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Panama Papers
Steuerflucht auch in Spanien

In Spanien haben die Panama Papers den Industrieminister den Job gekostet. Auch die Familie des spanischen EU-Klima- und Energiekommissars taucht in den Papieren auf. Neuer Stoff für die Debatte um Steuervermeidung in Spanien. Spanische Finanzbeamte vermissen Entschlossenheit im Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Von Hans-Günter Kellner |
    Der spanische Industrieminister José Manuel Soria ist über die Panama Papers gestolpert - und legte sein Amt nieder.
    Der spanische Industrieminister José Manuel Soria ist über die Panama Papers gestolpert - und legte sein Amt nieder. (dpa / picture alliance / Juan Carlos Hidalgo)
    Spaniens Fernsehnachrichten beginnen mal wieder mit einer Ermittlung der Finanzpolizei. Die Beamten haben in den vergangenen Tagen mehrere Banken nach Beweisen für Steuervergehen durchsucht. Carlos Cruzado müsste eigentlich froh sein, dass solche Themen derzeit fast täglich in den Schlagzeilen sind. Denn er ist Sprecher der Gewerkschaft der Finanzbeamten. Doch er sagt:
    "Die Nachrichten bestätigen, was wir seit Jahren sagen. Der Steuerbetrug hat in Spanien große Ausmaße, insbesondere durch Reiche und große Unternehmen. Das wird kaum verfolgt, weil die Mittel oder der politische Wille dafür fehlen. Jetzt kommen Fälle ans Licht, weil es Whistleblower gibt, weil die Medien recherchieren, aber nicht, weil die Steuerbehörden ihre Arbeit machen."
    So auch im Falle der Durchsuchung der Banken. Sie geht zurück auf den Whistleblower Hervé Falciani. Der französisch-italienische Informatiker war Mitarbeiter der Bank HSBC in Genf, arbeitet nun aber mit der spanischen Justiz beim Aufspüren von Steuerhinterziehern zusammen. Auch die Panama Papers haben in Spanien großes Aufsehen erregt. In der Öffentlichkeit, bei den Betroffenen – für Cruzado aber nicht in gewünschtem Maße bei der Steuerfahndung:
    "Finanzminister Montoro hat erklärt, die Leute sollten ihre Situation so schnell wie möglich in Ordnung bringen. Doch wer sich wegen eines Steuerdelikts selbst anzeigt, entgeht bei uns einem Strafverfahren. Hätte die Finanzverwaltung sofort ermittelt, wäre keine Strafbefreiung mehr möglich. Man hätte gegen die Beschuldigten vorgehen können."
    Was jetzt nicht mehr möglich ist, wenn sich die Betroffenen nur schnell genug selbst angezeigt haben. Der Steuerbeamte ist nicht zufrieden mit der Reaktion seiner Regierung, seiner Behörde und auch nicht mit der der Staatsanwaltschaft. Denn im Steuerverfahren gegen den Fußballspieler Lionel Messi – noch ein berühmter Fall von Steuerhinterziehung in Spanien – folgt die Staatsanwaltschaft der Argumentation Messis. Er behauptet vor Gericht, sein Vater alleine habe sich um seine Steuerangelegenheiten gekümmert, er selbst habe sich aufs Fußballspielen konzentriert. Cruzado kennt solche Argumente:
    "Na ja, da schiebt man die Schuld dann auf den Vater, auf den Ehegatten oder auf den Steuerberater. Während in Wahrheit natürlich der Steuerpflichtige selbst dafür verantwortlich ist, das er auch seine Steuern zahlt. Mit der Haltung der Staatsanwaltschaft droht hier ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen zu werden. Wenn sich diese Argumentation durchsetzt, dann wird bald überhaupt kein Steuerhinterzieher mehr verurteilt, der nicht umfangreiche Fiskalkenntnisse hat."
    Der Fall Messi könnte ein gefährlicher Präzendenzfall werden
    Zumal die Panama Papers zeigen: Messi und sein Vater müssen um ihren Rechtsbruch gewusst haben. Denn nur einen Tag, nachdem die beiden von den Ermittlungen der spanischen Justiz erfahren haben, haben sie in Panama eine neue Briefkastenfirma eröffnet. Carlos Cruzado seufzt: Dass diese Fälle in allen Einzelheiten bekannt werden, sei gut. Aber wichtig wäre es, die Finanzwege, die dies ermöglichen, trocken zu legen.

    "Ja, die Behörden arbeiten zusammen. Das spanische Finanzamt weiß zum Beispiel, wenn Spanier in Deutschland Rente beziehen – meist kleine Beträge. Aber wenn große Vermögen in Steueroasen verschwinden, funktioniert das nicht. Die Vereinigten Staaten haben hingegen eine weitgehende Kontrolle über die Kontobewegungen ihrer Bürger im Ausland erreicht. Weil sie Druck auf andere Staaten wie die Schweiz ausüben konnten. Daraus müsste ein multilaterales Abkommen gegen die Geldwäsche werden."
    Lionel Messi bei seiner fünften Wahl zum Weltfußballer des Jahres (Januar 2016).
    Lionel Messi hat die Schuld für den Steuerbetrug auf seinen Vater geschoben. (dpa / picture alliance / Walter Bieri)
    Mindestens 20 Milliarden Euro zusätzlich könnte Spaniens Fiskus bei einer effektiveren Bekämpfung der Steuerflucht einnehmen, schätzt Cruzado. Das entspricht in etwa der Summe, die im Haushalt gekürzt werden müsste, um das Defizit auf die von Brüssel geforderten drei Prozent zu senken.
    Darum sollte die Steuerhinterziehung auch weiter in den Nachrichten bleiben, hofft Mar Cabra. Sie gehört dem Journalistenkonsortium an, das die Panama Papers ausgewertet hat:
    "Die Steuerexperten danken uns für diese Berichterstattung. Seit langem fordern sie, dass die Bevollmächtigten und Begünstigten der Briefkastenfirmen den Vollzugsbehörden bekannt werden. Endlich verstehen die Menschen die Bedeutung dieser Forderungen. Wir wissen doch schon sehr lange, dass es diese Steuerparadiese gibt."