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Organspende
Wer nicht widerspricht, soll Spender sein

Organspenden sind in Deutschland bisher nur möglich, wenn Spender ausdrücklich zugestimmt haben. Gesundheitsminister Jens Spahn will diese Regel jetzt umkehren: Künftig soll jeder Deutsche automatisch Spender sein, der nicht ausdrücklich widerspricht. Für den Vorschlag gibt es Zustimmung, aber auch Kritik.

Von Volker Finthammer | 03.09.2018
    Ein Mann in grüner OP-Kleidung trägt einen Styropor-Behälter für den Transport von Spenderorganen an einem Operationssaal vorbei.
    Ein Spenderorgan auf dem Weg in ein Transplantationszentrum (dpa / Soeren Stache)
    Für Gesundheitsminister Jens Spahn ist der Vorstoß für eine Widerspruchsregelung der zweite Schritt bei dem Versuch, die Bedingungen für dir Organspende in Deutschland zu verbessern.
    Krankenhäuser sollen mehr Personal bereitstellen
    Erst Ende vergangenen Woche hat der Gesundheitsminister den Referentenentwurf für bessere Strukturen bei der Organspende vorgelegt. Die niedrigen Zahlen von nur 767 Organspenden im Jahr 2017 haben nämlich nicht nur damit zu tun, dass durch die gegenwärtigen Zustimmungsregelung nur sehr wenige Menschen in Deutschland einen Spenderpass bei sich tragen, sondern es fehlen ob der Verdichtungen in den Krankenhäusern die Anreize und die Möglichkeiten, dass es überhaupt zu einer Organentnahme nach dem Hirntod von Patienten kommt, selbst wenn die zuvor bereite eine Zustimmung erteilt haben.
    Dem soll mit der neuen Regelung entgegengewirkt werden. So soll es künftige in den größeren Krankenhäusern eine verbindliche Vorgabe für die Freistellung der Transplantationsbeauftragten geben, damit die den Aufgaben nachkommen können und nicht schon wieder anders verplant werden.
    Kliniken sollen besser bezahlt werden
    Außerdem sollen die Krankenhäuser besser vergütet werden, damit für die Organentnahme ein finanzieller Anreiz entsteht, um diese Aufgaben überhaupt wahrzunehmen. Aber diese neuen Vergütungen sollen keine Anreiz zur Gewinnmaximierung enthalten sondern allein dazu beitragen, dass die Aufgaben der Organtransplantation wieder verstärkt wahrgenommen werden.
    Ein neurologischer Bereitschaftsdienst soll zudem flächendeckend dafür sorgen, dass in jedem Entnahmekrankenhaus zu jeder Zeit der endgültige, nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms festgestellt werden kann, also die Voraussetzungen für die Organentnahmen tatsächlich gegeben sind.
    Spahn will Widerspruchslösung statt Zustimmungsregelung
    Neben diesen organisatorischen Veränderungen will Gesundheitsminister Jens Spahn die bisherige Zustimmungsregelung, wonach Organe nur spenden kann, wer dem zu Lebzeiten explizit zugestimmt hat und einen entsprechenden Spenderausweis bei sich trägt, durch eine Widerspruchsregelung ersetzen. Wer nicht nein sagt, ist Organspender, so Spahn in der Bild Zeitung, wobei der Minister für eine doppelte Widerspruchslösung plädiert, wonach bei unklaren Angaben des potentiellen Spenders auch die Angehörigen zu fragen sind.
    Minister fordert breite Debatte
    Über diesen möglichen System-Wechsel fordert Spahn eine breite gesellschaftliche Debatte, bis hin zu einer möglichen Entscheidung im Deutschen Bundestag. Die Statistiken sprechen da für sich. In fast allen Ländern der EU, die eine solche Widerspruchsregelung haben, liegt die Spenderquote deutlich höher als in Deutschland.
    Der SPD Gesundheitsexperte Karl Lauterbrach kritisierte den Gesundheitsmister dafür, dass er die Widerspruchslösung nicht gleich in den Gesetzentwurf zur Organtransplantation aufgenommen habe. Ohne die Widerspruchslösung sei der nämlich wirkungslos, so Lauternach.
    Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz kritisiert dagegen Spahns Vorstoß. Mit einer Widerspruchsregelung sei nichts gewonnen, solange der Staat nicht die Kontrolle übernehme und die Organentnahme weiter in den Händen privater Akteure belasse.