Ich halte Joachim Gauck persönlich für eine ganz ausgezeichnete Persönlichkeit. Er ist im Grunde genommen eine Werbeveranstaltung für die Demokratie. Kaum einer kann Demokratie so gut erklären und für Demokratie so begeistern wie Joachim Gauck. Aber ob er noch mal in ein Rennen geht, das muss zunächst besprochen werden zwischen SPD und Grünen, und darüber muss auch Gauck selber noch mal nachdenken. Im Augenblick reden wir nicht über Personen, sondern wir müssen im Augenblick erst mal klären, dass der Bundespräsident auf sein Amt verzichtet.
Heinemann: Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion. Danke für das Gespräch und auf Wiederhören!
Oppermann: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.