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Parlamentswahl in Dänemark
Comeback der Sozialdemokraten?

In Dänemark wird ein neues Parlament gewählt. Die Sozialdemokratin Mette Frederiksen will den liberalen Regierungschef Lars Løkke Rasmussen aus dem Amt drängen. Ihre Chancen stehen gut, in den Umfragen liegt die 41-Jährige seit Monaten vorn - auch, weil sie beim Thema Asylpolitik im Lager der Rechten wilderte.

Von Carsten Schmiester |
Parteichefin der dänischen Sozialdemokraten, Mette Frederiksen
41 Jahre alt, geschieden, zwei Kinder, Sozialwissenschaftlerin: Die Parteichefin der dänischen Sozialdemokraten, Mette Frederiksen (Mitte) (picture alliance / Photoshot)
Es sieht nicht gut aus für Lars Løkke Rasmussen. Der Noch-Regierungschef hat zwar die Europawahl knapp vor den Sozialdemokraten gewonnen, aber jetzt liegt seine liberale Venstre-Partei in Umfragen deutlich hinter ihnen: 19 gegen 27 Prozent.
Viele Dänen wollen offenbar einen Politikwechsel Richtung Mitte-Links und eine neue Führung, eine Frau: Mette Frederiksen, seit 2015 Chefin der dänischen Sozialdemokraten. 41 Jahre alt, geschieden, zwei Kinder, Sozialwissenschaftlerin, vor allem aber keine Salonsozialistin wie ihre Vorgängerin an der Parteispitze und Ex-Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt. "Mette" setzt auf traditionelle linke Sozialpolitik, hat ihre Partei aber in der Asylpolitik kräftig nach rechts gerückt. Sie verspricht weniger Zuwanderung aus nicht-westlichen Ländern, Arbeitspflicht für anerkannte Flüchtlinge und mehr Abschiebungen.
"Unsere wichtigste Aufgabe ist es, die fantastische Wohlfahrtsgesellschaft zu stärken. Dann wollen wir eine völlig andere grüne Politik als heute und wir wollen eine gerechte Ausländerpolitik. Wir setzen natürlich das Wohlergehen der Bürger an erste Stelle und wir werden bis zur letzten Stimme dafür kämpfen, dass ihr, die ihr viele Jahre für diese Gesellschaft geschuftet habt, früher in Rente gehen dürft."
Neue, noch extremere Parteien
Damit punktet sie vor allem bei Wählern der populistischen Dänischen Volkspartei, unter denen viele Ex-Sozialdemokraten sind; abgewandert aus Frust über die ihnen damals zu liberale Ausländerpolitik. Sollten sie im vorhergesagten Ausmaß zurückkommen, könnte das den Absturz der Populisten bedeuten, die bisher die rechtsliberale Koalition gestützt haben: Nur noch um die elf statt über 21 Prozent. Schuld daran wären auch neue, noch extremere Parteien, die die Dänische Volkspartei wie weichgespült wirken lassen. Es sind die Islamkritiker und EU-Gegner der "Neuen Bürgerlichen" und eine Partei namens "Stram Kurs", wie "harte Linie". Ihr Chef, Rasmus Paludan, tritt unter Polizeischutz auf und provoziert mit derber Hasspolemik:
"Wenn ich an die Macht komme, sind alle Moslems bestimmt schon weg, weil sie genau wissen, dass es dann nicht mehr so lustig ist als Moslem in Dänemark. Aber sie werden wohl ein anderes Land finden, es gibt ja 51 moslemische Staaten in der Welt. Naja, sie wollen da nicht leben, es sind ja Mistländer, aber das ist nicht unser Problem, oder?"
Das wichtigste Wahlkampfthema: das Klima
Die Partei bekommt allerdings mehr Aufmerksamkeit in den Medien als Wählerzuspruch, auch wenn sie wohl die Zwei-Prozent-Hürde knapp überspringen und ins Parlament einziehen dürfte. Aber das wichtigste Wahlkampfthema ist eben nicht ihres, sagt der Politikexperte Erik Holstein:
"Umwelt und Klima, also die grünen Themen, die sind auf Platz Eins. Das ist relativ neu. Vor ein bis zwei Jahren lagen sie deutlich weiter hinten. Das hängt, glaube ich, mit so etwas Banalem wie dem sehr heißen letzten Sommer zusammen. Manchmal kann die plötzliche Konkretisierung eines komplexen Problems viel bewegen."