"Die glühend rote Sonne steigt/ Hinab ins weit aufschauernde,/ Silbergraue Weltenmeer". So hebt die neue musikalische Szenenfolge von Helmut Oehring an. Doch der Regisseur Claus Guth verweigerte Landschaftsbilder (nicht aber den Kitsch). Er ließ seinen Ausstatter Christian Schmidt einen kalten grauen Sakralraum bauen, mit einer Empore unterm neogotischen Fensterbogen.
Die Halle mutiert rasch zu einer Kathedrale des Frühkapitalismus': Dampfend erheben sich gigantische Zahnräder und verweisen mit ihren zeigefingergroßen Zacken, dass die Ära Richard Wagners, Heinrich Heines und Hans Christian Andersens auch die des ersten großen Industrialisierungsschubs war.
Stefanie Wördemann verknüpfte Lesefrüchte aus Heine-Texten zu Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Zitathäppchen aus dem Briefwechsel zwischen Wagner und der Fabrikantengattin Mathilde Wesendonck in Zürich und aus Andersens zeitlich nicht verortetem Märchen von der kleinen Meerjungfrau. Um das rankte sich bereits Oehrings "BlauWaldDorf", das vor einem Dutzend Jahre in Aachen für Aufsehen sorgte.
Die drei Textstränge wurden verknüpft durch das Aperçu, dass sowohl Mathilde als auch der Unternehmer Otto Wesendonck aus Elberfeld bei Düsseldorf stammten und dass die vier Textspender zu verschiedenen Zeitpunkten miteinander zu tun hatten: Andersen besuchte Heine einmal kurz in Paris, Wagner schnorrte bei Heine und bediente sich ungefragt aus dessen Texten für seine Libretti; später nistete er sich in der Schweiz bei den Wesendoncks ein, wobei er von ihm reichlich Geld und geldwerte Vorteile nahm (zum Beipsiel ein kostenlos zu Verfügung gestelltes Haus am See); was er sich bei ihr herausnahm, wissen wir unterhalb der Literatur und Musik gewordenen Gefühlsebene nicht wirklich.
Oehring setzte einige seiner bühnenbewährten Mittel wieder ein: Neben der taubstummen "Gebärdensolistin", die bereits verschiedentlich mit von der Partie war, den Stimmartisten David Moss als Erzähler und Träumer, einen alten Freund für Einlagen mit der E-Gitarre und das Kontrabass-Faktotum Matthias Bauer, das einen Doppelgänger des Fliegenden Holländers grummelt.
Diese "Originale" lockern die Folge von Wagnerzitaten auf, die - geschätzt - die Hälfte der drei Theaterstunden ausfüllen. Zu weiten Teilen besteht Oehrings neue Partitur aus Fremdgut, das mitunter deutlicher, manchmal gar nicht überschrieben, ergänzt und durch auskomponierte Gelenkstellen anverwandelt wurde.
Ob es sich bei dem in Düsseldorf präsentierten Elaborat um eine Oper handelt, muss hier nicht erörtert werden, da die Marke nicht geschützt ist und Mindestanforderungen von der EU noch nicht per Verordnung definiert wurden. Freilich müsste das Kompilat, wenn es in halber Länge als Radiohörstück unaufwendig und mit vertretbaren Kosten produziert werden sollte, wohl plausibler und schärfer pointiert werden.
Immerhin sind die stürmischen-dramatischen Wagnerpassagen im wahrsten Sinne des Wortes "gefundenes Fressen" für den Dirigenten Axel Kober. Simon Neal bestreitet im Outfit des Gründerjahrkapitalisten mit großem und spursicherem Bassbariton die Partie des Holländers. Manuela Uhl erscheint wie eine unfreiwillige Parodie auf den Theaterbrauch, Sängerinnen zum Darstellen der circa 16-jährigen Senta einzusetzen, die deren Mutter oder Großmutter sein könnten. Uhl darf, aber auch dies wurde vom Komponisten wie vom Regisseur ironiefrei konzipiert, einem Altherrenkränzchen in Wesendoncks Schweizer Domizil einen Liederabend kredenzen. Tja, so schön kann avancierte neue Oper klingen!
Die Halle mutiert rasch zu einer Kathedrale des Frühkapitalismus': Dampfend erheben sich gigantische Zahnräder und verweisen mit ihren zeigefingergroßen Zacken, dass die Ära Richard Wagners, Heinrich Heines und Hans Christian Andersens auch die des ersten großen Industrialisierungsschubs war.
Stefanie Wördemann verknüpfte Lesefrüchte aus Heine-Texten zu Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Zitathäppchen aus dem Briefwechsel zwischen Wagner und der Fabrikantengattin Mathilde Wesendonck in Zürich und aus Andersens zeitlich nicht verortetem Märchen von der kleinen Meerjungfrau. Um das rankte sich bereits Oehrings "BlauWaldDorf", das vor einem Dutzend Jahre in Aachen für Aufsehen sorgte.
Die drei Textstränge wurden verknüpft durch das Aperçu, dass sowohl Mathilde als auch der Unternehmer Otto Wesendonck aus Elberfeld bei Düsseldorf stammten und dass die vier Textspender zu verschiedenen Zeitpunkten miteinander zu tun hatten: Andersen besuchte Heine einmal kurz in Paris, Wagner schnorrte bei Heine und bediente sich ungefragt aus dessen Texten für seine Libretti; später nistete er sich in der Schweiz bei den Wesendoncks ein, wobei er von ihm reichlich Geld und geldwerte Vorteile nahm (zum Beipsiel ein kostenlos zu Verfügung gestelltes Haus am See); was er sich bei ihr herausnahm, wissen wir unterhalb der Literatur und Musik gewordenen Gefühlsebene nicht wirklich.
Oehring setzte einige seiner bühnenbewährten Mittel wieder ein: Neben der taubstummen "Gebärdensolistin", die bereits verschiedentlich mit von der Partie war, den Stimmartisten David Moss als Erzähler und Träumer, einen alten Freund für Einlagen mit der E-Gitarre und das Kontrabass-Faktotum Matthias Bauer, das einen Doppelgänger des Fliegenden Holländers grummelt.
Diese "Originale" lockern die Folge von Wagnerzitaten auf, die - geschätzt - die Hälfte der drei Theaterstunden ausfüllen. Zu weiten Teilen besteht Oehrings neue Partitur aus Fremdgut, das mitunter deutlicher, manchmal gar nicht überschrieben, ergänzt und durch auskomponierte Gelenkstellen anverwandelt wurde.
Ob es sich bei dem in Düsseldorf präsentierten Elaborat um eine Oper handelt, muss hier nicht erörtert werden, da die Marke nicht geschützt ist und Mindestanforderungen von der EU noch nicht per Verordnung definiert wurden. Freilich müsste das Kompilat, wenn es in halber Länge als Radiohörstück unaufwendig und mit vertretbaren Kosten produziert werden sollte, wohl plausibler und schärfer pointiert werden.
Immerhin sind die stürmischen-dramatischen Wagnerpassagen im wahrsten Sinne des Wortes "gefundenes Fressen" für den Dirigenten Axel Kober. Simon Neal bestreitet im Outfit des Gründerjahrkapitalisten mit großem und spursicherem Bassbariton die Partie des Holländers. Manuela Uhl erscheint wie eine unfreiwillige Parodie auf den Theaterbrauch, Sängerinnen zum Darstellen der circa 16-jährigen Senta einzusetzen, die deren Mutter oder Großmutter sein könnten. Uhl darf, aber auch dies wurde vom Komponisten wie vom Regisseur ironiefrei konzipiert, einem Altherrenkränzchen in Wesendoncks Schweizer Domizil einen Liederabend kredenzen. Tja, so schön kann avancierte neue Oper klingen!